Gut zu wissen: Immobilieneigentümer sollten sich frühzeitig um die Anschlussfinanzierung kümmern

Frühzeitig um Anschlussfinanzierung kümmern

Gut zu wissen: Baufinanzierung im Zinshoch

Yvonne Schleinhege   31.08.2023 | 09:45 Uhr

Zum Ende der Zinsbindung droht vielen Immobilieneigentümern eine deutliche Zinserhöhung – vor allem wenn zuvor die Verträge zu besonders niedrigen Konditionen abgeschlossen worden waren. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig die Anschlussfinanzierung in Angriff zu nehmen.

Wer derzeit ein Haus oder eine Eigentumswohnung finanziert, schaut wahrscheinlich mit Sorge auf die aktuelle Zinsentwicklung. Heute verlangen Banken für einen Kredit mit zehn Jahren Zinsbindung häufig Zinsen deutlich über vier Prozent. Ob und wie stark der Anstieg weitergeht, ist offen.

Auch für eine Anschlussfinanzierung ist die Zinsentwicklung relevant. Wer eine Immobile finanziert hat, hat nach Ablauf der Zinsbindung häufig noch Schulden auf der Immobile. Und genau dafür benötige man eine Anschlussfinanzierung, erklärt Bernd Seitz von der Verbraucherzentrale Saarland.

Anschlusskredit wird deutlich teurer

Vor zehn Jahren lagen die Zinssätze bei einer Immobilienfinanzierung bei rund 2,5 Prozent. Heute zahlt man fast das Doppelte. Zwar dauert es noch, bis die Zinsbindung bei denjenigen ausläuft, die von sehr günstigen Krediten unter einem Prozent profitiert haben, dennoch sollten auch diese sich schon heute darauf einstellen, dass der Anschlusskredit deutlich teurer wird.

Beispielrechnung

Baufinanzierungsberater Seitz rechnet dies an einem einfachen Beispiel vor: „Wenn Sie ursprünglich mal 1,2 Prozent Zinsen gezahlt haben bei einer Kreditsumme von 100.000 Euro macht das eine Zinsbelastung von 100 Euro im Monat aus. Bei dem heutigen Zins von ca. vier Prozent liegt die Zinsbelastung bei rund 330 Euro.“

Finanzierungsprobleme vorprogrammiert

Angesichts solcher Rechenbeispiele rechnet die Verbraucherzentrale Saarland damit, dass es in den kommenden Jahren durchaus viele Kreditnehmer geben wird, die Probleme mit ihrer Finanzierung bekommen werden.

Wie hoch das Risiko des teureren Anschlusskredites für jeden Einzelnen tatsächlich ist, hängt auch von der eigenen Finanzierung ab. Nach Angaben der Zeitschrift Finanztest seien Darlehen mit nur zehn Jahren Zinsbindung und niedriger Anfangstilgung (2 Prozent) besonders anfällig. Hier drohe bei einem Anschlusskredit nicht nur eine höhere Zinslast, sondern auch eine kräftige Ratenerhöhung.

Frühzeitig kümmern – Beratung suchen

Damit man sich auf einen solchen Fall vorbereiten kann, sollte man sich frühzeitig mit der Anschlussfinanzierung auseinandersetzen. „Wir empfehlen immer, sich fünf Jahre vor Auslaufen der ersten zehn Jahre sich mit dem aktuellen Zinsgeschehen zu befassen“, so Seitz.

Der Bezugspunkt zu den ersten zehn Jahren habe einen besonderen Grund. Egal ob der Kredit nun zehn, 15 oder auch 20 Jahre laufe - vom Gesetzgeber aus hat der Kreditnehmer grundsätzlich innerhalb entsprechender Fristen ein sogenanntes Sonderkündigungsrecht. „Das heißt, Sie als Verbraucher könnten einseitig aus dem Kredit aussteigen“, so der Baufinanzierungsberater.

Welcher Weg der Anschlussfinanzierung für jeden einzelnen Kreditnehmer der richtige ist, hängt von verschiedenen Parametern ab. Deshalb kann es sinnvoll sein sich auch frühzeitig etwa bei den Verbraucherzentralen beraten zu lassen. Die Kosten dafür halten sich dafür im Rahmen.

Restschuld schneller abbauen, Sondertilgung prüfen

Die weitere Zinsentwicklung können Kreditnehmer nicht beeinflussen. Um das Risiko des steigenden Anschlusskredites zu minimieren, sollte man versuchen, die Schulden bis zum Ende der Zinsbindung schneller abzubauen.

Das rät auch die Zeitschrift Finanztest und rechnet vor: 10.000 Euro weniger Restschulden würden bei einem Zinssatz von fünf Prozent und bei zwei Prozent Tilgung 60 Euro weniger Monat bedeuten. Bei 50.000 sind es fast 300 Euro im Monat.

Der einfachste Weg, die Schulen abzubauen, ist über eine Sondertilgung oder eine Erhöhung der laufenden monatlichen Rate. Der Haken dabei: Wer nur ein Prozent Zinsen zahlt, kann mit einer zusätzlichen Tilgung auch nur ein Prozent Zinsen sparen. Und das ist weniger als Banken derzeit an Zinsen für Festgeld oder auch Tagesgeld geben.

Tipp: Geld zur Seite legen

Deshalb könne es sinnvoll sein, das „zusätzliche Geld“ lieber auf ein Tagesgeldkonto zu legen oder Festgeldangebote zu nutzen und zum Festzinsende zurückzuzahlen, sagt auch Bernd Seitz. Tagesgeld- oder Festgeldangebote gibt aktuell mit rund 2,5 bis 3,5 Prozent Zinsen.

Wie sinnvoll sind Bausparverträge?

Vermehrt werben Banken und Bausparkassen auch damit für die Anschlussfinanzierung einen Bausparvertrag zu nutzen. Die Meinung von Baufinanzierungsberater Seitz dazu ist eindeutig: „Das Problem der Anschlussfinanzierung löst der Bausparvertrag nicht.“ Das habe auch damit zu tun, dass man solche Verträge oft zehn Jahre und mehr bespare. 

Auch die Zeitschrift Finanztest äußert sich in Punkto Bausparen zurückhaltend. Die Gefahr eines kräftigen Ratenanstieges mindere der Bausparvertrag nicht. Trotz niedriger Zinsen bei einem Bauspardarlehen falle die Rate oft höher aus als bei einem Bankdarlehen. Zudem würden Bausparkassen neben Abschlussgebühren zum Teil noch Jahresgebühren verlangen.  

Zinsen sichern mit Forwarddarlehen

Interessanter können da schon sogenannte Forwarddarelehen sein. Endet die Zinsbindung innerhalb von fünf Jahren, können sich Kreditnehmer mit seinem solchen Darlehen vor einem weiteren Zinsanstieg absichern.

Das heißt: Mit solchen Krediten können sich Eigentümer die aktuellen Zinskonditionen absichern - auch wenn die Frist des ursprünglichen Darlehens erst in drei oder vier Jahren endet. Um sich die Konditionen Jahre im Voraus zu sichern, zahlen Kreditnehmer dafür in der Regel kleine Zinsaufschläge.

Nach einer Auswertung der Finanztest aus dem Mai seien diese Aufschläge derzeit allerdings besonders niedrig. Hier lohne es sich Angebot zu vergleichen. Dennoch wichtig: Ob sich ein Forwarddarlehen lohnt, ist nie garantiert. Sinken die Zinsen nach dem Anschluss, ist das natürlich ärgerlich und von Nachteil.

Bausparbereiter Seitz persönlich würde bei der aktuellen Zinsentwicklung lieber abwarten. Dass die Banken derzeit die Forward-Aufschläge senken sei für ihn ein Indiz, dass das auch sie nicht mit weiter steigenden Zinsen rechnen.

Kurzfristige Optionen und Tilgung herabsetzen  

Wer nur noch weniger als ein Jahr Zeit bis zum Ende der Zinsbindung hat, sollte sich schnellstmöglich um die Anschlussfinanzierung kümmern. Zu beobachten sei, dass Banken bei Auslaufen des Kredits recht kurzfristig auf Kunden zukommen und Angebote machen, sagt Bernd Seitz. Man spricht hier vom sogenannten Prolongieren.

Er empfiehlt, sich besser unterschiedliche Angebote einzuholen. Nach einer Analyse der Finanztest gibt es derzeit gute Chancen nach Auslaufen der Zinsbindung bei einer anderen Bank ein günstigeres Darlehen zu bekommen. Allerdings ist der Wechsel durchaus mit etwas Aufwand verbunden. Die Bank benötigt Unterlagen, zudem können Gerichts- und Notarkosten anfallen.

Deshalb könne es unter Umständen auch sinnvoll sein, bei der bisherigen Bank zu bleiben, sagt Bernd Seitz. Zum Beispiel, wenn sich an der Einkommenssituation etwas geändert hat. Denn die bisherige Bank wird keine neue Bonitätsprüfung machen.

Eine weitere Möglichkeit, den Ratenanstieg zu begrenzen, ist durch die Herabsetzung des Tilgungssatzes. So wird die monatliche Belastung geringer. Aber dadurch verlängert sich natürlich die Laufzeit des Kredites und es werden insgesamt mehr Zinsen fällig. 

"Gut zu wissen" - immer mittwochs in der Sendung "Bunte Funkminuten" auf SR 3 Saarlandwelle.

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