SR-Online
Zeitzeugen Biografien: Renate Hessedenz

Mit Röchlings auf ein Bier


Die Hütte ist für mich ein Teil meiner Jugend. Ich habe da meine Jugend verbracht, und, wie soll ich das sagen, habe noch gut in Erinnerung, wie sich die Hütte mir gegenüber gegeben hat. Ich fühle mich verbunden. Das war kein Arbeitgeber, damals konnte man es sich auch noch erlauben, der nur auf Zahlen geguckt hat. Die haben auf die Menschen geguckt. Die haben also nicht unbedingt gesagt: ‚Dieses Limit ist nicht erreicht, jetzt guckt mal, dass ihr mehr Aufträge rein kriegt!’ So etwas war nicht. Es war ein Arbeitgeber, wie man ihn sich heute wünschen möchte.

Röchlings überhaupt waren sehr mitarbeiterbezogen. Die haben sich immer mit jedem unterhalten. Ich habe eigentlich von diesen alten Röchlings persönlich keinen mehr kennen gelernt. Der Ernst Röchling ist 1963 verstorben, da gab es nachher nur noch die Elmuth von Gemmingen und den jungen Hermann Röchling, der aber sehr wahrscheinlich nicht so glücklich war mit dieser Hütte. Deswegen ist er ja auch dann Anfang der 70er weggegangen und hat das Ganze abgegeben.

Aber was ich dann so erzählt bekommen habe von den alten Röchlings, von meinem Vater zum Beispiel, wenn der Nachtschicht hatte, ging der am Bahnhof in die Kneipe. War so. Da waren ja früher mehrere Kneipen und die haben dann schon auf die Nachtschicht gewartet. 80 bis 100 Bier standen vorgezapft auf der Theke. Da ging keiner zuerst auf den Zug, die gingen alle zuerst in die Kneipe. Er kam oft morgens um sechs oder viertel nach sechs heim und hat dann erzählt: ‚Ich habe heute beim Ernst Röchling gestanden, der hat in der Kneipe da gestanden und habe mit dem erzählt oder mit dem Geschäftsführer. Heute war der da.’ Die sind also wirklich morgens in die Kneipen gegangen und haben sich mit den Leuten unterhalten.

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