SR 2-Kolumnist Brunner (Foto: SR)

"Diplomatische Bären"

Brunners Welt - die politische Glosse der Woche zum Nachlesen und Nachhören

Von Peter Tiefenbrunner  

Sendung: Freitag 06.10.2023 16:45 Uhr

Nr. 956

Nicht dass Sie denken, das wäre mir neu: Der Zoo ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln! Hat ja schon der... also, der Clausewitz hat’s nicht gesagt, bei dem ging’s um den Krieg. Dann war es… ist auch egal. Wenn’s noch niemand gesagt, dann sag ich’s jetzt halt. Irgendwer muss es ja tun. Ich sage nur: „China“ und „Panda-Diplomatie“.

Das Reich der Mitte verschenkt schon seit dem 7. Jahrhundert Pandas an ihm genehme Länder zur Belohnung. Wobei aus dem Verschenken inzwischen „verkaufen“ oder eher „vermieten“ gemacht wurde. Es ist nun mal so, dass der Große Panda ausschließlich in China vorkommt und somit der Rest der Welt bei der Panda-Versorgung komplett und alternativlos abhängig ist von der Volksrepublik. Und natürlich brauchen alle Länder Pandas, trotz teils heftiger Warnungen. „Pandas“, so sagte ein taiwanischer Politiker, seien sowas  „wie das trojanische Pferd“. Böses lauere also in ihrem Inneren. Ist natürlich Quatsch: Bislang ist weltweit noch kein Panda geplatzt und hat bewaffnete Krieger ins Gastland gespien.

Außerdem ist ein Panda kein Pferd sondern ein Bär. Das war zwar auch lange umstritten, ist aber nun endgültig geklärt. Und ein Zusammenhang mit Pferdeartigen stand niemals zur Debatte.  Wie dem auch sei, die flauschigen Sympathieknubbel werden aktuell aus Staaten, die sich gegenüber China unbeliebt gemacht haben, wieder eingesammelt. Den USA beispielsweise. Denn sie gehören – egal, wie viele Millionen die Zoos in aller Welt inzwischen für die Bambusfresser gezahlt haben, immer und überall weiterhin China. Eventuell aufgetretener Nachwuchs: Dito. Demnächst läuft auch für unser Panda-Zwillingspärchen Pit und Paule in Berlin die Aufenthaltserlaubnis ab, und auch deren Eltern „Träumchen“ und „Schätzchen“ könnten demnächst irgendwann zur Heimreise gezwungen werden. Wenn Frau Baerbock noch einmal Xi Jinping, den Vater aller Pandabären, einen Diktator nennt – tschüs, Träumchen und Schätzchen. Erklären Sie das dann ihren Kindern.

Und wir? Haben natürlich komplett verpennt, rechtzeitig die Welt mit deutschen Viechern zu bevölkern, die wir im Unmutsfalle wieder einsammeln könnten. Dumm. Wir können doch nicht jedes Mal Annalena schicken. Spät, aber nicht zu spät, sollten wir dann wenigstens jetzt zur Tat schreiten. Aber was sind typisch deutsche Tiere? Wildschweine? Rothirsche? Schäferhunde? Nein – die gibts alle auch anderswo.

Das Internet hilft auch hier weiter: Im Angebot: Der Elbebiber Castor fiber albicus, ein immerhin 25 kg schwerer Prachtbrocken – allerdings mit geringem Kuschelfaktor. Den leider auch die anderen deutschtypischen Tiere eher vermissen lassen: Der Mosel-Apollofalter ist als Schmetterling eine eher flüchtige Schönheit und die beiden Fischarten „Ammersee-Kilch“ und  „Luziner Maräne“ werden unseren Kleinen auch kein „Süüüß!“-Quietschen entlocken. Immerhin kann letztere mit ihrer Schwimmblase komische Geräusche machen und wird dessenthalben auch „Quietschbauch“ genannt. Lustig – aber ob das zum diplomatischen Exportschlager reicht? Außerdem ist sie halt nur im Breiten Luzin in Meckpomm zu finden, der ja als glazialer Zungenbeckensee entstanden inzwischen komplett mesotroph ist, also eine wirksame Phosphatfalle aufweist! Ob es sowas auch anderswo in der Welt gibt - wer weiß? Ich nicht.

Und meine Nachbarin Barscheck auch nicht. Die schlägt aber vor, den kleinen Kläffer aus dem ersten Stock umgehend nach China zu verschiffen – oder sonstwohin. Und sein neues Heimatland müsste sich schon sehr schlecht aufführen, meint sie, bevor das Vieh wieder nach Hause müsste. So geht Diplomatie.

Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 06.10.2023 und in "Der Morgen" am 07.10.2023 auf SR 2 KulturRadio.

 


Brunners Welt

Jeden Freitagnachmittag in "SR 2 - Der Nachmittag" und als Wiederholung jeden Samstagmorgen gegen 8.40 Uhr in "SR 2 - Der Morgen"!

Brunner hält für SR 2 die Augen offen. Und wenn er was nicht mitkriegen sollte, dann wird ihn Frau Barscheck, seine Nachbarin, schon mit der Nase drauf stoßen. Dann kann er sich nämlich seine Gedanken darüber machen, was wichtig ist und wo die Trends der Zeit zu spüren sind.

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja