SR 2-Kolumnist Brunner (Foto: SR)

„Ho hoho ho ho. “

Brunners Welt - die politische Glosse der Woche zum Nachlesen und Nachhören

Von Peter Tiefenbrunner  

Sendung: Freitag 15.09.2023 16:45 Uhr

Nr. 953

Nicht dass Sie denken, ich verstünde immer gleich alles. Im Gegenteil. Manchmal dauert es ziemlich lange, zum Beispiel diese Sache mit Schrödingers Katze. Ist mir immer noch nicht ganz klar. Ist das Vieh jetzt tot oder nicht? Egal. Für manches hab ich auch gar kein Verständnis, etwa für den massenhaften Einsatz von Laubbläsern. Muss doch nicht sein.

Extrem an die Grenzen meiner Verständnisfähigkeit geführt hat mich aber nun die jüngste Ausgabe des Brandenburg-Trend. Das ist sowas wie der Deutschland-Trend, nur halt beschränkter. Auf das Land Brandenburg eben. Nach dieser Umfrage also käme, wenn am nächsten Sonntag dort gewählt würde, die AfD auf 32 Prozent. Erster Platz, weit vor SPD, CDU oder den Grünen. Die dort bislang eine Kenia-Koalition bilden. 32 Prozent – das ist schon heftig. Oder wie es die Landesvorsitzende der AfD formuliert: „Ein Signal an die Bundesregierung, speziell an die Ampel…“. Gut, dass die Dame das so differenziert betrachtet und die Ampel-Regierung da so besonders adressiert. Im Gegensatz zu den anderen Bundesregierungen, die wir noch so haben.

Der eilends zu diesem Umfrage-Ergebnis hinzugezogene Erklärbär macht als Grund für diesen Anstieg eine herrschende „Krawallstimmung“ in der Bevölkerung aus. Nach dem Motto, sagt der Experte, „denen zeigen wir’s jetzt mal!“ Aber was? Keine Ahnung. Aber insgesamt 38 % der Befragten hätten kein Problem mit einer Regierungsbeteiligung der AfD. Von den AfD-Anhängern sind das sogar 92%. Das versteh ich, auch wenn ich mich frage, was die übrigen 8% bewegt. „Ich wähl sie zwar, aber Mitregieren? Nöö, lieber nicht.“ Merkwürdig. Und warum fänden 57 % der AfD-Fans es gut, wenn Frau Wagenknecht eine neue Partei gründen würde? Die doch antritt, um die AfD womöglich zu halbieren. Seltsam.

Vielleicht, weil nur sieben Prozent den AfD Spitzenkandidaten positiv bewerten. Ihn aber trotzdem wählen würden? Außer, wenn Frau Wagenknecht… aber die kandidiert wahrscheinlich nicht in Brandenburg. Schon wegen der schlechten Verkehrsanbindung vom Saarland aus. Herrje! Jedenfalls hat die Bundes-AfD im vorausahnenden Höhenflug Anfang des Monats schon mal ein Zehn-Punkte-Sofortprogramm in die Welt gelassen für den Fall der Machtübernahme. Oder wie das korrekt heißt. Nicht sonderlich überraschend: Russisches Gas und Öl rein, Ausländer raus, Atomkraft an. Wie Frau Weidel zum Thema Einwanderungsgesetz formulierte: „Dieses Gesetz werden wir sofortig und ganz schnell rückgängig machen!“ Ebenso „sofortig“ wird sie das Verbot von Öl- und Gasheizungen stoppen und das Aus für Verbrenner rückgängig machen. Und so weiter und so fortig.

Die gesamten Zehn Gebote würden, sagt das Deutsche Wirtschaftsinstitut der Wirtschaft und den Bürger:innen enorm schaden und da besonders dem AfD-Klientel. Warum die das dann wählen? Wahrscheinlich, weil sie Weidels Zehn Punkte gar nicht kennen. Oder wie die anderen zehn Gebote, die aus dem brennenden Busch, mehr so vage, im Großen und Ganzen im Kopf haben. „Geiz ist geil“ ist wohl dabei und auf jeden Fall seit Dortmund: „Es gibt nur ein Rudi Völler“. Ist klar.

Meine Nachbarin Barscheck fragt sich, ob es doch irgendwie an Brandenburg liegen könnte? Auf jeden Falls weiß sie, was der berühmte sprechende Hund von Loriot, der schließlich Ehrenbürger der Stadt Brandenburg ist, dazu sagen würde: „Hoho hohoho hoho!“ Und dann, wie Loriot dezent schreibt, macht er „ein unanständiges Geräusch“. Das versteh ich. Pfffttt!

Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 15.09.2023 und in "Der Morgen" am 16.09.2023 auf SR 2 KulturRadio.

 


Brunners Welt

Jeden Freitagnachmittag in "SR 2 - Der Nachmittag" und als Wiederholung jeden Samstagmorgen gegen 8.40 Uhr in "SR 2 - Der Morgen"!

Brunner hält für SR 2 die Augen offen. Und wenn er was nicht mitkriegen sollte, dann wird ihn Frau Barscheck, seine Nachbarin, schon mit der Nase drauf stoßen. Dann kann er sich nämlich seine Gedanken darüber machen, was wichtig ist und wo die Trends der Zeit zu spüren sind.

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