Wurde Deutsche in Forbach jahrelang eingesperrt und gefoltert?

Ein in Forbach lebender Deutscher soll in seinem Haus zwölf Jahre lang seine Frau gefangen gehalten und gefoltert haben. Der Vorwurf lässt sich bislang allerdings nicht bestätigen. Die Staatsanwaltschaft Saargemünd hat demnach keine Hinweise auf Folter gefunden.

Ein 55 Jahre alter Deutscher ist am frühen Montagmorgen von der französischen Polizei in seinem Haus im französischen Forbach bei Saarbrücken festgenommen worden. Der Vorwurf: Er soll seine 53 Jahre alte Frau zwölf Jahre lang gefangen gehalten, misshandelt und vergewaltigt haben. Das berichtete zuerst der Fernsehsender BFMTV.

Frau rief Hilfe

Der Frau war es laut "Républicain Lorrain" am Sonntagabend gelungen, an ein Telefon zu kommen und in Wiesbaden anzurufen. Wie eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Westhessen der dpa mitteilte, ging der Anruf dort beim Opfertelefon des Weißen Rings ein. Die deutsche Polizei informierte daraufhin die französischen Kollegen.

Die französische Kriminalpolizei brach am Montagmorgen gegen 6.00 Uhr die Tür des grauen Hauses an der Hauptstraße auf, da der Verdächtige nicht öffnete. Vor Ort sollen die Beamten die Frau nackt und mit rasiertem Kopf in einem Zimmer eingesperrt gefunden haben. Sie habe berichtet, dass sie 2011 entführt und seither gefoltert worden sei.

Neue Details bei Pressekonferenz – keine Hinweise auf Folter

Bei einer Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Saargemünd am späten Montagnachmittag waren neue Details zum Fall bekannt geworden. Demnach sei die Frau halbnackt auf ihrem Bett liegend entdeckt worden, gefesselt sei sie nicht gewesen. In ihrer Nähe sei ein Festnetztelefon gefunden worden. Blutspuren, die auf Gewaltanwendung hindeuten könnten, seien keine zu sehen gewesen.

Entgegen früherer Medienberichte hat es laut Staatsanwaltschaft zudem weder eine Folterbank noch ein Notizbuch, in dem die vermeintlichen Taten des Mannes protokolliert gewesen sein sollen, gegeben. Käfige und Zäune hätten zwar in der Wohnung gefunden werden können. Doch diese seien sehr wahrscheinlich nicht zum Einsperren bzw. zur Fixierung der Frau verwendet worden, sondern um die neun Katzen, die das Paar hatte, im Zaum zu halten.

"Das Bild eines Käfigs, in dem die Frau aufgefunden worden sein soll, entspricht daher nicht der Realität", so der Staatsanwalt von Saargemünd, Olivier Glady.

Foltervorwürfe in Forbach: Stand der Ermittlung

Keine Knochenbrüche festgestellt

Bei der Frau, die in einem Krankenhaus in Metz untersucht wurde, seien – wie zuvor berichtet – auch keine Knochenbrüche festgestellt worden. "Sie wurde radiologisch untersucht, die Ergebnisse der Untersuchungen haben bisher keine Hinweise auf solche Verletzungen ergeben.“ Eine Unterernährung oder Dehydrierung habe ebenfalls nicht bestätigt werden können. Die Ergebnisse müssten jedoch noch von Rechtsmedizinern überprüft werden.

Gegen den 55-Jährigen laufen Ermittlungen unter anderem wegen Freiheitsberaubung und Folter. Er befindet sich in Untersuchungshaft. Den Angaben zufolge war er bislang nicht polizeibekannt.

Mann streitet Vorwürfe ab

Der Mann, der gebürtig aus Hessen stammt, stritt bei den Vernehmungen ab, seine Frau misshandelt zu haben. Er behauptete, dass seine Frau schon seit längerer Zeit schwer an Krebs erkrankt sei und aus diesem Grund das Haus nicht verlassen habe. Diese Angaben überprüfen die Ermittler nun.

Der Mann bleibt mindestens noch bis Dienstagnachmittag in Polizeigewahrsam und wird weiter verhört. Die französischen Behörden arbeiten nach Angaben der Staatsanwaltschaft Saargemünd eng mit der deutschen Polizei zusammen, um mehr über den persönlichen Hintergrund des Paares zu erfahren.

Auch seine Frau soll weiter zu den Vorwürfen der Folter, Misshandlung und Freiheitsberaubung, die sie gegen ihren Mann erhoben hat, befragt werden.

Nachbarn überrascht von Berichten

Nachbarinnen und Nachbarn zeigten sich im Gespräch mit dem SR überrascht über die Berichte. Erst in jüngster Vergangenheit hatten sie Schreie der Frau gehört. Der Mann habe ihr gesagt, dass die Frau Krebs hat, so eine Nachbarin.

Eine Anwohnerin, die die 53-Jährige ebenfalls jahrelang nicht gesehen hatte, war nach eigener Aussage davon ausgegangen, dass die Frau entweder verstorben sei oder den Mann verlassen habe.

Nach Polizeiangaben hatten bereits 2019 besorgte Nachbarn die Polizei gerufen. „Der einzige Polizeieinsatz, den es in dieser Wohnung gab, war im Jahr 2019. Nachbarn hatten die Polizei gerufen, wegen eines lautstarken Zwischenfalls. Die Beamten vor Ort konnten allerdings nichts feststellen“, bestätigte Glady.

Was genau in der Wohnung in Forbach in den vergangenen zwölf Jahren passiert ist, bleibt erst einmal offen.

Folter in Forbacher Keller: Nachbarin hatte Schreie gehört

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 07.08.2023 berichtet.

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