SR 2-Kolumnist Brunner (Foto: SR)

„Der lange Abschied“

Brunners Welt - die politische Glosse der Woche zum Nachlesen und Nachhören

Von Peter Tiefenbrunner  

Sendung: Freitag 05.04.2024 16:45 Uhr

Nr. 982

Nicht dass Sie denken, ich wollte Sie auf den Arm nehmen oder habe mich selbst verschaukeln lassen. Der internationale Tag der Scherzkekse ist ja nun auch schon ein paar Tage vorbei und zudem hat sogar der Bundestag selbst versichert, es handele sich nicht um einen Aprilscherz: Andi Scheuer, der beste Bundesverkehrsminister, den die CSU je in Berlin eingeschleust hat, ist Geschichte. Also: Als Politiker. Was so viele schon vor Jahren verzweifelt von ihm als Verkehrsminister verlangt haben, das hat er jetzt als einfacher Abgeordneter geschafft: Bremse rein, rechts raus, Mandat niedergelegt. Uff!

Selbst meiner Nachbarin Barscheck entrang sich ein tiefempfundenes „Dass ich das noch erleben darf“. Aber: Er wird auch fehlen. Der Mann mit Benzin im Blut und der Maut im Kopf. Trendy Andy, der sich für kein Fortbewegungsmittel zu schade war: E-Scooter in den Fluren seines Ministeriums, Bobby-Car beim Pressetermin, Porsche, wenn’s mal schnell gehen sollte und Wasserstoff-BMW fürs grüne Image. Nicht zu vergessen: Lufttaxi auf irgendeinem Marktplatz - mit späterer Flugoption, und Fahrrad für’s Plakat.

Auch seinem CSU-Chef Söder wird er abgehen, der ihn dereinst lobte: „Es gibt wohl kaum einen Verkehrsminister, der soviel Geld nach Bayern gelenkt hat wie Andi Scheuer“. Da soll das Geld ja auch hin, gell? Und Andi selbst sagt denn auch artig „Danke“ für die schöne Zeit, und: „Es war mir eine Ehre für unser Land und für meine Heimat arbeiten zu dürfen.“ Ja, und teuer war’s auch – für uns hinterbliebene Steuerzahler:innen. Egal. Is ja nun vorbei. Und, wie der große rumänische Verkehrs-Philosoph Peter Maffay es sagte: „Wenn ich wein, dann weint nur ein Teil von mir, und der andere lacht mit dir.“ 

Dass es für den scheidenden Andi auch weiterhin genug zu lachen geben wird, das sei den Besorgten im Lande tröstend zugerufen. Auf dass ihm das Lachen nicht vergehe, hat der vorausschauende Scheuer bereits vor einigen Wochen gleich zwei Firmen gegründet: Die Positanis Holding und die Tancredis GmbH! Erstere dient dem „Halten von Unternehmensbeteiligungen im eigenen Namen, auf eigene Rechnung“ sowie der „Verwaltung eigenen und fremden Vermögens“. Wohl dem, der dafür eigens eine Firma braucht. Die Tancredis GmbH hingegen hat sich die „Erbringung von Unternehmensberatungsleistungen und zugehörige Dienstleistungen“ in die Gründungspapiere geschrieben. Soll also vermutlich das Vermögen ranschaffen, das die Positanis-Holding dann verwalten kann.

Ob der Name „Positanis“ wohl nach dem bekannten Ferienidyll  Positano an Italiens Amalfi-Küste benannt sein mag? Ein Blick ins Online-Ferienportal sagt uns: „Komplett überfüllt und total überteuert. Keine Chance zu parken und der Verkehr ist eine Katastrophe entlang der kompletten Küste.“ Ja, das klingt ganz nach Andi Scheuer. Wer aber mag Pate oder Patin gewesen sein für die „Tancredis GmbH“? Die Web-Enzyklopädie nennt gleich drei mögliche Namensgeber: Eine Oper von Gioachino Rossini aus dem Jahr 1813 – nein, da war man ja noch mit 1-PS-Kutschen unterwegs. Das is nix für unseren Andi. Dann hätten wir noch einen Asteroiden des Hauptgürtels anzubieten - bisschen abgelegen vielleicht - oder einen mittelmäßig erfolgreichen italienischen Popsänger. Suchen Sie sich was aus. Irgendwie passt es schon.

Ach, Andi: Wenn du gehst, dann geht nur ein Teil von dir. Der andere bleibt bei uns. 243 Millionen Schadensersatz für deine Bemühungen mal mindestens. Das hilft schon gegen das Vergessen.


Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 05.04.2024 und in "Der Morgen" am 06.04.2024 auf SR 2 KulturRadio.

 


Brunners Welt

Jeden Freitagnachmittag in "SR 2 - Der Nachmittag" und als Wiederholung jeden Samstagmorgen gegen 8.40 Uhr in "SR 2 - Der Morgen"!

Brunner hält für SR 2 die Augen offen. Und wenn er was nicht mitkriegen sollte, dann wird ihn Frau Barscheck, seine Nachbarin, schon mit der Nase drauf stoßen. Dann kann er sich nämlich seine Gedanken darüber machen, was wichtig ist und wo die Trends der Zeit zu spüren sind.

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