Tour de Kultur 2023: Das Château de Fléville

Höfisches Treiben vor den Toren Nancys

Das Château de Fléville

Kerstin Gallmeyer   24.07.2023 | 06:00 Uhr

Französische Schlösser können riesig sein und prunkvoll – wie das Schloss von Versailles oder das Château de Chambord. Doch es gibt auch kleine, feine Schlösschen in der Nachbarschaft zum Saarland. Zum Beispiel das Château de Fléville bei Nancy. Hier taucht man ins höfische Leben bis zurück ins 16. Jahrhundert ein. Und es ist sogar heute noch bewohnt.

Nach Stanilas, dem früheren König von Polen und Herzog von Lothringen, ist in der französischen Stadt Nancy ein Platz benannt. Im Schloss von Fléville – nur zwölf Kilometer davon entfernt, ist es ein Schlafzimmer, das seinen Namen trägt. Genau hier hat König Stanislas genächtigt und zwar im Juli 1758. Aber, er war nicht der einzige prominente Gast in diesem kleinen Renaissance-Château.

Die Dame von jenseits des Ärmelkanals, die das Anwesen ebenfalls beehrt hat, war niemand anderes als Queen Mum. Das war im Jahr 1979. Damals war sie auf diplomatischer Reise in Lothringen und besuchte auch das Château. Ein Foto davon steht als Beweis im so genannten Romantischen Zimmer des Schlosses – genauso wie einige andere Fotos und Porträts der Familie de Lambel, ihrer Vorfahren und Freunde. Seit über 200 Jahren ist das Schloss in der Hand der Familie de Lambel. Und das Besondere: Sie wohnen noch immer darin.

Wurzeln bis ins 14. Jahrhundert

Château de Fléville vor den Toren Nancys  (Foto: SR/Kerstin Gallmeyer)
Die Frontseite des Schlosses

Der Vorgänger des aktuellen Schlosses wurde im 14. Jahrhundert gebaut – da­von ist aber nur noch der Wachturm übrig. 1533 ließ ein gewisser Nicolas von Lutzelbourg das heutige Schloss errichten. „Er ließ sich während der italienischen Kriege vom Renaissance-Stil inspirieren“, erzählt Nina Toletti. Die Masterstudentin gibt im Schloss de Fléville Führungen. „Die Frontseite des Schlosses zeichnet sich durch den 35 Meter langen Balkon typisch für die Renaissance aus. Man kann so von einem Flügel zum anderen gehen, ohne von den Menschen, die drinnen sind, gesehen zu werden.“

Führungen durch das eigene Wohnzimmer

Château de Fléville vor den Toren Nancys  (Foto: Château de Fléville)
Das Raucherzimmer der Familie de Lambel, auch Herrenzimmer genannt

Mit Nina Toletti zusammen erkundet man erst den linken Schlossflügel im Erdgeschoss. Das erste Zimmer ist gleich ein spezielles, das Rauchzimmer oder Herrenzimmer mit einem gigantischen kristallenen Kronleuchter. Auf einem kleinen antiken Tisch liegt eine nicht zu Ende gespielte Partie Karten. Ein im Gegensatz zu all den anderen Möbeln doch recht neu wirkendes Sofa steht in Richtung Renaissance-Kamin gewandt: „Es ist ein Salon, den die Familie de Lambel immer noch nutzt“, erklärt Nina Toletti. Die Familie sitzt allerdings nicht drin, während die Führung durchläuft.

Vorbei geht es am Billard-Zimmer mit einem Spieltisch ohne Löcher – die französische Art Billard zu spielen. Die Holzwände stammen noch aus dem 16. Jahrhundert. Die Kassettendecke dagegen aus dem 19. Jahrhundert – die rote und blaue Farbe, die sie trägt, soll an Familie Lutzelbourg-Fléville erinnern: Es sind ihre Familienfarben. In der Zwischenetage – auch das ist besonders – ist eine kleine Kapelle integriert. Gewidmet ist sie dem Heiligen Jakobus, dem Älteren – liegt das Schloss von Fléville doch auf dem Weg nach Santiago de Compostella. Und weil, so zumindest eine Erklärung, sich Compostella vom lateinischen „Campus Stellae“ – „Sternenfeld“ ableitet, hat jemand an die Decke der Kapelle einen wunderschönen Sternenhimmel gemalt.

Von Badezimmern und kleinen Betten

Château de Fléville vor den Toren Nancys  (Foto: Château de Fléville)
Ein Schlafzimmer im Château de Fléville

Es folgen weitere Räume, die das frühere Leben am Hofe erahnen lassen. Es gab bereits erste Badezimmer, die direkt an das Schlafzimmer angeschlossen waren. Ein Fortschritt für Komfort und Hygiene. Aber weniger komfortabel: erstaunlich kleine Betten. Natürlich gibt’s dafür eine Erklärung: „Weil es für die Menschen nach ihren großzügigen und fettigen Mahlzeiten angenehmer war, halb liegend, halb sitzend zu schlafen“, so Nina Toletti.

Die großzügigen Mahlzeiten sind übrigens auch im Raum mit dem Namen „Davids Zimmer“ zu betrachten. Es sind zum Glück nur nachgestellte, aber dennoch ziemlich echt und recht bizarr aussehende Hauptgänge eines Festmahls aus dem 15. Jahrhundert. Dem gebratenen Hahn hat man beispielsweise damals seine ausgerissenen Federn, nachdem er aus dem Ofen kam, wieder angesteckt und ihn obendrauf noch mit Ritterhelm und Lanze verziert.

Grüne Auszeit im Schlosspark

Château de Fléville vor den Toren Nancys  (Foto: SR/Kerstin Gallmeyer)
Eine blühende Wiese im Schlosspark

Statt sich nach der feudalen Speisung in ein zu kurz geratenes Bett zu setzen, hätten die Bewohner eigentlich auch einfach einen Verdauungsspaziergang durch den Schlosspark machen können. Der wirkt schon während der Führung durch die großen Schlossfenster betrachtet äußerst idyllisch. Und tatsächlich: Mit seinen hohen Laubbäumen, den weitläufigen Wiesen und einladenden Parkbänken ist ein Spaziergang durch den Park auch für die heutigen Gäste der perfekte Abschluss eines Nachmittags auf dem Château de Fléville.

Ob König Stanislas – der vom Anfang dieses Textes – hier auch lustwandelte, wurde während der Führung nicht thematisiert. Dafür erfährt man etwas anderes: Stanislas starb im Jahr 1766 an seinen Brandwunden, nachdem er Tage zuvor in seinem Schloss in Lunéville in seinen Kamin gefallen war. Mit seinem Besuch auf dem Schloss von Fléville acht Jahre früher hatte das allerdings nichts zu tun.


Auf einen Blick


Kontakt
Château de Fléville
5, rue du Château
F-54710 Fléville-devant-Nancy
Tel.: (00333) 83 25 64 71
www.chateaudefleville.com

Öffnungszeiten
Mai und Juni: an Wochenenden und an Feiertagen 14.00 – 19.00 Uhr,
Juli und Aug.: Di. – So. 14.00 – 19.00 Uhr
Sept. und Okt.: am Wochenende 14.00 – 19.00 Uhr.

Eintritt
Erwachsene: 9,50 €, Kinder (6 – 14 Jahre): 7,- €, für Kinder unter 6 Jahren ist der Eintritt frei, Studierende: 8,- €, Menschen mit Behinderungen: 6,- €, Park, Garten, Nebengebäude, Chocolaterie: 6,- €.

Führungen
Im Schloss von Fléville sind 17 Räume für die Besucherinnen und Besucher geöffnet.
Kostenlose Führungen drei Mal pro Nachmittag: 14.30 Uhr, 16 Uhr, 17.30 Uhr.
Dauer: 45 bis 60 Minuten.

Die Führungen sind auf französisch. Es gibt aber einen Handzettel auf deutsch mit den wesentlichen Informationen über das Schloss und seine Räume. Reservierungen sind nicht notwendig. Gruppenbesichtigungen sind ab Juli nach Anmeldung über die Webseite möglich.

Der Park kann ohne Führung besichtigt werden.

Für Kinder stehen Prinzessinen- und Ritterkostüme zur Verfügung, die gratis ausgeliehen werden können.


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Ein Thema in der "Region am Mittag" am 09.08.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

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