?Krieg der Knöpfe?

"Krieg der Knöpfe"

Brunners Welt - die politische Glosse der Woche zum Nachlesen und Nachhören

Von Peter Tiefenbrunner  

Sendung: Freitag 16.02.2024 16:45 Uhr

Nr. 975

Nicht dass Sie denken, ich sei besonders schockiert über Donald Trumps letzte Auslassungen über seine Bereitschaft, europäische NATO-Partner zu verteidigen, die nicht mal ihren 2%-Beitrag abdrücken. Kennen wir doch schon aus seiner ersten Amtszeit. Neu war sein Zusatz, dass er sogar Russland dazu ermutigen würde mit solchen Schuldenbuckel-Ländern zu tun, "was auch immer zur Hölle sie wollen". Der Mann ist eben kein Politiker, sondern allenfalls ein Geschäftsmann – wenn auch ein schlechter. Für so jemanden funktioniert die NATO eben wie beispielsweise der ADAC. Der schickt auch nicht seine gelben Engel, wenn Sie den Beitrag nicht gezahlt haben. Wie gesagt, das schockiert mich nicht sonderlich. Der menschliche Kopf hat halt nur ein begrenztes Platzangebot – je mehr davon das Mundwerk einnimmt, umso weniger bleibt für’s Hirn.

Was mich  eher schockiert, sind die daraufhin allenthalben aufploppenden Nuklearfantasien heimischer Politiker:innen und sonstiger öffentlicher Gestalten. Als sei die Zeit stehen geblieben, versuchen sie uns das alte Atom-Abo aus dem Kalten Krieg wieder zu verkaufen. Noch dazu mit den gleichen alten Verkaufsargumenten: Gegen viele Waffen helfen nur noch mehr Waffen. In den richtigen Händen versteht sich, also in unseren. SPD- Europakandidatin Barley eröffnet – noch ein bisschen zaghaft – den atomaren Ab-Schreckensreigen: Auf dem Weg zu einer europäischen Armee könne „auch das ein Thema werden“.

Weil ja nun auch Manfred Weber von der CSU im Juni wieder ein Ticket für’s EU-Parlament kriegen will, greift er flugs nach dem nächstbesten Säbel zum Rasseln und verkündet markig: "Europa muss militärisch so stark werden, dass sich keiner mit uns messen will. Dies bedeutet, wir brauchen Abschreckung. Zur Abschreckung gehören Nuklearwaffen.“  Das findet auch Sigmar Gabriel – Sie erinnern sich? Der ehemalige SPD-Außenminister, der gleich nach seinem Ausscheiden aus dem Amt sein Adressbuch gewinnbringend an diverse Lobby-Verbände und Firmen verscherbelt hat und inzwischen bei Thyssen-Krupp unter Vertrag steht. Er meldet sich zu Wort mit: „Europa braucht eine glaubwürdige Abschreckung. Dazu gehört eine gemeinsame nukleare Komponente.“ Aber sicher doch.

Die weltweit zur Zeit vorhandenen Atomwaffen reichen etwa 150 mal zur Vernichtung der Welt. Dagegen hilft am zuverlässigsten die Arbeit an der 151. Vernichtung. Abgesehen davon: Wie haben wir uns denn eine „gemeinsame nukleare Komponente“ der EU vorzustellen? So wie deren gemeinsame Flüchtlingspoltik, gemeinsame Steuermodelle oder gemeinsame Sozialstandards? Der Politologe Herfried Münkler hat schon Ende des letzten Jahres erklärt: „Wir brauchen einen gemeinsamen Koffer mit rotem Knopf, der zwischen großen EU-Ländern wandert.“ Stellt sich bei Ihnen angesichts dieser Vorstellung auch gleich so ein warmes Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit ein? Das ist also der Kern der Olafschen „Zeitenwende“?

Meine Nachbarin Barscheck wundert dieses „Zurück in die Zukunft“ kein bisschen. Sie hat gerade nochmal das Urteil des Verfassungsgerichts zum NPD-Verbot 2017 in die Finger bekommen. Damals haben die Richter zwar festgestellt, dass die NPD ein rechtsextremer, nationalistischer und völkischer Haufen sei, der einen Umsturz plane, aber es fehle eben „an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt.“ Dafür haben wir jetzt die AfD. Und egal ob Trump, Atombomben-Verfechter oder Faschisten: Schockierend sind weniger diese traurigen Ewiggestrigen als diejenigen, die sie wählen wollen.


Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 16.02.2024 und in "Der Morgen" am 17.02.2024 auf SR 2 KulturRadio.

 


Brunners Welt

Jeden Freitagnachmittag in "SR 2 - Der Nachmittag" und als Wiederholung jeden Samstagmorgen gegen 8.40 Uhr in "SR 2 - Der Morgen"!

Brunner hält für SR 2 die Augen offen. Und wenn er was nicht mitkriegen sollte, dann wird ihn Frau Barscheck, seine Nachbarin, schon mit der Nase drauf stoßen. Dann kann er sich nämlich seine Gedanken darüber machen, was wichtig ist und wo die Trends der Zeit zu spüren sind.

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