SR 2-Kolumnist Brunner (Foto: SR)

„Blau, blau, blau blüht...“

Brunners Welt - die politische Glosse der Woche zum Nachlesen und Nachhören

Von Peter Tiefenbrunner  

Sendung: Freitag 22.09.2023 16:45 Uhr

Nr. 954

Nicht dass Sie denken, ich sei ein Experte für Farbzusammenstellungen. Die Blicke meiner Nachbarin Barscheck, die regelmäßig mit leidendem Gesichtsausdruck meine Kombinationen aus dunkelblau, beige und grau zur Kenntnis nimmt, sprechen da wohl für sich. Und da hat sie mich das Ensemble noch nicht mit meiner roten Regenjacke vervollständigen sehen, die ich für drohende Niederschläge in der Fahrradtasche bereit habe.

Die Welt ist bunt – die CDU dagegen blau. Also seit neuestem. Und genauer gesagt: Türkis. Ob das nun wirklich blau ist oder doch eher grün und ob gar Petrol die eigentlich richtige Bezeichnung wäre – fragen Sie da lieber jemand anderen, beispielsweise meine Nachbarin. Die CDU, die dieser Tage die in Frage stehende Colorierung vor unsere widerstrebenden Augen gestellt hat, hat zumindest zu diesem Thema glasklare Ansichten: Die neue Hauptfarbe heißt Cadenabbia und als Ergänzungsfarbe kommt das dunklere Rhöndorf-Blau zum Einsatz. Ersteres steht für Vitalität, Zuversicht und Freiheit während im dunkleren Blau eher Substanz, Kompetenz und Sicherheit wohnen. Erklärt begeisterungsbebend Generalsekretär Linnemann die christdemokratische Farbenlehre.

Ich weiß nicht, was farbsensitive Personen wie meine Nachbarin dazu meinen, mir jedenfalls fällt auf, dass die Blautöne offenbar fest verankert sind im konservativen Farbenspiel: Egal ob die ÖVP die EPP, die AfD oder die spanische Partido Popular – blau sind sie alle. Aber die CDU hat ja noch „den Bogen“ raus, bzw. drin oder drauf. Das sind drei unterschiedlich große Balken, die, am oberen Ende gebogen, eine aufsteigende Kurve bilden. Sieht aus wie die Anzeige eines schwächelnden Handy-Netzes, die CDU aber will damit „die Zukunft gewinnen“. Oder in Zukunft gewinnen. Und natürlich sind die Dinger schwarz, rot und gold. Muss ja. Was die Namen der Blaus angeht eher: Zurück in die Zukunft: Cadenabbia war der langjährige Ferienort Konrad Adenauers in Italien, wo der Alte eine ruhige Kugel zu schieben pflegte - beim Boccia. Rhöndorf, Sie werden es ahnen, war der Wohnort des CDU-Granden. Insgesamt doch ein bisschen Retro.

Dabei hatte auf der Einladung zur Präsentation der neuen CDU-Identity gestanden: „Die CDU bekommt ein neues Gesicht “. Was bei vielen schon Hoffnungen auf einen Ersatz für den glücklosen Friedrich geweckt haben mag – aber nicht doch. Alter Wein in – nun ja, ein bisschen neueren -  Schläuchen. Das muss reichen. Zarte Nachfragen ob die Partei da nicht – rein farblich, versteht sich – in allzugroße Nähe zur AfD rücke, weist General Linnemann weit von sich: „Das ist einfach eine andere Farbgebung!“ Na dann.

Die Schwesterpartei in Bayern kommt auch schon lange  blau daher – und das nicht nur auf der Heimfahrt vom Bierzelt. Allerdings heißen deren Farben schlicht CSU-Blau und CSU-Hellblau. Und statt Balken und Bogen gibt’s Löwe und Raute. Wobei der Löwe in jüngerer Zeit nur noch als blasses Schemen zu sehen ist, den flüchtigen Betrachter an den Comic-Panther erinnernd: „... ich komme wieder keine Frage.“

Apropos: Die Freien Wähler in Bayern verlassen sich – raten Sie mal – ebenso auf das modische Türkis. CDU-Linnemanns Stellvertretende ist sich jedenfalls  sicher, dass sie mit dem neuen Auftritt „die PS der gesamten CDU-Familie auf die Straße bringen“ werden. Das wäre doch dann mal einen Einsatz der Klimakleber wert, meint die Nachbarin.

Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 22.09.2023 und in "Der Morgen" am 23.09.2023 auf SR 2 KulturRadio.

 


Brunners Welt

Jeden Freitagnachmittag in "SR 2 - Der Nachmittag" und als Wiederholung jeden Samstagmorgen gegen 8.40 Uhr in "SR 2 - Der Morgen"!

Brunner hält für SR 2 die Augen offen. Und wenn er was nicht mitkriegen sollte, dann wird ihn Frau Barscheck, seine Nachbarin, schon mit der Nase drauf stoßen. Dann kann er sich nämlich seine Gedanken darüber machen, was wichtig ist und wo die Trends der Zeit zu spüren sind.

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