SR 2-Kolumnist Brunner (Foto: SR)

„Trau, schau wer wem“

Brunners Welt - die politische Glosse der Woche zum Nachlesen und Nachhören

Von Peter Tiefenbrunner  

Sendung: Freitag 12.01.2024 16:45 Uhr

Nr. 970

Nicht dass Sie denken, ich sei ein besonders vertrauensseliger Mensch. Aber im Allgemeinen gehe ich schon eher davon aus, dass der Mitmensch, mit dem ich gerade zu tun habe, nicht auf Lug, Trug und Bosheit aus ist. Es sei denn, er, sie oder es zeige untrügliche Anzeichen davon: Baseballschläger, Kleidungsstücke mit einschlägigen Parolen darauf oder sehr große Zähne. Das ist natürlich nur meine persönliche Misstrauensliste. Unterschiedliche Menschen trauen unterschiedlichen Leuten.

Dankenswerterweise macht das forsa-Institut regelmäßig Umfragen, die uns zeigen, was und wen unsere Mitmenschen so vertrauenerweckend finden. Wobei, vorneweg gesagt, nur 60% der Befragten Meinungsforschungsinstituten vertrauen. Sei’s drum, ist auch kein ganz schlechter Wert. Dem Radio als Medium beispielsweise sprechen aktuell nur 50% ihr Vertrauen uns. Das trifft mich natürlich hart, aber ich vertraue fest darauf, dass man Sie da nicht gefragt hat, liebe Hörer:innen. Fernsehen liegt mit 27% allerdings noch weit dahinter – übrigens auch noch deutlich hinter der Presse, der immerhin noch 41 % vertrauen. Aber das ist ja nun auch kein Trost.

An der Spitze des Vertrauens liegen gleichauf mit 81% die Ärzteschaft und die Polizei. Hätte ich so nicht unbedingt erwartet, ist aber doch schön: Wenn Ihnen ein böser Bube des Nachts einen harten Gegenstand über die Rübe zieht, fühlen Sie sich anschließend doch sowohl auf der Polizeiwache als auch in der Notaufnahme offenbar in besten Händen. Sinnvollerweise vielleicht in umgekehrter Reihenfolge.

Dem eigenen Arbeitgeber vertrauen übrigens fast drei Viertel der Menschen, respektive der abhängig Beschäftigten, denn nur die wurden dazu befragt. Die anderen haben ja in diesem Sinne auch keinen Arbeitgeber. Im übrigen dient es vielleicht auch eher dem eigenen Fortkommen, wenn man sich bei dieser Frage nicht allzu kritisch äußert. Klar, solche Umfragen sind anonym – aber kann man darauf auch wirklich vertrauen? Geradezu dramatisch misstraut wird der Politik. Unser Parlament hält nur etwa ein Drittel der Bürger:innen für vertrauenswert, dem Bundeskanzler trauen nur 20 % über den Weg und die politischen Parteien bringen es gerade noch auf 13 %. Wobei der Kanzler den Absturz des Jahres hingelegt hat: Er krachte in der Umfrage um 13 % runter. Man hätte den Aufschlag quasi hören können: Wumms!

Das Ende der Liste scheint zunächst einmal nicht weiter verwunderlich, da sind traulich vereint: die katholische Kirche mit mickrigen 10% und die sozialen Medien gleichauf mit den Werbeagenturen: 3%. Wobei ich gerade bei der katholischen Kirche doch eine höhere Dunkelziffer vermute. Wer will mit seinem offenen Misstrauen schon einen längeren Aufenthalt im Hotel Luzifer riskieren? Man weiß ja nie.

Meine Nachbarin Barscheck findet es eher erstaunlich, dass die sozialen Medien so schlecht abschneiden angesichts all der Hassblasen und Verschwörungstheoretiker. Da mag schon was dran sein. Bei AfD-Anhänger:innen sahen die Zahlen auch etwas anders aus. Da trauen nur acht Prozent der Presse, ein ganzes Prozent dem Kanzler, aber satte 14% den sozialen Medien. Was wiederum mein Vertrauen in die Urteilsfähigkeit meiner Mitmenschen erheblich erschüttert. Mich andererseits aber auch zunehmend der Richtigkeit der Wahlumfragen für Sachsen und Thüringen vertrauen lässt. Aber vielleicht haben ja doch die 40 % Umfragenskeptiker Recht. Vertrauen ist gut, aber Hoffnung noch besser.

Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 12.01.2024 und in "Der Morgen" am 13.01.2024 auf SR 2 KulturRadio.

 


Brunners Welt

Jeden Freitagnachmittag in "SR 2 - Der Nachmittag" und als Wiederholung jeden Samstagmorgen gegen 8.40 Uhr in "SR 2 - Der Morgen"!

Brunner hält für SR 2 die Augen offen. Und wenn er was nicht mitkriegen sollte, dann wird ihn Frau Barscheck, seine Nachbarin, schon mit der Nase drauf stoßen. Dann kann er sich nämlich seine Gedanken darüber machen, was wichtig ist und wo die Trends der Zeit zu spüren sind.

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