Über den Dächern
Über den Wolken – so singt Reinhard Mey – muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen, bleiben darunter verborgen. Man muss dazu gar nicht ins Flugzeug.
Und man muss auch gar nicht ganz so weit nach oben. Ein Hausdach kann reichen. Das hab ich letzte Woche gelernt.
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Da hat mich Schornsteinfeger Uwe Meyer für eine Fernsehaufzeichnung mit auf die Dächer in der Saarbrücker City genommen. Schon im Vorfeld hatte er mir von diesem für ihn noch immer schönsten Moment des Tages vorgeschwärmt, weil die Welt von oben eine ganz andere sei.
Und was soll ich sagen: Es hat keine drei Minuten gedauert, bis ich genau verstand, was er damit meinte. Wir waren auf dem Dach der Kaffeebohne in der Bahnhofstraße. Und es war: still!
Unter uns sahen wir die Massen durch die Fußgängerzone laufen. Aber wir hörten sie nicht. Also kaum. Es war, als hätte sich eine schalldämpfende Wolldecke über alles, über alle Ängste, alle Sorgen gelegt. Dazu der weite Blick, und die Arbeit auf dem Dach. Für Uwe eine eigene Welt.
Und nicht genug, dass der Mann auf dem Dach einen Traumberuf hat. Als wir wieder unten waren gab's die nächste Überraschung. Ich dachte ja immer, dass ich schon häufig angesprochen werde, in der Bahnhofstraße, aber neben dem Schornsteinfeger bin ich nicht nur farblich verblasst. Es war so, als existierte ich nicht.
Wir liefen nebeneinander durch die Stadt, und jeder Zweite, der uns ansprach, wollte ihn berühren, ein Foto mit ihm.
Was jetzt amüsant klingt, hatte zudem noch eine sehr anrührende Note, denn es kam mehr als nur eine Person, die händeringend Glück brauchten, und das auch ansprachen.
Uwe erzählte mir daraufhin, dass das Alltag sei. Menschen, die ihn um Glück baten, die auf Genesung hofften, die wirklich große Stücke auf ihn setzten. Für jeden hatte er einen kleinen Glücksbringer in der Tasche. Glück „für in den Geldbeutel“ wie er sagte.
Und wissen Sie was: Er sah dabei sehr glücklich aus.
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Michael Friemels "Friemeleien"
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