Symbolbild: DFKI (Foto: SR / Felix Schneider)

1988 - Das Saarland: Heimat der künstlichen Intelligenz

Jonathan Janoschka   21.12.2020 | 14:08 Uhr

Siri, Alexa und ihre Verwandten sind mittlerweile für die meisten von uns vertraute Namen. Ob auf dem Smartphone, im vernetzten Wohnzimmer, im Kundenservice oder unterwegs im Auto bei der Navigation: Sprachbasierte Assistenzprogramme sind heute für viele praktische Alltagshelfer. Auf Zuruf planen sie die kürzeste Route in den Urlaub, finden heraus, welcher Musiktitel gerade im Radio läuft, suchen nach Rezepten oder erinnern uns an wichtige Termine.

Als das für die meisten noch ferne Zukunftsmusik war, wurde in Saarbrücken bereits am 1988 gegründeten DFKI (Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz) daran geforscht. 1993 ging am DFKI die Arbeit an Verbmobil los. Ziel war es, ein maschinelles Übersetzungsprogramm für gesprochene Sprache zu schaffen. Verbmobil konnte bereits Sprache erkennen, indem es die gesprochenen Sätze auf ihre Syntax untersuchte. Anschließend übersetzte Verbmobil  automatisch zwischen Deutsch, Englisch und Japanisch und las das Ergebnis über Lautsprecher „vor“. Das Bundesforschungsministerium sah darin ein Leitprojekt und förderte Verbmobil mit knapp 120 Millionen D-Mark.

DFKI Vorreiter bei Sprachsteuerung

Das DFKI ist Ergebnis einer „Öffentlich-privaten Partnerschaft“: Bundesforschungsministerium, mehrere Bundesländer, darunter das Saarland, private Großunternehmen und Mittelständler beteiligten - und beteiligen sich bis heute - an dem Forschungszentrum.

Zu den Gesellschaftern gehören etwa SAP, Intel, BMW, Microsoft und seit 2015 auch Google. Zunächst wurde an den Standorten Saarbrücken und Kaiserslautern geforscht, später kam unter anderem ein Standort in Bremen dazu, in Berlin ein Projektbüro, in Trier und St. Wendel Außenstellen. Das DFKI zählt zu den weltweit größten Forschungszentren auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz (KI). Und die KI wird immer wichtiger. Etwa in modernen Autos, bei der Steuerung von Maschinen und Industrieanlagen, beim Bau und Betrieb von Robotern, in Übersetzungsprogrammen. Oder bei der Spracherkennung.

Forschung an Suchmaschinen bereits Ende der 90er

Ein weiteres Forschungsfeld war das Teleworking, also die Arbeit von zuhause aus per Computer. In Zeiten der Coronapandemie ist sie für viele Alltag geworden, in den 1990er Jahren hatte diese Art des Arbeitens aber noch Exotenstatus. Das DFKI entwickelte Ende der 90er Jahre ein entsprechendes Modell für ein Versicherungsunternehmen. Dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten so flexibler arbeiten können.

Ebenfalls Ende der 90er Jahre wurde am DFKI an den Suchmaschinen der Zukunft geforscht, die heute ein zentrales und sehr einflussreiches Element im Internet sind. Suchmaschinen nutzen damals meist noch einen Katalog von Internetseiten, der von Menschen erstellt und gepflegt wurde. Seiten, die nicht katalogisiert waren, konnten von der Suchmaschine deswegen nicht angezeigt werden.

Außerdem war Genauigkeit bei der Suche gefragt: Die Suchanfragen mussten fehlerfrei und nach bestimmten Mustern eingegeben werden, um die passenden Ergebnisse zu finden. Suchmaschinen, die selbstständig Internetadressen katalogisieren und mit sogenannten „Crawlern“ auf Stichworte durchforsten oder trotz Tippfehlern und aus ganzen Sätzen eine korrekte Suchanfrage erkennen, kamen erst Ende der 90er Jahre auf.

Supermarkt der Zukunft und digitale Lernformate

Für die Dekra entwickelte das DFKI 1998 eine spezialisierte automatisierte Suchmaschine, die all das konnte – und noch mehr: Über das Internet konnte sie auf den Bestand zahlreicher Autohäuser zugreifen und für jeden Geschmack deutschlandweit das passende Auto finden. Heute arbeiten unzählige Vergleichsportale im Internet noch immer nach diesen Prinzipien.

Das DFKI ist bis heute eines der weltweit wichtigsten Forschungszentren im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Zahlreiche prägende Köpfe der deutschen und internationalen Forschung haben hier Station gemacht und geforscht.  Mittlerweile beschäftigt das DFKI rund 1.100 Forscherinnen und Forscher aus 65 Nationen und ist für viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein wichtiges Karrieresprungbrett.

Zu den aktuellen Forschungsprojekten gehören etwa der Supermarkt der Zukunft, digitale Lehrformate für die Schule oder KI für das Gesundheitswesen.

CISPA arbeitet an Cybersicherheit

Wie dabei die Daten vor Diebstahl oder Manipulation gesichert werden können, wird ebenfalls in Saarbrücken untersucht, allerdings auf der anderen Seite des Campus. Dort kümmert sich das CISPA – Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit im Auftrag des Bundes um das Thema Cybersicherheit.

Die Forschungseinrichtung wurde 2017 gegründet und am 1. Januar 2019 als 19. Zentrum in die renommierte Helmholtz-Gesellschaft aufgenommen. Für Landesregierung und Wirtschaft eine Riesenchance und ein bedeutender Schritt im Stukturwandel. Viele hier sähen das Saarland gerne als eine Art deutsches „Silicon Valley im Dreiländereck zwischen Frankreich und Luxemburg.

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