Kommentar: "Wer Demokratie will, muss für sie einstehen - überall und jeden Tag"

"Wer Demokratie will, muss für sie einstehen – überall und jeden Tag"

Markus Person   15.01.2024 | 16:30 Uhr

Deutschlandweit sind am 14. Januar Tausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Rechtsradikalismus und die AfD zu demonstrieren. Auch in Saarbrücken. Auslöser waren Enthüllungen des Recherchenetzwerks "Correctiv" über ein Treffen von hochrangigen AfD-Politikern, Neonazis und spendenwilligen Unternehmern, bei dem es um die Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland ging. Der Protest am Sonntag war laut, gut und wichtig, aber noch nicht genug, sagt SR-Reporter Markus Person. Ein Kommentar

10.000 in Potsdam, 2500 in Duisburg, 5000 Demonstranten in Saarbrücken. Es konnte sich sehen lassen, was da über die sozialen Netzwerke in kürzester Zeit mobilisiert worden war.

Die Menschen, die am Wochenende für mehr Vielfalt und ein buntes Deutschland auf die Straße gegangen sind – sie waren laut und es waren viele. Aber eigentlich waren es immer noch viel zu wenige. Mehr als 80 Millionen Menschen leben in Deutschland – können da dann Zehntausende, die gegen die AfD auf die Straße gehen, die schweigende Mehrheit sein? NEIN! 

Vielen scheint immer noch nicht angst und bange genug zu sein, wenn man sich die Diskussionen anschaut oder anhört, die in unserem Land nicht nur scheinbar wieder salonfähig geworden sind. Aus einem „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ sind in sozialen Netzwerken, aber auch am Kneipentresen längst demokratiefeindliche Aussagen geworden. Hass und rechtsextreme Ansichten werden nicht mehr heimlich oder hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen.

Wie konnte es soweit kommen? 

Die Vertreter der demokratischen Parteien sind daran nicht unschuldig. Zu oft wird auch in deren Reihen die Populismus-Keule geschwungen. Die nächste Wahl ist für viele oft wichtiger als klare Haltung. Bildungs- und Gesundheitswesen sind in einem erbarmungswürdigen Zustand – aber mit sich langfristig auszahlenden Investitionen gewinnt man eben kurzfristig keine Wahlen. Dass bei den Bürgern der Frust wächst – warum verwundert das noch so viele Volksvertreter?

Auch wir Medien sind in der Pflicht

Gar nicht oft genug können und müssen wir die rethorischen Spitzfindigkeiten der Populisten als das übersetzen, was sie sind: Bestes Beispiel aus jüngster Vergangenheit ist der gerade zum Unwort des Jahres gewählte Begriff „Remigration“. Dabei ist er leicht übersetzbar. Man hörte die korrekte Übersetzung bei den Protesten in Rostock oder Mittweida Anfang der Neunziger: „Ausländer raus!“.

Ich glaube, die wenigsten Menschen hier wollen in einem ausländerfeindlichen, nationalistischen Staat leben. Wer aber Demokratie will – der muss auch für sie einstehen. Nicht nur auf einer Demo an einem Sonntag – sondern überall und jeden Tag.


Mehr zur Demo gegen Rechtsextremismus


Nach Correctiv-Enthüllungen
Mehrere tausend Menschen bei Saarbrücker Demo gegen Rechtsextremismus
In Saarbrücken sind am Sonntagnachmittag laut Polizei circa 5.000 Menschen zu einer Demonstration für "Vielfalt und gegen Faschismus" zusammengekommen. Anlass waren die Enthüllungen des Recherche-Netzwerks „Correctiv“ über ein Treffen bei dem AfD-Mitglieder mit Rechtsextremen Pläne geschmiedet haben sollen, um Menschen mit Migrationshintergrund zu vertreiben.

Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 15.01.2024 auf SR 3 Saarlandwelle

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