"Die Beteiligten brauchen eine gehörige Portion Selbstkritik"

Ein Untersuchungsausschuss im Landtag soll sich mit dem Fall Yeboah befassen - so der Antrag von CDU und SPD. Er soll unter anderem die Versäumnisse von Politik, Polizei und Verfassungsschutz aufarbeiten. Eine Chance, kommentiert SR-Reporter Thomas Gerber.

Mehr als 30 Jahre haben die Dauer-Regierungsfraktionen von SPD und CDU gebraucht, um den feigen Brandanschlag auf die Asylbewerberunterkunft als das zu bezeichnen was er war: ein rassistisch motivierter Mord. Im U-Ausschuss haben sie nun die Chance, auch ihr eigenes jahrzehntelanges Versagen und Vertuschen aufzuarbeiten.

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"Damit der U-Ausschuss gelingt, brauchen die Beteiligten eine gehörige Portion Selbstkritik"

Es braucht ganzheitliche Aufarbeitung

Warum wurde das Offenkundige, dass Neonazis in Saarlouis und nicht nur da brandschatzend, prügelnd und letztlich auch mordend durchs Land zogen, immer wieder konsequent unter den Teppich gekehrt? Sicher es gab Fehler bei den Ermittlungen der Polizei damals, vielleicht gar Kumpanei mit den Neo-Nazis.

Aber bei der Aufarbeitung dieser Defizite von Polizei und Verfassungsschutz darf der U-Ausschuss nicht stehen bleiben. CDU und SPD haben vor Ort und auf Landesebene drei Jahrzehnte lang dem Vertuschen Vorschub geleistet.

Fehler in der Politik

Zwar hatte der damalige SPD-Staatssekretär Richard Dewes 1992 im Innenausschuss die rechte Anschlagshochburg Saarlouis eindrucksvoll geschildert - aber nach den erschreckenden Zahlen in nicht-öffentlicher Sitzung wurde die Gefahr weiter totgeschwiegen.

Die Politik schloss sich allzu gern dem Wording von Polizei und Staatsanwaltschaft an, 'Neonazis gibt es bei uns nicht, sondern verirrte und versoffene Jugendliche.' Übergriffe auf Linke wurden als Kirmesschlägereien klein geredet.

Vorsicht vor Generalabrechnungen

U-Ausschüsse bergen die Gefahr, dass sie zur Generalabrechnung der jeweiligen Opposition mit der Regierung werden. Im Fall Yeboah und der anderen Brandanschläge der Neunziger Jahre ist das für die CDU verführerisch - regierten doch damals die Sozialdemokraten unter Oskar Lafontaine.

Davor sollten sich Roland Theis und Co. hüten. 2002 wurde der 19-jährige Ahmed auf dem Salzbrunnenfest in Sulzbach von einem bekannten Neonazi erstochen. Eine Tat, die zwar eindeutig rassistische Hintergründe hatte, aber nie als solche eingestuft wurde. 2002 gab es eine CDU-Alleinregierung unter Ministerpräsident Peter Müller.

Die Ausgrenzung der AfD aus dem Untersuchungsausschuss ist zwar eine politische Eselei von SPD und CDU, trotzdem ihre Redebeiträge heute im Landtag machen Hoffnung, zeigten sie doch eine gewisse Demut. Gut so.

Damit der U-Ausschuss gelingt, brauchen die Beteiligten nämlich eine gehörige Portion Selbstkritik. Die Entschuldigung von Anke Rehlinger bei den Opfern - auch für eigene Fehler -  war ein erster, wichtiger Schritt.

Mehr zum Thema

Die Podcast-Serie zum Mordprozess
Der Fall Yeboah – Rassismus vor Gericht

Ein Thema in der Sendung "Region am Mittag" am 21.06.2023 auf SR 3 Saarlandwelle.

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