Ludwig van Beethoven: Klaviertrio B-Dur - "Gassenhauer"

Ludwig van Beethoven: Klaviertrio B-Dur "Gassenhauer"

 

Bei manchem Werk Ludwig van Beethovens mag man sich kaum entscheiden, welcher seiner Sätze wohl am prägendsten für das Gesamtergebnis ist. So ist es auch beim sogenannten Gassenhauer-Trio. Julika Jahnke hat mit dem Cellisten Maximilian Hornung über das Werk gesprochen.

Sendung: Samstag 02.03.2024 10.20 Uhr

"Ich muss sagen, dass das Stück sehr frisch ist, sehr lebendig, doch auch sehr viel Humor hat", sagt Maximilian Hornung. "Man muss sich da musikalisch nicht groß verstellen oder nicht groß in irgendwelche Schranken weisen, sondern es ist wirklich - wie der Titel schon sagt - ein Gassenhauer. Man kann es so vor sich hin pfeifen und trällern und es ist wirklich eine sehr zugängliche Musik, die sich auch dementsprechend leicht ausdrücken lässt."

"Mehr natürlich als gesucht"

Eigentlich lag es am dritten Satz dieses Trios, dass es den Beinamen "Gassenhauer" bekommen hat. Denn in dem hat Beethoven aus einer damals populären Opernmelodie neun Variationen gemacht, nach guter alter Hausmusiktradition. Aber auch die anderen beiden Sätze des Trios atmen eine sehr beschwingte, wohlgelaunte Stimmung.

Es ist Beethovens viertes Klaviertrio. Die drei, die er zuvor komponiert hatte, sind vergleichsweise anspruchsvoller und tiefschürfender geraten. Und hier nun, mit diesem Trio, lässt er einer ungezwungenen Fröhlichkeit freien Lauf. Als es 1798 veröffentlicht wurde, in Beethovens ersten Wiener Jahren, äußerte sich bald darauf die Allgemeine Musikalische Zeitung durchaus beifällig: "Dieses Trio, das stellenweise nicht leicht, aber doch fließender als manche andere Sachen vom Verfasser ist, macht auf dem Fortepiano mit der Klavierbegleitung ein recht gutes Ensemble.

Derselbe würde uns, bey seiner nicht gewöhnlichen harmonischen Kenntnis und Liebe zum ernsteren Satze, viel Gutes liefern, das unsere faden Leyersachen von öfters berühmten Männern weit hinter sich zurückließe, wenn er immer mehr natürlich als gesucht schreiben wollte."

Man ist immer mal der Begleiter, mal der Solist, mal der Vermittler.

(Der Cellist Maximilian Hornung)

Drei gleichstarke Partner

Auch für unsere heutigen Ohren klingt dieses Trio noch ganz natürlich. Das liegt wohl auch daran, dass Beethoven das weiterentwickelt hat, womit Mozart in der gleichen Gattung schon begonnen hatte: Bei ihren Trios spielt nicht mehr das Klavier die Hauptrolle, begleitet von zwei Nebeninstrumenten, so wie es früher üblich war, sondern es entsteht ein Miteinander von drei gleichstarken Partnern.

Maximilian Hornung (Foto: Pressefoto/Marco Borggreve)
Maximilian Hornung

Dazu Maximilian Hornung: "Man ist immer mal der Begleiter, mal der Solist, mal der Vermittler. Es wechselt immer ab. Das ist ja das Schöne an der Kammermusik, dass man sich zurücknehmen kann, dass man auf der anderen Seite aber eigene Impulse setzen kann und dass man einfach manchmal die Fäden in der Hand hält, mal die Fäden abgibt, immer ein offenes Ohr bei allen Leuten hat. Das ist ein gegenseitiges Wechselspiel."

Flexible Besetzung

Maximilian Hornung hat sich das "Gassenhauer"-Trio zusammen mit zwei befreundeten Musikern vorgenommen: dem Pianisten Nicholas Rimmer und dem Bratscher Nils Mönkemeyer. Damit weichen sie von der ursprünglichen Besetzung ab: In der war nämlich eine Klarinette als Partner von Klavier und Cello vorgesehen.

Doch Beethoven war selbst durchaus offen für andere Besetzungen. Schon kurz nach Fertigstellung der ersten Fassung schrieb er die Klarinettenstimme noch für Geige um, damit er sich einen größeren Absatzmarkt sichern konnte.

Heiterkeit im zweiten, U-Musik im dritten Satz

Der zweiter Satz setzt die heitere Grundstimmung fort, dies aber in einer zarteren, kantablen Beschaulichkeit. Die einzelnen Instrumente dürfen gleich zu Beginn solistisch brillieren, angefangen mit dem Cello.  Und gegen Ende des Satzes lässt Beethoven auch noch einmal hören, wie meisterhaft es klingt, wenn alle drei Instrumentalisten sich das Thema gemeinsam vornehmen.

Im dritten Satz widmet Beethoven sich schließlich einer Melodie, die damals so beliebt war, dass sie überall in den Gassen von Wien gesungen und gepfiffen wurde. Sie stammt aus dem Terzett "Pria ch'io l'impegno", was bedeutet: "Bevor ich zur Arbeit gehe". Das wiederum gehört zur Oper "Der Korsar aus Liebe", einem Kassenschlager des damals populärsten Wiener Opernkomponisten Joseph Weigl.

Dass Beethoven sich mit solcher Unterhaltungsmusik abgab, war eher untypisch für ihn. Er hatte hier wohl eher zögernd der Bitte eines Klarinettisten nachgegeben (vermutlich Joseph Beer), der ihn gebeten hatte, über dieses Thema Variationen für ihn zu schreiben. Und diesen frechen Reißer lässt Beethoven hier in neun Variationen glänzen, indem er zum einen die Instrumente immer wieder anders kombiniert.

Satztechnisch entfacht er außerdem ein großes Spektrum an Raffinessen, stellenweise mit gekonnten rhythmischen Verschiebungen, hier wird es sogar jazzig. Maximilian Hornung fasst die Stimmung des Trios treffend zusammen: "Ich finde, es macht immer immer viel Spaß, dieses Stück zu spielen, und ich gehe einfach jedes Mal sehr erfreut von der Bühne, wenn ich es dann gespielt habe".



Das "Starke Stück" im Klassiker

Samstags um 10.20 Uhr in SR 2-Der Vormittag
(Wh. sonntags gegen 16.20 Uhr in SR 2-Canapé)

Der "Klassiker" ist ein besonderes Musikstück oder ein längerer Auszug aus einem bedeutenden Werk der Musikgeschichte – von Johann Sebastian Bach bis Igor Strawinsky.

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