Biogas, Fernwärme und Pallets stehen unter anderem zur Diskussion (Foto: picture alliance/dpa | Hannes P Albert / picture alliance/dpa | Soeren Stache / IMAGO / Rupert Oberhäuser)

Kommunale Wärmeplanung: Wie das Saarland saubere Wärmeenergie gewinnen kann

Florian Possinger   09.07.2023 | 08:28 Uhr

Die Städte und Gemeinden im Saarland müssen bald einen kommunalen Wärmeplan erstellen. Das heißt: Wie viel Energie zum Heizen wird gebraucht? Wer sind die großen Verbraucher, wer sind mögliche große Erzeuger? Wo liegen in jeder Gemeinde Potenziale zur Gewinnung von Wärmeenergie - möglichst CO2-arm?

Im Windschatten des Gebäudeenergiegesetzes soll ein weiteres Gesetz vom Bundestag beschlossen werden - das Wärmeplanungsgesetz. Damit verpflichtet der Bund die Länder, eine verbindliche Wärmeplanung zu erarbeiten. Es geht darum, die Heizinfrastruktur klimaneutral umzubauen.

Video [aktueller bericht, 07.07.2023, Länge: 3:12 Min.]
Fürth als Vorzeigebeispiel für Nahwärmenetzversorgung

Jährlich 100.000 Gebäude neu mit Fernwärme

Wie die Erhebung der Daten aussehen wird, ist noch nicht ganz klar. Dazu fehlen die Rahmenbedingungen durch den Gesetzgeber. Und die werden nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch nicht mehr vor der Sommerpause kommen.

Trotzdem beschäftigen sich fast alle saarländischen Städte und Gemeinden längst mit dem Thema. In Neunkirchen etwa wird das Fernwärmenetz ein zentraler Baustein der kommunalen Wärmeplanung sein. Damit ist die Stadt auch auf einem Kurs, den die Bundesregierung anregt. Die will jährlich 100.000 Gebäude neu ans Fernwärmenetz hängen.

30.000 Saar-Haushalte mit Fernwärme-Anschluss

Im Saarland gibt es aktuell circa 30.000 Privathaushalte mit Fernwärmeanschluss. Ein landesweites Netz gibt es nicht. Die größten Netze sind das der Fernwärme Saar zwischen Völklingen und Dillingen und das Netz in Saarbrücken. In anderen Orten handelt es sich um enger gefasste Nahwärmenetze wie in Ottweiler und St. Ingbert.

Neunkirchen hat durch die Müllverbrennungsanlage ebenfalls einen Fernwärmelieferanten und das dazugehörige Netz. Marcel Dubois, Vorstand der Kommunalen Energie & Wasserversorgung AG (KEW) betont, dass das Fernwärmenetz aber bisher nur die großen Verbraucher wie Rathaus, Schwimmbad und Schulen bedient, keine Ein- oder Mehrfamilienhäuser.

Ist Energie aus Abfall regenerativ?

Das soll sich in den kommenden Jahren ändern. Geplant sei die Prüfung und der Anschluss von Teilen der Innenstadt Neunkirchens. Das sei finanziell für die dort lebenden Bürgerinnen und Bürger die wohl beste Lösung, sagt Oberbürgermeister Jörg Aumann (SPD).

Eine leistungsstärkere Turbine, die mehr Energie erzeugen kann, ist bereits im Abfallheizkraftwerk verbaut und geht demnächst in Betrieb. Dann bleibe natürlich noch die Frage, ob Energie aus einem Abfallheizkraftwerk überhaupt als regenerative Energie eingestuft werde, gibt Aumann zu bedenken. Er sei jedoch optimistisch.

Video [aktueller bericht, 05.07.2023, Länge: 3:41 Min.]
Wärmeversorgung: Neunkirchen wird zentraler Baustein im Saarland
Das Wärmeplanungsgesetz wird bei der Wärmeversorgung zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Damit verpflichtet der Bund die Länder, einen verbindlichen Plan für eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu erarbeiten. Für die kommunale Wärmeplanung im Saarland wird das Fernwärmenetz in Neunkirchen ein zentraler Faktor sein.

Auch die KEW weist auf die Grenzen der Fernwärme hin: „Über die Kernstadt Neunkirchen hinaus wird das mit der vorhandenen Kapazität schwierig sein. Dazu muss man dann prüfen, ob man auch ein Nahwärmenetz aufbaut in einzelnen Kommunen.“  So wie es gerade in Kirkel geschieht, das ebenfalls im Zuständigkeitsbereich der KEW Neunkirchen liegt.

Nahwärme durch Biogas & Co.

Solch ein Nahwärmenetz, betrieben durch etwa eine Biogasanlage und ein Blockheizkraftwerk, wird von mehreren Kommunen geprüft. In Losheim soll es in drei bis vier Jahren kommen. Die Gemeinde hat bereits eine Biogasanlage, die von einer Bürgerenergiegenossenschaft betrieben wird und aktuell Strom erzeugt. Nach einem aktuellen Gemeinderatsbeschluss wird nun geprüft, dort in Zukunft Wärme zu gewinnen und in den Ortskern zu leiten.

„Vorgesehen ist die Untersuchung, wie kommunale Gebäude ans Wärmenetz angeschlossen werden können“, sagt der Klimaschutzmanager der Gemeinde, Johannes Drehmann. „Allerdings ist natürlich geplant, den privaten Haushalten ein Angebot zu machen, sich anschließen zu können, um von den fossilen Energieträgern wie Öl oder Gas wegzukommen.“

Losheim Vorreiter bei Strom

Schon jetzt erzeugt Losheim 80 Prozent des Stroms für den gesamten Ort aus regenerativen Quellen wie Wind und Solarkraft. Ein weiterer Solarpark einer Bürgerenergiegenossenschaft soll noch dieses Jahr in Betrieb gehen, und auch der Plan, neue Windräder auf dem Höhenzug nahe des Ortsteils Scheiden zu errichten, ist in der Umsetzung. Das verdeutlicht, dass das Thema Klimawende hier bereits seit Jahren mitgedacht wird.

Video [aktueller bericht, 06.07.2023, Länge: 3:08 Min.]
Energie für die Zukunft: Losheim setzt auf grüne Stromerzeugung
Wie soll in Zukunft möglichst CO2-neutral geheizt werden? Um herauszufinden, wie viel Wärmeenergie überhaupt gebraucht wird und wie sie lokal erzeugt werden kann, sollen die Kommunen einen Wärmeplan erstellen. Losheim setzt dabei stark auf grüne Stromerzeugung.

Bürgermeister Helmut Harth (parteilos) will vor allem die neuen Windkraftanlagen nutzen, um den Bürgerinnen und Bürgern in Losheim in Zukunft eigenen, vor Ort produzierten Strom anbieten zu können. Mit dem könnten die Eigenheimbesitzer dann auf Wärmepumpen umsteigen, ohne Strom aus Kohle- oder Atomenergie zu beziehen. Möglich sei das, weil Losheim als eine der wenigen Kommunen Eigentümer des örtlichen Stromnetzes ist.

An der Wärmewende führt kein Weg vorbei

Auch das ist bislang lediglich ein Plan, der aber bereits mit Beteiligten diskutiert wird. Die Städte und Gemeinden im Saarland und vor allem ihre Verwaltungen wissen: Am Thema Wärmewende führt kein Weg vorbei, auch wenn es finanziell schmerzhaft wird.

Das bekräftigt auch der Bürgermeister von Wadern, Jochen Kuttler (parteilos): „Ich glaube es ist sinnvoll, dass abgerüstet wird was die Angststrukturen angeht. Die Wärmewende wird kommen, so oder so, egal welches Gesetz hinten dran steht. Da sollte man offen und in Ruhe dran gehen und muss die Bürgerinnen und Bürger auch mitnehmen.“

Grenzen von Nah- und Fernwärme

Wadern ist die drittgrößte Flächenkommune im Saarland nach Saarbrücken und St. Wendel. Die 13 Ortsteile liegen so verteilt, dass ein Fern- oder Nahwärmenetz aus einer Quelle nicht machbar ist. Dazu seien die Gemeinden hier im Hochwald klassisch „Ölland“. Lediglich die kommunalen Gebäude in Wadern verfügten über ein kleines Gasnetz.

Diese Einrichtungen werden bereits umgerüstet oder sollen in Zukunft auf Wärmepumpen umsteigen. Auch eine Pelletheizung bleibe nach dem Gebäudeenergiegesetz hoffentlich eine regenerative Option, so Kuttler. Die Grundschule in Nunkirchen ist erst vor Kurzem, mit EU-Mitteln gefördert, auf Pellets umgestiegen.

In Wadern, wie wohl in vielen Kommunen, muss in Sachen kommunale Wärmeplanung jede Option der Wärmegewinnung durchgespielt werden. Biogasanlagen, Nahwärmenetze, aber auch Geothermie oder Wasserstoff als Energiequellen. Offen sein für alles und dann gucken, was ist finanziell zumutbar und machbar. Das müsse der Weg sein. Da sind sich die Bürgermeister in Neunkirchen, Losheim und Wadern einig.

Über dieses Thema hat auch der „aktuelle bericht“ am 05., 06. und 07.07.2023 berichtet.


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"Gut zu wissen" - immer mittwochs in der Sendung "Bunte Funkminuten" auf SR 3 Saarlandwelle.

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