Salat mit Wildkräutern aus dem eigenen Garten. (Foto: SR)

Unkraut - Ein Beikraut und Heilkraut

Janine Arendt   28.03.2018 | 10:22 Uhr

Immer wieder greifen Menschen zu Pflanzenschutzmitteln gegen die unerwünschten Kräuter – und schaden damit der Umwelt. Das wird den wildwachsenden Pflanzen aber nicht gerecht. Ein Blick auf die Kräuter und den Pflanzenschutz zum heutigen Ehrentag des Unkrauts.

„Für Biologen und Naturfreunde gibt es kein Unkraut“, sagt Michael Grittmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz im Saarland (BUND). Der Begriff sei vom Menschen geprägt worden für alles, was im Garten unerwünscht ist. Rudi Reiter vom saarländischen Landesverband des Naturschutzbundes (NABU) bezeichnet den Begriff Unkraut sogar als abwertend. Er spricht lieber von Beikräutern, denn auch sie seien ein natürlicher Teil der Umwelt.

Hobbygärtner sehen das oft anders: „Die Menschen wollen nichts Wildes und Außerplanmäßiges mehr wachsen lassen“, ergänzt Grittmann. „Sie wollen nur noch möglichst wenig Arbeit. Statt Bepflanzung wird dann häufig Kies in den Vorgarten geschüttet.“ Auch Reiter macht deutlich, der Wuchs der Kräuter, die die Gartenpflanzen beeinträchtigten, hinge eben vom Fleiß des Gärtners ab.

Gefährliche Eingriffe in das Ökosystem

Trotzdem setzen Gartenbesitzer immer wieder Pflanzenschutzmittel ein, die aber Pflanzen und Tieren schaden. „Beikräuter haben eine besondere Funktion im Ökosystem. Sie produzieren Blüten und Samen, von denen Insekten, Mäuse und Vögel leben“, erklärt Reiter weiter. Auch Wildbienen und Raupen bräuchten die Kräuter als Nahrungspflanzen. Insekten und Raupen seien laut Grittmann wiederum Futter für Fledermäuse und Vögel. Die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln entzieht damit Bienen, Fledermäusen und Vögeln zunehmend die Nahrungsgrundlage. Daran, dass manche Tiere bedroht sind, könne man jetzt schon absehen, welche Auswirkungen der Einsatz von chemischen Mitteln auf die Nahrungskette habe.

Nicht nur die Tiere, auch das ganze Ökosystem leidet unter der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln. Giftstoffe gelangten in die Umwelt und dadurch auch ins Grundwasser. „Da ist der Anwender dann selbst in Gefahr“, betont Reiter.

Bis zu 50.000 Euro Bußgeld bei falscher Anwendung

Häufig eingesetzt werden laut der Landwirtschaftskammer des Saarlandes Herbizide gegen Blattläuse, Fungizide gegen Pilzkrankheiten, Insektizide und auch Essig, der als Pflanzenschutzmittel aber nicht weniger gefährlich für das Bodenleben sei. Dem Pflanzenschutzgesetz zufolge ist der Einsatz aller Mittel auf geschlossenen Flächen, wie Wegen, Bürgersteigen, Terrassen oder Garageneinfahrten, verboten. Es könnten Bußgelder bis zu 50.000 Euro fällig werden.

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf geschlossenen Flächen sei laut Maren Brennig von der Landwirtschaftskammer trotz Verbot keine Seltenheit. Insgesamt würden viele die Verpackungsbeilage nicht richtig lesen und die Mittel deshalb falsch anwenden.

Um Geldstrafen und Umweltschäden zu umgehen, kann der Hobbygärtner aber auch auf herkömmliche Mittel zurückgreifen. „Gerade bei Nutzgärten wie im Salatbeet kann man Unkraut von Hand entfernen“, empfiehlt Grittmann. Er rät sogar: „Man sollte Mut dazu haben, die Kräuter ruhig auch im Garten stehen zu lassen.“  Statt chemische Mittel zu sprühen, könne der Gartenbesitzer auch Kehren oder auf Fugenreiniger und Abflammgeräte zurückgreifen, ergänzt Brennig.

Das unbändige und unverwüstliche Kraut

Statt sie zu vernichten, könne jeder Gärtner aus Wildkräutern aber auch einfach einen Nutzen ziehen, sagt Reiter. Zum Beispiel sei die Vogelmiere eine ausgezeichnete Salatpflanze und sehr vitaminreich. Auch sonst gebe es viele Kräuterarten, die für den menschlichen Verzehr sehr interessant seien.

Die Kräuterheilkundlerin Gabriele Geiger kennt sich aus mit Rezepten rund um Wildkräuter. Ihre Lieblinge sind Löwenzahn und Brennnessel. Beide schmeckten nicht nur hervorragend in Salat, sondern seien auch gigantische Heilpflanzen: „Löwenzahn hat richtig gute Bitterstoffe." Er sei damit der passende „Frühjahrsentgifter“. Brennnesseln lieferten viele Mineralien wie Mangan und Eisen sowie Vitamin C. Außerdem essbar seien zum Beispiel die Knoblauchrauke, der Spitzwegerich, das Gartenschaumkraut, Gänseblümchen oder der Giersch. Die seien nicht nur lecker, sondern auch sehr gesund: „Wildkräuter zu essen, ist immer besser als gekaufte Salate“, sagt Geiger. Der Name „Unkraut“ werde den unbändigen Kräutern und ihrer Unverwüstlichkeit damit nicht gerecht.

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