Saar-Juso-Chef: Harter Abschiebekurs - ein "Etikettenschwindel"
Bundeskanzler Olaf Scholz möchte einen härteren Kurs in der Migration durchsetzen und spricht sich für Abschiebungen "im großen Stil" aus. Das stößt auf Widerspruch - auch aus den eigenen Reihen. Auch Saar-Juso-Chef Steven Commey-Bortsie übt Kritik.
In einem Interview mit dem "Spiegel" hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schnellere Abschiebungen für Menschen ohne Bleiberecht in Deutschland gefordert. "Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben", sagte der Kanzler. Das hat auch in seiner eigenen Partei für Kritik gesorgt.
Abschiebekurs ein "Etikettenschwindel"
Widerspruch kommt auch von den Jusos aus dem Saarland. Deren Vorsitzender Steven Commey-Bortsie bezeichnete im SR-Interview einen harten Abschiebekurs, wie Scholz ihn fordert, als einen "Etikettenschwindel".
Die eigentlichen Probleme lägen ganz woanders, es dürfe auch angesichts der hohen Umfrage-Werte der AfD nun nicht zu einem "demokratischen Werteverlust" innerhalb der demokratischen Parteien kommen, so Commey-Bortsie. Insbesondere die Wortwahl sei fatal und verschiebe den Diskurs weiter nach rechts.
Kommunen mehr unterstützen
Statt mehr abzuschieben gelte es nun, die Kommunen besser zu unterstützen - sowohl finanziell als auch bei der Wohnungssituation, so der Saar-Juso-Chef. Es brauche außerdem auf EU-Ebene endlich einen fairen Verteilungssschlüssel für Geflüchtete.
Auch die Unterbringung von Geflüchteten in Sammelunterkünften wie im Containerlager in Ensdorf oder dem Ankerzentrum in Lebach sehe man bei den Jusos zwar grundsätzlich kritisch, aber im Vergleich zu den Zeltlagern in anderen Bundesländern seien die Sammelunterkünfte zumindest eine gute Übergangslösung.
Abschiebungen nicht Kern des Problems
Insgesamt brauche es aber ein langfristig tragfähiges System, um mit der großen Zahl an Geflüchteten zurechtzukommen, so Commey-Bortsie weiter. Die Krisen in der Welt würden weiter dafür sorgen, dass viele Menschen zu uns kommen. Und von denen werde man - wie auch jetzt schon - nur einen geringen Teil abschieben können. Die Zahl der möglichen Abschiebungen falle hier nicht ins Gewicht - auch nicht im Saarland, so der Saar-Juso-Chef.
Nicht den Rechten in die Hände spielen
Mit der Kritik an Olaf Scholz schließen sich die Jusos im Saarland den Jusos im Bund an. Dass dies der Partei schaden könne, sieht Commey-Bortsie nicht. Es brauche in jeder Partei ein breites Meinungsspektrum. Es gehe nun darum, den Rechten nicht weiter in die Hände zu spielen.
Rehlinger unterstützt Scholz' Kurs
Saar-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger hingegen hatte vorige Woche Unterstützung für den Kurs des Bundeskanzlers signalisiert. "Der Bundeskanzler hat Recht: Wir brauchen mehr Ordnung und Klarheit in der Migrationspolitik", teilte die Ministerpräsidentin schriftlich mit. "Wer vor Krieg und Verfolgung flieht, findet in Deutschland Obdach und Schutz. Wer aber irregulär hier ist, muss so schnell wie möglich zurückgeführt werden. Beides ist die Rechtslage in Deutschland und beides muss konsequent umgesetzt werden."
In einem Beschluss zur Flüchtlingspolitik hatten sich die Regierungschefinnen und -chefs der 16 Bundesländer für Maßnahmen zur Steuerung und Verringerung des Migrationsdrucks und für eine bessere Integration von Geflüchteten ausgesprochen. Um Anreize für irreguläre Migration zu verringern, solle geprüft werden, ob eine Chipkarte Bargeldleistungen für Asylbewerber ersetzen kann. Auch die Pläne für schnellere Rückführungen wurden darin begrüßt.
Hintergrund
Ein Thema in der Sendung "Region am Nachmittag" am 24.10.2023 auf SR 3 Saarlandwelle.