Teilnehmer einer Demonstartion protestieren gegen Rechts (Foto: picture alliance/dpa | Swen Pförtner)

Politikwissenschaftler Lucke zu den Demos gegen Rechts

Interview: Michael Friemel/Onlinefassung: Dagmar Scherer   22.01.2024 | 09:09 Uhr

Nach den Enthüllungen des Netzwerks Correctiv gehen in ganz Deutschland Hunderttausende gegen Rechts auf die Straße. Die Bevölkerung sei endlich aufgewacht, sagt der Politikwissenschaftler Lucke. Doch Demonstrationen allein könnten nur der Anfang sein. Es müsse von den Parteien der Mitte eine bessere Politik gemacht werden und die Menschen müssten sich deutlich mehr in diesen Parteien engagieren.

In ganz Deutschland haben am 21. Januar hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus und die AfD demonstriert. Auslöser war vor allem die Enthüllung des Netzwerks Correctiv über eine geheime Konferenz von Rechten, bei der es auch darum ging, wie man Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland vertreiben könnte.

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Interview mit dem Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke
Audio [SR 3, (c) SR 3, 22.01.2024, Länge: 04:04 Min.]
Interview mit dem Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke

Ein breites Spektrum

Das Spektrum der Menschen, die aktuell gegen Rechtsextremismus auf die Straße gingen, sei ungemein breit und vor allem auch generationenübergreifend, sagt Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler und Redakteur bei "Blätter für deutsche und internationale Politik". Dazu gehörten die Menschen, die Angst davor hätten, dass sie selbst betroffen sein könnten von dem, was Correctiv enthüllt habe: Die Forderung der Rechtsradikalen "der Deportation von Deutschen mit migrantischem Hintergrund." Zu den Demonstranten gehörten aber auch diejenigen, die Angst hätten, "dass ihre Nachbarn davon betroffen sein könnten." Ein so breites Spektrum bei Demonstrationen habe es in Deutschland seit vielen, vielen Jahren nicht mehr gegeben.

Es geht darum, Ressentiments und Hass zu bekämpfen

Lucke warnt aber davor, den Fokus bei den Demonstrationen auf den Hass gegen die AfD zu legen. "Es geht ja gerade darum, Ressentiments und Hass zu bekämpfen", sagt der Politikwissenschaftler. Hass-Slogans gegen die AfD hält er deshalb für falsch. Sie seien auch ein stückweit eine Infantilisierung des Protestes. Viel wichtiger sei die Frage: "Was setzen wir dieser antidemokratischen Strömung entgegen?"

Eine klare Aufforderung an die Politik

Es gebe zurzeit in Deutschland die Paradoxie, dass zum einen zwei Drittel der Bevölkerung klar gegen die AfD seien, aber gleichzeitig drei Viertel der Menschen auch gegen die Politik der Regierung, sagt Lucke. Seiner Auffassung ergebe sich daraus die Aufforderung an die Regierung und die demokratische Mitte, eine bessere Politik zu machen.

Welche Wirkung können solche Demonstrationen haben?

Lucke ist der Auffassung, dass jetzt "endlich große Teile der Bevölkerung aufgewacht sind." Es ist ja schon lange bekannt, dass es rechtsradikale Verbindungen der AfD nach draußen und auch erhebliche rechtsradikale Teile in der AfD gibt. Entscheidend sei nun, wie dieses Aufwachen der Bevölkerung kanalisiert werde. Demonstrationen seien das eine, eine gute Politik in den Parteien der Mitte das andere. "Meines Erachtens ist es zwingend erforderlich, dass sich mehr Menschen wieder in den Parteien engagieren, damit wir stärkere, bessere Volksparteien gegen die AfD haben", so Lucke. Das würde die AfD schwächen.


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Ein Thema in "Guten Morgen" am 22.01.2024 auf SR 3 Saarlandwelle

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