"Das Bildnis des Dorian Gray" in der Alten Feuerwache
Die Suche nach perfekter Schönheit und ewiger Jugend – das ist keine Erfindung des digitalen Zeitalters mit Instagram und Tiktok. Die Sehnsucht nach dem perfekten Bild beschäftigte schon den britischen Schriftsteller Oskar Wilde Ende des 19. Jahrhunderts in seinem einzigen Roman "Das Bildnis des Dorian Gray". Ein junger schöner Mann, der die adelige, genusssüchtige viktorianische Gesellschaft verzaubert und zu einer Art Monster wird. Das saarländische Staatstheater hat den Roman nun auf die Bühne gebracht. Eine Premierenkritik von Barbara Grech.
Was muss er schön gewesen sein, dieser Dorian Gray. Eine Art filigraner Adonis mit perfekten jugendlichen Gesichtszügen. In der Saarbrücker Inszenierung muss man sich das erstmal dazu phantasieren. Denn tatsächlich steht dort eine Schauspielerin, Mira Fajfer, auf der Bühne und mimt den Dorian Gray, der sich im Laufe des Abends von einer Art Pumuckl zu einem egozentrischen Andy Warhol entwickelt – inklusive zauseliger Silberhaarperücke.
Die Geschichte des Dorian Gray, die Oscar Wilde geschrieben hat und damals im prüden viktorianischen Zeitalter für einen deftigen Skandal gesorgt hat, ist aktuell wie nie. In Zeiten der Bilderflut im Netz, in der Bilder wichtiger sind als Worte. Das perfekte Image als Lebensinhalt. Die innere Leere füllen mit Genuss-Reizen von außen.
Worum es geht
Dorian Gray wird in dieser Geschichte von einem ihn anhimmelnden Maler portraitiert, weil er eben so schön ist. Gray aber hat Angst vor dem Verlust seiner Jugend, dem Altern. Irgendwie schafft es Dorian Gray, dass das Gemälde von ihm statt seiner selbst altert.
Er bleibt jung und das Bild altert, wird zur bösen Fratze, zum Spiegel der Abgründe seiner Seele. Er schlendert ohne Rücksicht auf Verluste durch's Leben und zahlreiche Leichen pflastern seinen Weg. Menschen, die er ins Unglück getrieben hat, mit seinem Egoismus und Hedonismus, den er als Lebensphilosphie seinen Anhängern predigt. Eben als eine Art Andy Warhol in der Silver Factory.
Schöne Momente, trotz fehlendem Aktualitätsbezug
Regisseur Alexander Nerlich legt diesen Theaterabend als quälendes Psychogramm an, in dem Dorian Gray mit seinen Opfern, seinen Schatten und seinem schlechten Gewissen kämpft. Dabei geht die Relevanz und Zeitlosigkeit dieses Textes leider verloren. Vor lauter freudscher Psychoanalyse treten die Brisanz und Aktualität des Textes von Oscar Wilde in den Hintergrund und das ist schade, ja eine vertane Chance.
Dennoch gibt es schöne Momente, wenn beispielsweise Theater im Theater in Form einer Shakespear-Aufführung im Stück auftauchen und Raimund Widra als hedonistischer Lord Henry und Bernd Geiling als alternder Maler Basil dem Text und der Botschaft von Oscar Wilde authentisches Leben einhauchen. Ein bisschen mehr davon hätte diesem Theaterabend gut getan.
Ein Thema in der Sendung "Region am Mittag" am 18.11.2023 auf SR 3 Saarlandwelle.