?Rechnen schwach?

"Rechnen schwach"

Brunners Welt - die politische Glosse der Woche zum Nachlesen und Nachhören

Von Peter Tiefenbrunner  

Sendung: Freitag 22.12.2023 16:45 Uhr

Nr. 967

Nicht dass Sie denken, ich wollte Sie so kurz vor Weihnachten noch durcheinander bringen. Wo Sie doch – zumindest die Männer unter Ihnen – vermutlich ohnehin schon durcheinander genug sind. Ist 2023 doch wieder eines dieser Stress-Jahre, in denen der Heilige Abend auf einen Sonntag fällt. Sprich: Auf einen Tag ohne Zugang zum Einzelhandel. Wie schon der Dichter sagte: Wer jetzt kein Geschenk hat, der findet keines mehr. Es sei denn, Ihre Beziehung ist stabil genug, Ihrer oder Ihrem Liebsten eine 5-Liter-Dose Motorenöl und eine schäbige Pralinenpackung von der Tanke unter den Baum zu legen. Den haben Sie doch schon, oder?

Diese Probleme habe ich als eher minimalistischer Weihnachter zwar nicht, aber die aktuellen Nachrichten aus der Landesregierung richten doch einige Verwirrung an in meinem bereits feiertäglich sedierten Hirn. Das Statistische Landesamt, kurz StaLa genannt, musste nun zugeben, dass es sich beim CO2-Ausstoß des Jahres 2020 ein bisschen verrechnet hat. Genauer gesagt schon ein größeres Bisschen, also um 10 Millionen Tonnen, was immerhin rund die Hälfte des früher errechneten Betrages ist. Die Begründung liegt etwa auf dem Niveau der Verspätungsdurchsagen der Deutschen Bahn: Störung im Betriebsablauf. Da habe es erstens einen „methodischen Fehler bei der Berechnung“ gegeben und zweitens habe man dann noch „eine Formel falsch angewendet“. Mein alter Mathematik-Lehrer pflegte in solchen Fällen an den Rand der Klassenarbeit zu schreiben: „Falscher Lösungsweg plus fehlerhafte Rechnung gleich Ungenügend“.

Vielleicht hätte man auf die Ergebnisse früherer PISA-Studien doch energischer reagieren müssen? Bevor diese Jahrgänge in die Verwaltung kamen? Andererseits: Wie die Saarbrücker Zeitung in vorweihnachtlicher Milde anmerkt: „Auch Mathematiker und Beamte sind Menschen und machen Fehler.“ Das trifft, möchte ich hinzufügen, sogar auf beamtete Mathematiker zu. Also breiten wir den weihnachtlich roten Mantel des Schweigens über das Zahlenchaos der Statistiker:innen? Geht nicht wirklich, weil ja das Umweltministerium auf diese falschen Zahlen sein Klimaschutzgesetz aufgebaut und entsprechend niedrigere Zielvorgaben gesetzt hat. Und nun stellt man den seltenen Umstand fest, das Saarland hängt beim CO2-Verbrauch gar nicht am Ende der Republik herum, sondern ist gut dran! Da brat sich doch einer einen Lyoner!

Aber bitte: Bevor Sie jetzt im neu gewonnenen Hochgefühl der Klimafreundlichkeits-Elite noch rasch einen Fernflug nach Sonstwohin buchen, bedenken Sie: Auch im Bundesdurchschnitt liegt die Erreichung der Klimaziele in weiter Ferne und die Maßnahmen sind längst nicht ausreichend zum Stopp der Katastrophe. Somit ist leider auch ein halbwegs ordentliches Abschneiden des Saarlandes kein Freibrief zur CO2-Prasserei. Sorry.

Unerwartete Zahlen dringen auch aus dem Bildungsministerium: 29 Hunde halten sich „zum Teil täglich“ in den Büros dort auf. Das ist zuviel finden dort einige, auch Staatssekretärin Jessica Heide. Es geht um Sauberkeit und darum, dass die Tiere einen Teil der Mitarbeiter:innen ängstigen und andere wiederum von der Arbeit abhalten. Künftig, so liest man, dürfen nur noch Hunde ins Ministerium, die von freundlichem Naturell sind und nicht zu häufig bellen. Meine Nachbarin Barscheck wäre zu gerne beim Bewerbungswedeln dabei und hofft im Übrigen, dass die Zahl von 29 Hunden wenigstens korrekt ermittelt wurde. Aber das darf man ja von einem Bildungs-Ministerium wohl erwarten. Ansonsten: Sogar in der Weihnachtsgeschichte heißt es ja, dass alle Welt geschätzet werde. Pi mal Daumen halt. Frohe Weihnachten jedenfalls Ihnen allen, mit und ohne Hund. Wuff!

Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 22.12.2023 und in "Der Morgen" am 23.12.2023 auf SR 2 KulturRadio.

 


Brunners Welt

Jeden Freitagnachmittag in "SR 2 - Der Nachmittag" und als Wiederholung jeden Samstagmorgen gegen 8.40 Uhr in "SR 2 - Der Morgen"!

Brunner hält für SR 2 die Augen offen. Und wenn er was nicht mitkriegen sollte, dann wird ihn Frau Barscheck, seine Nachbarin, schon mit der Nase drauf stoßen. Dann kann er sich nämlich seine Gedanken darüber machen, was wichtig ist und wo die Trends der Zeit zu spüren sind.

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