Tour de Kultur 2023: Das Château de Morey im unbekannten Lothringen

Wo Amerikaner sich fühlen wie Rittersmann und Burgfräulein

Das Château de Morey im unbekannten Lothringen

Lisa Huth   24.07.2023 | 06:00 Uhr

Es war einmal ein Schloss. Das begann ganz bescheiden, vermutlich als Gutshof des Templerordens in Lothringen im 12. Jahrhundert. In der dortigen Kirche ist heute noch ein romanischer Jochbogen erhalten, den die Tradition den Templern zuschreibt. Warum der Gutshof noch im selben Jahrhundert zu einer Ruine verfiel, ist unbekannt. Der Sire von Morey, Jean de Toulon, errichtete auf den dortigen Ruinen jedenfalls eine Burg, die seine Nachfahren, die Herren Joly de Morey, mit weiteren Gebäudeflügen und Türmen immer schöner und noch sicherer machten.

So sah es dann im 16. Jahrhundert ein bisschen wie ein Märchenschloss aus und wäre genauso auch heute noch von weither zu sehen, ja, wäre es nicht im Schicksalsjahr 1985 fast vollkommen niedergebrannt. Die Herren von Morey lebten schon seit den 20er Jahren nicht mehr dort. Das Schloss hatte seitdem eine Reihe von Besitzern gesehen, und der aus dem Jahr 1985 sah keine Veranlassung, das Schloss wieder aufzubauen. Er hatte keine Nachfahren – für wen hätte er das viele Geld ausgeben sollen? Darum verfiel das Schloss über acht Jahre hinweg und wurde von Bewohnern der umliegenden Dörfer zum Teil als Steinbruch genutzt.

Johann Karst rettet die Ruine

Das Chateau de Mory in Lothringen (Foto: SR/Lisa Huth)
Der Turm des Château de Mory

Als der Besitzer es einebnen wollte, kam ein junger Mann, Johann Karst, aus dem 120-Seelen-Dorf direkt unterhalb des Schlosses. Er war mit dem Schloss aufgewachsen und sagte: „Ich will es wieder aufbauen.“ Sprach’s und machte sich ans Werk. Mit seinem Vater, einem Handwerker, und seiner Frau Aurélie setzte er wieder Stein auf Stein, hämmerte, klopfte, errichtete Balken, die Türme, die Dächer. Über 30 lange Jahre lang.

Das Schloss heute

Das Chateau de Mory in Lothringen (Foto: SR/Lisa Huth)
Schlafzimmer im renovierten Schloss

Heute erstrahlt das Schloss auf seinen 305 Metern Höhe wieder im alten Glanz. Sogar noch schöner. Fünf Zimmer gibt es dort, in denen die Gäste sich fühlen können wie einst die vorbeikommenden Ritter auf der Suche nach einer Unterkunft.

Die Mauern sind naturbelassen, im Turmzimmer gibt es ein Himmelbett, alle Zimmer sind großzügig angelegt und haben einen sensationellen Panorama-Blick über das Tal der Natagne. Bei schönem Wetter ist sogar der Turm der Kathedrale von Metz zu sehen. Dabei liegt das Château de Morey deutlich näher an Nancy im Département Meurthe-et-Moselle.

Mitten im Nirgendwo in Lothringen

Das Chateau de Mory in Lothringen (Foto: SR/Lisa Huth)
Das Chateau de Mory in Lothringen

Wenn Sie jetzt sagen „Wo ist dieses Schloss? Da will ich hin!“, werden Sie feststellen: Es liegt in einem Teil Lothringens, in dem die wenigsten Saarländerinnen und Saarländer bislang gewesen sind. Sie kennen den Spruch: Ich wollt, Du wärst in Pontamussong?

Das hört sich nach sehr weit weg an, Pont-à-Mousson liegt aber rechts neben der Autobahn, wenn man von Metz nach Nancy fährt. Immerhin ist diese Stadt bekannt. Links von der Autobahn liegen nur kleine Dörfer und viel, viel hügeliges Land. Da mittendrin befindet sich das Schloss de Morey. Man könnte also sagen, mitten im Nirgendwo.

Wenn Amerikaner sich wie Ritter und Burgfräulein fühlen

Das Chateau de Mory in Lothringen (Foto: SR/Lisa Huth)
Spieleraum mit Billiardtisch

Und ausgerechnet amerikanische Touristen finden den Weg hierher, erzählt das Ehepaar Karst. Die Amerikaner ziehen das Château de Morey Paris, Brüssel oder Berlin vor, machen Ausflüge nach Metz, Nancy und ins Dreiländereck und können sich in den Turmzimmern fühlen wie einst die Ritter und ihre Rittersfrauen.

Vielleicht zieht sie aber auch das Schwimmbad in der Parkanlage an oder der Nebenflügel mit Whirlpool und die Möglichkeit, auch noch ein bisschen Kraftsport zu treiben – oder einfach alles zusammen. Einen der Räume, der keinen Panoramablick bietet, haben Aurélia und Johann Karst zum Spieleraum ausgebaut. Unter anderem sind da gepflegte Billiardabende möglich.

Auch Hochzeit feiern möglich

Vor allem im Sommer finden hier auch Hochzeiten statt. Dafür wurde ein großer Saal ausgestattet. Und ein kleinerer lädt mit mittelalterlichen Tanzmalereien in lothringischen Trachten zum Tanzen ein. Zwar kochen die Karsts für ihre Gäste abends auf Wunsch, für die Gesellschaften gibt es aber ein Catering. Die Caterer können dann alles in der Küche vorbereiten.

Deren riesiger Ofen bezeugt: Das ist der einzige Raum, der den Brand überlebt hat. Professionelle Küche für viele Gäste ist dort aber nicht möglich. Hier wird nur noch das Frühstück vorbereitet. Der Hingucker im Frühstückszimmer: Statt einer Wand trennen Fensterscheiben im Art-Déco-Stil von Nancy den Raum vom Flur ab.

Guter Service ist das A und O

Das Chateau de Mory in Lothringen (Foto: SR/Lisa Huth)
Außenanlage des Château de Mory

Wie gesagt, das Château de Morey liegt zwar auf einer Anhöhe, ansonsten aber auf dem platten Land. Viele Einkaufs- oder Einkehrmöglichkeiten gibt es nicht. Wer tagsüber was essen möchte, kann ins acht Kilometer entfernte Nomeny fahren, dort gibt es bodenständige französische Küche, gar nicht mal teuer.

Und wer abends ein bisschen feiner essen gehen will, für den bieten die Karsts einen Fahrdienst an, damit die Gäste auch ein Gläschen oder zwei trinken können. Service wird beim Ehepaar Karst groß geschrieben, was Wunder bei einem Schloss, das sie eigenhändig und mit viel Liebe zum Detail wieder aufgebaut haben.


Auf einen Blick


Kontakt
Johann und Aurélie Karst
F-54610 Morey / Belleau
Tel.: (00333) 83 31 50 98
E-Mail: chateaudemorey@outlook.fr
www.chateaudemorey.fr/de/castle

Öffnungszeiten
Ganzjährig, ist ja ein kleines Hotel.

Preise
Die Übernachtung mit Frühstück kostet zwischen 130,- und 160,- € pro Nacht.


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Ein Thema in der "Region am Mittag" am 05.08.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

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