Funktioniert gemeinwohlorientiertes Wirtschaften?

Wie gemeinwohlorientiert kann die Wirtschaft werden?

Moderation: Michael Friemel/ Onlinefassung: Rebecca Lambert   21.09.2023 | 08:14 Uhr

Die Wirtschaft schrumpft. Und alle sind sich einig: Sie soll auch wieder angekurbelt werden. Dabei soll sie auch immer nachhaltiger werden. Aber ist das möglich - eine Wirtschaft, die sich am Gemeinwohl orientiert und nicht nur am Profit? Professor Ulrich Brand von der Universität in Wien ist der Ansicht, dass ein Umdenken auch in der Wirtschaft notwendig sei.

Ulrich Brand ist Professor für Internationale Politik an der Universität Wien. Seiner Ansicht nach gehe es in der Wirtschaft nicht ausschließlich um Profit. Es gebe verschiedene Sektoren in einer kapitalistischen Wirtschaft.

Aber weite Teile der Wirtschaft müssten gewinnorientiert arbeiten. Denn Unternehmen müssten erst einmal den Anteilseignern, den Aktionären und Kreditgebern gehorchen, sagt er. Das bedeute, dass sie Gewinne machen müssten. Schließlich wollten die Manager Boni.

Verschiedene Sektoren

Auch wenn die Wirtschaft weitgehend in dieser Art organisiert sei, habe es immer alternative Sektoren gegeben. Und die gebe es auch immer noch, sagt Brand. Es gebe in Deutschland einen starken öffentlichen Sektor, der nicht profitorientiert sei. Außerdem existiere ein genossenschaftlicher Sektor, in dem es gar keine Gewinne geben solle.

Nicht alle setzen auf Profit

Problematisch sei aber, dass die großen Unternehmen - beispielsweise die Autoindustrie, die Chemieindustrie und der Maschinenbau - Politik und Wirtschaftspolitik bestimmten.Trotzdem seien viele kleinere und mittlere Unternehmen nicht so stark auf Profit ausgerichtet. Deren Ziel sei vor allem, gute Dienstleistungen bereit zu stellen, sagt Brand.

Förderungskonzepte

Die Bundesregierung möchte in Zukunft Unternehmen fördern, die mehr auf das Gemeinwohl orientiert sind. Diese Förderung findet Brand richtig und wichtig. Das bedeute, dass die Bundesregierung in ihrer Wirtschaftspolitik stärker darauf achten müsse, den Zugang zu Krediten, zu Eigentumsübertragung und zur Bestimmung von Gemeinnützigkeit zu fördern, sagt er.

"Dann geht's ans Eingemachte"

Das Problem an diesem Vorhaben werde wahrscheinlich die Größe sein. Denn wenn man eine andere, nachhaltigere Wirtschaft wolle, könne man bestimmte Produkte so nicht mehr herstellen. "Dann geht's ans Eingemachte", sagt Brand. Schließlich würden dann auch die Interessen der großen Konzerne wieder auf den Plan treten. Und da müsse die Regierung sich auch mehr rantrauen. Es reiche nicht, einen gemeinnützigen Sektor aufzubauen, man müsse auch die starken und zerstörerischen Sektoren genauer in den Blick nehmen.

Wachstum und Wohlstand anders denken

Doch bedeutet das nicht weniger Wirtschaftswachstum? Der Politikwissenschaftler sieht hier kein Problem: Denn weniger Wachstum bedeute nicht automatisch weniger Wohlstand. Viel mehr bedürfe es eines anderen Wohlstandes.

Man brauche einen Wohlstand, der auf Nachhaltigkeit und der Schonung von Ressourcen aufbaue, sagt Brand. Das bedeute unter anderem: regionale Produktion, die Herstellung langlebigerer Waren sowie einen guten öffentlichen Verkehr mit kurzen Wegen und viel weniger Autos.

Letztlich müssten so einige Sektoren rückgebaut werden. Und hier sei es die Aufgabe der Politik, dass dies nicht auf dem Rücken der Beschäftigen geschehe, fordert Prof. Brand.


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