SR-Online
Zeitzeugen Biografien: Renate Hessedenz

Schmutzig und reich - sauber und arm


Schmutzig ist die Stadt (Völklingen, A.d.R.) heute nicht mehr. Schmutzig war sie zu Zeiten der Sinteranlage. Wenn die Sinteranlage gearbeitet und die Sonne im Sommer eigentlich geschienen hat, dann sah man keine Sonne. Nichts. Völklingen war eine einzige rostig-braune Staubwolke. Man ist in die Stadt gegangen, kam nach einer Dreiviertelstunde zurück, und der helle Kram, wenn man zum Beispiel eine helle Bluse angehabt hat, der war rostig-braun bis schwarz. Das war so dreckig.

Die Blätter an den Bäumen waren nicht grün. Es gab ja auf der Hütte schon Bäume. Die waren nicht grün, die waren rostig-braun, dreckig. Vielleicht waren sie nach einem guten Regenguss mal sauber. Bis dann die Sinteranlage wieder gearbeitet hat und alles wieder dreckig war. Jetzt ist Völklingen sauber. Aber wenn man mit alten Völklingern redet, fällt auf: Denen passt das auch nicht. So lange Völklingen schmutzig war, war Völklingen reich. Jetzt ist es sauber, aber arm. Das wird einem jeder Völklinger sagen.

Immer hat man Dreck in den Augen gehabt. Irgendwas flog immer in der Luft rum. Wenn das nicht selber rausging, musste man zum Werksarzt, der hat es dann rausgemacht. Das war so auf der Hütte.

Vom Schmutz betroffen waren vor allem die Stadt Völklingen, Wehrden, Fürstenhausen (zwei Stadtteile von Völklingen, in unmittelbarer Nähe der Hüttenanlage, A.d.R.) - da war alles ziemlich schmutzig. Wir hatten ja nachher in dem neuen Bau eine Klimaanlage, und da durften wir keine Fenster mehr aufmachen, die waren abgeschlossen. Auch wegen dem Dreck. Früher, wenn man die Fenster aufgemacht hat unten im Bau 120 und es kam mal so ein Schub von der Sinteranlage, da war auch im Zimmer alles dick voll Dreck. Rostig-brauner Staub. Die hatten wohl Staubfilter eingebaut. In den 60ern ging das ja los mit den Umweltbestimmungen. Na ja, aber es war nicht immer so.

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