Stimmen SR 2, Michael Thieser (Foto: Pasquale D'Angiolillo)

"Der Rücktritt des Präsidenten ist nur eine Zwischenetappe"

Michael Thieser   30.04.2018 | 12:30 Uhr

Am Sonntag, 29. April, gab der wegen der Finanzaffäre beim LSVS unter Druck geratene CDU-Politiker Klaus Meiser seinen Rücktritt bekannt. Dazu der Kommentar von SR-Landespolitik-Chef Michael Thieser.

Langsam aber immerhin kommen die Aufräumungsarbeiten beim Landessportverband in Gang. Der Rücktritt des Präsidenten Klaus Meiser war notwendig und unausweichlich!

Mit einem angeblichen Defizit von rund 500.000 Euro pro Jahr nahm die Affäre im vergangenen Dezember ihren Lauf. Inzwischen hat sich diese Summe auf einen zweistelligen Millionenbetrag aufaddiert und alles, was an Fakten auf dem Tisch liegt, lässt nur einen Schluss zu: So wie bisher kann es im Saar-Sport nicht weitergehen.

Finanzaffäre Landessportverband
Meiser tritt als LSVS-Präsident zurück
Klaus Meiser ist nicht länger Präsident des Landessportverbandes für das Saarland. Der wegen der Finanzaffäre beim LSVS unter Druck geratene CDU-Politiker gab am Sonntag seinen Rücktritt bekannt. Zuletzt hatten SPD und Linke Meiser aufgefordert, den Weg für einen Neuanfang frei zu machen.

Der Rücktritt des Präsidenten ist da nur eine Zwischenetappe. Die unbequeme Wahrheit und die einzig logische Konsequenz für alle diejenigen, die dieses System über Jahrzehnte mit aufgebaut und konstruiert haben, kann nur lauten: Es braucht strukturelle Veränderungen. Der Saar-Sport und vor allem die Vergabe von Fördergeldern müssen auf neue Beine gestellt werden.

Die Konstruktion einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts, die eigenverantwortlich handelt, ist bundesweit ein Unikat. In allen anderen Bundesländern sind die Sportverbände in der Regel als eingetragene Vereine organisiert, nur im Saarland nicht. Begründet wird dies mit der Autonomie des Sports und der angeblichen Notwendigkeit, die Förderung von Spitzenathleten und des Breitensports aus der politischen Debatte herauszuhalten. Doch wozu hat dies geführt? Die Folge ist das jetzige Finanzchaos, weil die Selbstverwaltung – wie man sieht – nicht funktioniert hat, weil es kein umfassendes Controlling gab, weil niemand genau hinschaute und die Verantwortlichen an der Spitze schalten und walten konnten, wie sie wollten. Die Beteiligung an der Saarland-Sporttoto, die Einnahmen aus dem Glücksspiel und die gesetzliche Absicherung des sogenannten Sportachtels haben zu einer Situation geführt, in der Einzelne offenbar die Bodenhaftung verloren haben. Klaus Meiser ist da explizit nicht der Einzige.

Inwieweit die jetzigen Vorkommnisse auch zu strafrechtlichen Konsequenzen führen, muss die Staatsanwaltschaft klären. Hinzu kommt ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, der sich vorgenommen hat, die Systemfehler der Vergangenheit aufzuarbeiten. Die Öffentlichkeit und die Medien werden genau hinschauen, wie ehrlich und ergebnisoffen dies geschieht.   

Die Sportvereine im Saarland und die vielen Ehrenamtler haben jedenfalls – nach allem was passiert ist - ein Anrecht auf größtmögliche Transparenz, denn sie sind es, die jetzt die Suppe auslöffeln müssen. Sie haben ihren Funktionären an der Spitze vertraut, doch diese sind ihrer Verantwortung nicht gerecht worden. Nach sechs Monaten Enthüllungen, Hausdurchsuchungen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen befindet sich der Saar-Sport in seiner tiefsten Krise. Die Allianz aus Sport und Politik hat dies zugelassen!

Im Rahmen einer wissenschaftlichen Doktorarbeit wurde bereits vor zehn Jahren auf die undurchsichtigen, intransparenten Zustände bei der Förderung des Saar-Sports hingewiesen und sämtliche Fragen, die heute auf dem Tisch liegen, wurden bereits damals gestellt. Doch es gab keine Antwort und keine Reaktion, geschweige denn ein selbstkritisches Hinterfragen des eigenen Tuns. Präsident des Landessportverbandes war damals der CDU-Politiker Gerd Meyer.

Klaus Meiser ist - wie gesagt - nur das aktuelle Gesicht der Misere. Seine Vorgänger haben ebenso ihren Beitrag geleistet und die beiden großen Parteien im Saarland, CDU und SPD, haben das jetzige System mit kreiert.

Es ist insofern verständlich, dass sich die Beteiligten bei der Formulierung weitreichender und grundlegender Veränderungen schwer tun. Doch es bleibt dabei: Die Konstruktion einer eigenständigen, öffentlich-rechtlichen Körperschaft hat sich – Stand heute – als untauglich erwiesen, um nach professionellen Maßstäben den Saar-Sport zu verwalten.

Logisch wäre deshalb eine Strukturreform, sprich: Niemandem wird etwas weggenommen, aber die Zuschüsse und Fördergelder im Rahmen des Sportachtels werden zukünftig über den Landtag und den Landeshaushalt ausgezahlt, so wie in den anderen Bundesländern auch. Die Günstlings- und Vetternwirtschaft hinter verschlossen Türen hätte dann ein Ende und die Förderung des Saar-Sports wäre endlich einer parlamentarischen und damit der Kontrolle der Öffentlichkeit unterzogen. Ministerpräsident Tobias Hans und seine Stellvertreterin Anke Rehlinger haben es insofern jetzt in der Hand. Ein Neuanfang ist möglich! Man muss ihn nur wollen!

Über dieses Thema wurde auch in der "Region am Mittag" am 30.04.2018 auf SR 3 Saarlandwelle berichtet.

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