SR 2-Kolumnist Brunner (Foto: SR)

„Top secret“

Brunners Welt - die politische Glosse der Woche zum Nachlesen und Nachhören

Von Peter Tiefenbrunner  

Sendung: Freitag 14.07.2023 16:45 Uhr

Nr. 944

Nicht dass Sie denken, ich hätte kein Gespür für den wohligen Schauer, den ein gut gehütetes Geheimnis dem oder der Neugierigen über den wissbegierigen Rücken jagen kann. Sei es nun aus Vorfreude darauf, in Bälde das Geheimnis zu lüften bzw. gelüftet zu bekommen, sei es, weil man  hinter dem Geheimgehaltenen nach Herzenlust Böses, Ruchloses oder gar Unsittliches vermuten kann und – vor allem – solcherlei Ausgedachtes ungestraft verschwörerisch weiterraunen darf. Selber schuld, die Geheimniskrämer, oder?

Kein Geheimnis ist, dass das Saarland für die Jahre 2017 bis 2019 keine Zahlen über den CO2-Ausstoß im Lande erhoben hat. Warum das aber so ist, dass muss, geht es nach dem ehemaligen Saar-Finanzminister Peter Strobel, allerdings eines bleiben. Zum einen kann er sich nicht mehr so recht erinnern, zum anderen aber gibt er zu Protokoll: „Leider kann ich natürlich nicht mehr auf meine früheren Unterlagen zurückgreifen, und nach dem Ausscheiden aus der Regierung gilt für mich eine Verschwiegenheitsverpflichtung.“ Ja, so! Das ist aber schade. Hätte man doch gerne gewusst.

Die Petzen vom jetzigen Finanzministerium gönnen dem Strobelpeter das schöne Geheimnis aber nicht und erklären, dass 2018 ein Mitarbeiter aus der Behörde ausgeschieden sei und das Statistische Landesamt deshalb niemanden mehr hatte für die CO2-Bilanz. Die Stelle wurde auch bis 2020 nicht nachbesetzt , also blieb’s bei der statistischen Ahnungslosigkeit. Schließlich besteht keine gesetzliche Verpflichtung zu einer solchen Datenerhebung! Und was mit freiwilligen Leistungen in Zeiten knapper Kassen passieren kann, kennen wir aus Kultur, öffentlichen Bädern und ähnlichem Gedöns.

Man könnte auch sagen, das Thema Klimapolitik ging dem damaligen Finanzminister Peter Strobel am inzwischen auch per Geschäftsführerjob bei Saartoto reich vergoldeten Gesäß vorbei. Apropos: Warum Saartoto gleich zwei hochbezahlte Geschäftsführer braucht, die regelmäßig von den Parteien im Geheimen ausgekungelt werden, ist auch so ein Geheimnis. Um mit Herrn Strobel zu sprechen: „Die bisherige Besetzung mit zwei gleichberechtigten Geschäftsführern ist ein System, das man nicht infrage stellen sollte“. Das muss uns reichen. Und es hat ja auch was Tröstliches, dass es doch noch Themen gibt, wo auch mal parteienübergreifender Konsens herrscht.

Für 2020 gibt es nun auch wieder Zahlen zur CO2-Bilanz im Saarland – und schon taucht neues Geheimnisvolles auf: Wie haben wir es hingekriegt, im Coronajahr 2020, bei Lock-Downs, Home-Office, Kontaktverbot und Kneipenschließungen den CO2-Ausstoß um sagenhafte 10 Prozent zu erhöhen? Während er bundesweit um fast 9 % sank? Das kann ja nun nicht nur am flächendeckenden Schwenken im heimischen Garten als damals einzig verbliebenem Freizeit-Reservat liegen? Hätten wir vielleicht in diesem ganzen damaligen Elend auch noch auf mit Ökostrom betriebene Elektrogrills umsteigen sollen?

Es gibt wahrlich Grenzen der Zumutbarkeit. Meint auch meine Nachbarin Barscheck, die trotz allem Engagement für die Umwelt eine unerklärliche Leidenschaft zum Zündeln und Kokeln hat. Auch wenn dann nur Zucchini und Aubergine auf dem Rost landen. Dem CO2 jedenfalls geht’s nun wieder an den Kragen, ein brandneues, saarländisches  Klimaschutzgesetz schreibt fest: 55% Einsparung bis 2030, Klimaneutralität bis 2045. Nimm das, schäbiges Dioxid! Wie das erreicht werden soll, steht jetzt nicht im Gesetz. Gut so, ein bisschen Geheimnis muss doch bleiben. 


Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 14.07.2023 und in "Der Morgen" am 15.07.2023 auf SR 2 KulturRadio.

 


Brunners Welt

Jeden Freitagnachmittag in "SR 2 - Der Nachmittag" und als Wiederholung jeden Samstagmorgen gegen 8.40 Uhr in "SR 2 - Der Morgen"!

Brunner hält für SR 2 die Augen offen. Und wenn er was nicht mitkriegen sollte, dann wird ihn Frau Barscheck, seine Nachbarin, schon mit der Nase drauf stoßen. Dann kann er sich nämlich seine Gedanken darüber machen, was wichtig ist und wo die Trends der Zeit zu spüren sind.

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