Neffe von Dillinger wirft Ermittlungsbehörden Fehler vor

Im Fall Dillinger erhebt der Neffe des mutmaßlich pädophilen Priesters schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörden. Er habe der Aktenvernichtung definitiv nicht zugestimmt. Insgesamt habe es bei dieser „Routineangelegenheit“ derart viele Fehler gegeben, dass diese nicht mehr als zufällig zu erklären seien.

Nach der jüngsten SR-Berichterstattung zur Asservatenvernichtung im Fall des verstorbenen Friedrichsthaler Missbrauchspfarres Edmund Dillinger hat dessen Neffe, Stefan Dillinger, die Arbeit der saarländischen Ermittlungsbehörden in Frage gestellt.

Neffe stimmte Vernichtung nicht zu

Dessen Verteidiger, der Mainzer Rechtsanwalt Johannes Hock, wies in einer Stellungnahme gegenüber dem SR erneut die Behauptung der Polizei zurück, wonach sein Mandant in mehreren Telefonaten der Vernichtung der Asservate zugestimmt habe.

Diese Behauptung sei weder zutreffend noch glaubhaft, es handele sich vielmehr um eine "reine Schutzbehauptung", um von eigenem Fehlverhalten abzulenken. Dem Ermittlungsführer und seinem Stellvertreter sei nämlich sehr wohl bekannt gewesen, dass die in Trier eingesetzte Aufarbeitungskommission das Material habe einsehen wollen.

Material sollte an Opferorganisation Missbit gehen

Außerdem habe Steffen Dillinger die Kripobeamten mehrfach darauf hingewiesen, dass er das Material auch der Opferorganisation Missbit zur Verfügung stellen wolle. Allein schon von daher, so Anwalt Hock, sei es völlig abwegig, dass sein Mandant einer Vernichtung zugestimmt haben könnte.

Zudem hegt Hock Zweifel an der Aussage, dass das vernichtete Material angesichts der Kürze der Zeit umfassend ausgewertet wurde. Es habe sich um drei Umzugskartons gehandelt. Entsprechende Auswerte-Vermerke über die Relevanz des jeweiligen Asservats lägen nicht vor. Das Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft sei mehr als unüblich.

Sollten Ansprüche gegen die Kirche vereitelt werden?

Die Vernichtung von Asservaten sei ein streng formalisiertes Verfahren und dürfe nicht auf "telefonischen Zuruf" hin geschehen. Selbst wenn sein Mandant der Vernichtung zugestimmt hätte, dann hätte der Beamte über diese mutmaßlichen Telefonate einen Vermerk anfertigen und die schriftliche Zustimmung seines Mandanten zur Vernichtung einholen müssen.

Angesichts der Fülle von Fehlern und Versäumnissen unterstellt Dillingers Rechtsanwalt den Ermittlern, zumindest "bedingt vorsätzlich" gehandelt zu haben. Sie hätten die Vernichtung "billigend in Kauf genommen, möglicherweise in der Absicht, um so zivilrechtliche Ansprüche von Geschädigten gegenüber der Kirche zu vereiteln".

Denn gehe man von tatsächlichen Missbrauchsfällen aus, dann sei die katholische Kirche Nutznießer der ungeheuerlichen Aktion. So aber werde Missbrauchsopfern Schadenswiedergutmachung verwehrt, weil staatliche Stellen dafür "lebensnotwendiges" Material vernichtet hätten.

Keine Unterschrift auf Polizeiunterlagen

Am Montag war bekannt geworden, dass es bei der Vernichtung der Asservate aus dem Nachlass des Missbrauchspriesters Edmund Dillinger gravierende Dokumentationslücken gibt.

Drei mutmaßliche Telefonate mit dem Erben Steffen Dillinger über die bevorstehende Verbrennung der Unterlagen konnten demnach nur über sogenannte Einzelverbindungsnachweise "belegt" werden. Gesprächsvermerke wurden von dem zuständigen Kripobeamten nicht verfasst.

Zudem fehlt auf dem abschließenden Verbrennungsvermerk die Unterschrift des Neffen. Das Innenministerium räumte Fehler ein und verwies auf "Regelungslücken" in der entsprechenden Dienstanweisung. Diese sei inzwischen ergänzt worden und solle komplett neu überarbeitet werden.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 01.08.2023 berichtet.

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