Tour de Kultur 2023: Deutsch-französischer Grenzfall

Deutsch-französischer Grenzfall

Museum für Stadtgeschichte in Landau

Karin Mayer   24.07.2023 | 06:00 Uhr

Was es heißt, an der Grenze zu leben, das wissen viele Menschen in der Großregion. Über die Jahrhunderte hat sich die Grenze mal nach Osten und mal nach Westen verschoben, und die Menschen waren mal deutsch, mal französisch. Es mag überraschen, aber die Stadt Landau in der Pfalz hat damit jahrhundertelange Erfahrung.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt unter den Schutz Frankreichs gestellt und dann Frankreich zugesprochen. Also kam 1697 der französische Festungsbaumeister Sébastien Le Prestre de Vauban nach Landau und tat, was er immer tat: Er baute eine Festung. 14.000 Bauarbeiter kamen in die Region und stellten Stadtmauern und Außenwehre, erbauten ein Schleusensystem, mit dem die Umgebung geflutet werden konnte. Wasserverteidigung nannte man das, und in die Stadt zog eine Garnison ein.

Leben in der Festung

Museum für Stadtgeschichte in Landau (Foto: SR/Karin Mayer, Heinz Tertilt)
Karte der Landauer Festung

Die Festung hat die Stadtgeschichte geprägt und sie grenzte die Stadt ein. Wer aus der Stadt herauswollte, brauchte Papiere. Es wurde französisch und pfälzisch gesprochen, es war eng in der Stadt und die Hälfte der Bewohner waren Soldaten. Im Stadtbild von Landau sind nur noch wenige Bauwerke der ehemaligen Festung sichtbar.

Modell im Museum für Stadtgeschichte

Davon kann man sich im Museum für Stadtgeschichte in Landau  ein gutes Bild machen. Hier beherbergt ein Modell der achteckigen Festung mit ihren bastionierten Türmen. Per Knopfdruck kann man an einem Bildschirm weitere Informationen zur Festung abrufen. Über die Beleuchtung des Modells erfährt man, welche Bereiche bei Angriffen geflutet wurden. Auch der Außenbereich der Festung, das Fort ist auf einer Anhöhe dargestellt.

Dieses Festungsmodell ist das Hauptexponat der Ausstellung und zeigt die Festung im Originalzustand im Jahr 1740. Das Modell stand ursprünglich im Invalidendom in Paris, wie alle Festungsmodelle von Vauban. „Die Stadt Landau hat es erworben und restauriert“, erklärt Christine Kohl-Langer vom Museum für Stadtgeschichte in Landau.

Museum für Stadtgeschichte in Landau (Foto: SR/Karin Mayer, Heinz Tertilt)
Schlüssel für die Stadttore der alten Festung in Landau

Das Modell zeigt auch: Die Festung konnte man nur durch zwei Stadttore verlassen. Das Deutsche und das Französische Tor wurden bewacht und abgeschlossen. Die Schlüssel dazu – schätzungsweise 25 Zentimeter lang – liegen im Museum für Stadtgeschichte.

Wenn aus Silberbesteck Geld wird

Als die französische Garnison nach Landau kam, erhofften sich die Menschen dadurch wirtschaftliche Vorteile. Die Soldaten mussten versorgt und verköstigt werden, damit hätte man Geld verdienen können. Schnell wurde aber klar: die Sache hatte einen Haken. Vier Mal wurde die Festung belagert, in der Stadt war es eng, die Lebensmittelversorgung während der Belagerung schwierig.

Museum für Stadtgeschichte in Landau (Foto: SR/Karin Mayer, Heinz Tertilt)
Geprägtes Notgeld aus Silber

„Relativ schnell war die Landauer Bevölkerung ernüchtert“, sagt Christine Kohl-Langer. Frische Lebensmittel wie Milch oder Eier waren während der Belagerung mehr als teuer. Die Menschen waren bereit, dafür ihr Silber-Geschirr in Stücke zu schneiden und als Geld zu benutzen. Dafür wurde der Wert des Silberstücks eingeprägt. Solches Notgeld und auch Kanonenkugeln aus der Zeit der Belagerung kann man im Museum für Stadtgeschichte entdecken.

Von Französisch zu Bayrisch

Im 18. Jahrhundert blieb Landau eine französische Stadt. Die Französische Revolution 1789 brachte den Bürgerinnen und Bürgern den Code Civil, also Bürgerrechte. Ein Kartenspiel mit Revolutionsmotiven und ein Revolutionskalender zum Mitnehmen zeugen davon, dass der revolutionäre Gedanke die Landauerinnen und Landauer geprägt hat. Aus der Königstraße wurde die Rue de la République und der Marktplatz hieß Place de l‘Égalité.

Museum für Stadtgeschichte in Landau (Foto: SR/Karin Mayer, Heinz Tertilt)
Bayerische Uniformen im Museum für Stadtgeschichte in Landau

Da kam es gar nicht gelegen, dass der Wiener Kongress 1815 aus Landau eine bayerische Stadt machte. Blaue Uniformen aus der bayerischen Zeit werden im Museum ausgestellt. Ebenso ein Brief des Stadtkommandanten an den Kaiser, der sich darüber beklagt, dass die Landauer offenbar gerne Franzosen geblieben wären.

„Immerhin galt der Code Civil in Landau weiterhin“, erklärt Christine Kohl-Langer vom Museum für Stadtgeschichte. „Das hat den Boden für das Hambacher Fest 1832 bereitet.“ Früher als andere sind die Pfälzer für Pressefreiheit und Volkssouveränität auf die Straße gegangen.

Das Ende der Festung

Nach dem Krieg 1870/71 wurde die Festung Landau geschleift. Heißt: die Mauern abgerissen und die Stadt erweitert. Landau blieb aber Garnisonsstadt, allerdings zogen die Militärs ins Umland der Stadt, berichtet Christine Kohl-Langer. Bis 1999 waren französische Soldaten in Landau.

Ehemalige in Landau stationierte Soldaten gehören heute zu den Besuchern in der Stadt und im Museum. Das kleine Museum befindet sich im Dachgeschoss des Stadtarchivs. Hier bekommt man einen schnellen Überblick über die Stadtgeschichte und es ist eine gute Ergänzung, wenn man anschließend den Festungsweg Route Vauban besuchen will. Dieser Weg führt durch die Altstadt von Landau zu den Überresten der Festung.


Auf einen Blick


Kontakt
Museum für Stadtgeschichte
Maximilianstraße 7
76829 Landau
Tel.: (06341) 13-42 02
E-Mail: archiv-und-museum@landau.de

Öffnungszeiten
Mo. – Mi. 8.30 – 12.00 Uhr und 14.00 – 16.00 Uhr, Do. 8.30 – 18.00 Uhr, Fr. und an Feiertagen geschlossen.
(Bitte beachten Sie auch etwaige Schließtage bzw. Feiertagsregelungen der Stadtverwaltung Landau.)

Wochenendöffnungszeiten
1. und 3. So. im Monat: 11.00 – 17.00 Uhr (außer am Feiertag). 

Eintritt
Erwachsene: 3,- €, Erwachsene ermäßigt: 2,- € (Studierende, Personen im frei­willigen Wehrdienst (FWD), Bundesfreiwilligendienst (BFD), freiwilligen sozialen Jahr (FSJ) und freiwilligen ökologischen Jahr (FÖJ), Schwerbeschädigte, Menschen mit Behinderungen; jeweils mit entsprechendem Nachweis), Kinder und Jugendliche von 6 bis 17 Jahren: 2,- €

Gruppentarife
Familientarif 1:
Eine erwachsene Person mit bis zu zwei Kindern von 6 bis 14 Jahren: 4,- €, jedes weitere Kind: 1,- €

Familientarif 2:
Zwei Erwachsene mit bis zu zwei Kindern von 6 bis 14 Jahren: 8,- €, jedes weitere Kind: 1,- €

Schulklassen, pro Schüler: 1,- €,

Gruppen ab 10 Personen: pro Person 2,- €

Extra-Tipp
Auf der Strecke lohnt sich auch ein Besuch des Frank-Löbschen-Hauses, das die Geschichte der Juden in Landau darstellt, nachzulesen in der Tour de Kultur 2019.

Die Route Vauban wurde auch in der Tour de Kultur 2020 vorgestellt.


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Ein Thema in der "Region am Mittag" am 31.07.2023 auf SR 3 Saarlandwelle.

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