Balkonkraftwerk an einem Mehrfamilienhaus (Foto: IMAGO / Robert Poorten)

Strom vom Balkon direkt in die Steckdose

Gut zu wissen: Boom bei Balkonkraftwerken

Yvonne Schleinhege-Böffel   13.07.2023 | 09:30 Uhr

Mit Stecker-Solargeräten können Mieter oder Wohnungseigentümer eigenen Sonnenstrom erzeugen. Auch im Saarland nutzen immer mehr Verbraucher diese Geräte. Die Energieberater der Verbraucherzentrale Saarland verzeichnen seit einigen Monaten einen steigenden Beratungsbedarf.

Sie erleben derzeit einen regelrechten Boom: sogenannte Balkonkraftwerke – auch bekannt als Mini-Solar-Anlage oder Stecker-Solar-Gerät. Mit Hilfe dieser kleinen Anlagen können auch Mieter oder Wohnungsbesitzer zumindest ein kleines Stückchen unabhängiger von den steigenden Stromkosten werden.

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Gut zu wissen: Die wichtigsten Fragen zum Balkonkraftwerk
Audio [SR 3, Yvonne Schleinhege-Böffel, 13.07.2023, Länge: 06:07 Min.]
Gut zu wissen: Die wichtigsten Fragen zum Balkonkraftwerk

„Der große Vorteil ist, dass man mit wenig Aufwand selbst Strom erzeugen und direkt nutzen kann“, sagt Cathrin Becker, Energieberaterin der Verbraucherzentrale Saarland.

Zudem lassen sich die Geräte ganz einfach – auch von Laien – montieren und auch ohne großen Aufwand wieder abbauen. Dafür kann man etwa den Balkon oder die Terrasse nutzen.

Wie funktioniert die Mini-Solar-Anlage?

„So ein Stecker-Solargerät ist ein stromerzeugendes Haushaltsgerät. Das heißt, wir haben hier ein oder zwei Solarmodule. Die erzeugen aus dem Sonnenlicht Strom. Und wir haben einen Wechselrichter, der den Strom in Haushaltsstrom umwandelt“, erklärt die Energieberaterin.

Typischerweise haben solche Module eine Leistung von um die 350 Watt. Dabei wird das Gerät mit dem Wechselrichter einfach in eine Steckdose eingesteckt und der Strom fließt in den Stromkreis der Wohnung und von dort zum Kühlschrank oder dem Fernseher.

Module mit Batteriespeicher

So zählt der Stromzähler langsamer und es wird weniger Strom aus dem öffentlichen Netz gezogen. Der Wechselrichter regelt die Leistung der Module auf 600 Watt ab. Dies entspricht den derzeitigen gesetzlichen Regelungen.

Produziert das Balkonkraftwerk mehr Strom als benötigt, fließt dieser in das öffentliche Stromnetz zurück. „Allerdings bekommt man dafür keine Vergütung.“ Einige Hersteller bieten laut Verbraucherzentrale auch Module mit einem kleinen Batteriespeicher an. Die seien allerdings finanziell nicht besonders attraktiv. Daher wird von solchen Geräten abgeraten. 

Eignet sich so eine Anlage für meine Wohnung?

Grundsätzlich installieren lässt sich ein Stecker-Solar-Gerät an einem Balkon, auf einer Terrasse, an einer Hauswand oder auch auf einem Garagendach. Wichtig ist eine Ausrichtung zur Sonne. Werden die Module auf der Südseite montiert sei das natürlich ideal, so Catrin Becker.

Auch Mieter können solche Mini-PV-Anlagen etwa an ihrem Balkongeländer montieren. „Aber es ist die Zustimmung vom Vermieter notwendig oder der Eigentümergemeinschaft.“ Bei Letzterer gilt ein Mehrheitsbeschluss.

Im Mai hat die Bundesregierung angekündigt, das der Betrieb von Balkonkraftwerken erleichtert werden soll. Auch Mietern und Wohnungseigentümern sollen künftig mehr Rechte eingeräumt werden.

Wichtig: Wer in einem denkmalgeschützten Haus wohnt, sollte sich unbedingt erkundigen, ob er eine Stecker-Solar-Anlage montieren darf. Dies könne unter Umständen nämlich nicht erlaubt sein, so die Energieberaterin der Verbraucherzentrale Saarland. Ansprechpartner ist die zuständige Denkmalschutzbehörde.

Was kosten die Geräte? Was lässt sich sparen?

Ein Stecker-Solar-Gerät mit einem Standort-Modul kostet nach Auskunft der Verbraucherzentrale zwischen 350 und 600 Euro. Da allerdings derzeit die Nachfrage sehr hoch sei, könnten die Preise auch aktuell etwas teurer sein, so Cathrin Becker. Zudem gebe es teils Lieferprobleme- und Verzögerungen.

Ein Standortmodul mit 380 Watt Leistung, dass am Südbalkon montiert wurde, liefere etwa 280 Kilowattstunden Strom pro Jahr. „Das ist etwa die jährliche Strommenge für eine Waschmaschine und einen Kühlschrank in einem Zwei-Personen-Haushalt.“ Bei einem Strompreis von 33 Cent erbringe dies eine Ersparnis von 66 Euro im Jahr.

Dauer bis zur Wirtschaftlichkeit

Es dauert also durchaus einige Jahre, bis sich so eine Anlage finanziell rechnet. Entscheidend sind dabei natürlich die Höhe der Anschaffungskosten und auch der aktuelle Strompreis. Auch die Ausrichtung der Module. Auf der Homepage der HTW Berlin gibt es einen Stecker-Solar-Simulator, der bei der Berechnung der Wirtschaftlichkeit hilfreich sein kann.

Einige Bundesländer bezuschussen die Anschaffung von Balkonkraftwerken. Im Saarland gibt es allerdings kein Förderprogramm. Derzeit profitieren Verbraucher nur von der seit Jahresbeginn abgeschafften Mehrwertsteuer, die für größere Photovoltaik-Anlagen und auch Mini-PV-Anlagen gilt.

Was unbedingt beachtet werden sollte?

Auch wenn die Stecker-Solar-Geräte recht unkompliziert sind, gibt es dennoch ein paar Dinge zu beachten. Wichtig: An eine Steckdose sollte immer nur ein einziges Stecker-Solargerät beziehungsweise nur ein Wechselrichter angeschlossen werden.

Daneben empfiehlt die Verbraucherzentrale, nur sogenannte steckerfertige Geräte zu kaufen. In Einzelfällen verkaufen Firmen Geräte mit offenen Kabelenden. Hier muss der Stecker selbst montiert werden. Davon raten die Verbraucherschützer aber ab. Daneben sollten die Herstellerfirmen für das Stecker-Solar-Gerät den sogenannten DGS-Sicherheitsstandard einhalten

Sollte man unsicher sein, empfiehlt Energieberaterin Cathrin Becker auch Kontakt mit einem Elektriker aufzunehmen, der gegebenfalls auch einmal die Steckdose überprüft. Angeboten werden die Balkonkraftwerke entweder über den Fachhandel – sehr häufig aber auch für den spezialisierten Online-Handel. Eine Marktübersicht gibt es laut Verbraucherzentrale beim PV-Magazin oder der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie.

Anmeldung bei der Bundesnetzagentur und dem Netzbetreiber

Wichtig: Nach der Montage muss man die Inbetriebnahme eines Stecker-Solar-Gerätes auch dem Netzbetreiber mitteilen. In der Regel sind das die örtlichen Stadtwerke. Außerdem muss die Anlage im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur eingetragen werden. Auch dies soll künftig einfacher werden.

Gerade hierbei gebe es in der Beratung immer wieder nachfragen, berichtet die Energieberaterin Cathrin Becker aus Saarbrücken. Speziell gehe es um die Frage der Stromzähler. „Der Netzversorger wird ihnen mitteilen, ob der Zähler getauscht werden muss“. Ausgetauscht werden muss der Zähler, wenn man ein Modell ohne Rücklaufsperre hat. Die Umrüstung erfolgt in der Regel über den Netzbetreiber.


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Ein Thema in den "Bunten Funkminuten" am 13.07.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

"Gut zu wissen" - immer mittwochs in der Sendung "Bunte Funkminuten" auf SR 3 Saarlandwelle.

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