Symbolbild "Rollstuhl im Kino" (Foto: dpa)

Mit dem Rolli aufs Dixi-Klo

Wie barrierefrei ist das Festival?

Katrin König   19.01.2016 | 17:53 Uhr

Zwei Jahre ist es her, dass die Behindertenbeauftragte Dunja Fuhrmann während der Eröffnungsveranstaltung des Filmfestivals für mehr Barrierefreiheit protestiert und damit für Aufsehen gesorgt hat. Was hat sich seitdem getan? Eine Bestandsaufnahme.

Die erfreuliche Nachricht zu Beginn: Durch Umbaumaßnahmen im CineStar gibt es dieses Jahr mehr Plätze für Rollstuhlfahrer. Durch den Ausbau von zwei Sitzreihen in Saal 5 haben nun fünf Rollstühle Platz. Auch alle anderen Kinosäle im CineStar verfügen nach Angaben von Rainer Link, der für das Ticketing während des Festivals verantwortlich ist, über zwei bis drei Plätze für Rollstuhlfahrer. "Da wir während des Festivals nicht alle Säle bespielen, kämen wir theoretisch auf um die 12 Plätze. Aus Sicherheitsauflagen dürfen wir aber nur zehn Rollstuhlfahrer parallel in die Säle lassen", so Link. Im Kino 8 1/2 gebe es offiziell drei Rolltuhlfahrer-Plätze und der neue Veranstaltungsort, die Stiftung Demokratie, sei generell barrierefrei. Im Gloria (ehemals N8werk), wo in diesem Jahr Lolas Bistro beherbergt ist, wurden mobile Rampen installiert, um Rollstuhlfahrern den Zugang zu ermöglichen.

Barrierefreiheit auf Kosten des Kinoflairs?

Dunja Fuhrmann (Foto: SR)
Während der Eröffnungsveranstaltung 2014 protestierte Dunja Fuhrmann für mehr Barrierefreiheit auf dem Festival.

"Das reicht noch nicht", so Dunja Fuhrmann, Gesamtbehindertenbeauftragte der Stadt Saarbrücken. Warum die erwähnten Umbaumaßnahmen nur im Saal 5 des CineStars durchgeführt wurden, erschließt sich ihr nicht. Sie kritisiert zudem, dass Rollstuhlfahrer aufgrund der fest zugewiesenen Plätze nie mit Freunden oder Bekannten in einer Reihe sitzen könnten, wie das jedem anderen Kinogänger möglich sei.

Was verwundere, sei die Tatsache, dass die Stiftung Demokratie Austragungsort eines Festivals ist, obwohl das Gebäude nicht als Kino genutzt werde. Man habe immer gefordert, sich aufgrund der eingeschränkten Barrierefreiheit der Festival- Kinos um andere Veranstaltungsorte zu bemühen, wo Filme gezeigt werden. Die Congresshalle könne beispielsweise als ein solcher Ort fungieren. Seitens der Veranstalter sei immer argumentiert worden, dass dort nicht nur die technischen Voraussetzungen nicht gegeben seien, sondern auch das Kinoflair verloren gehe.

Inklusion schon an den Filmhochschulen ins Bewusstsein bringen

"Zum 'barrierefreien' Kino 8 1/2 ist folgendes zu sagen: Zwar kommt man ebenerdig ins Kino, doch ist der Weg dorthin eine einzige Katastrophe: Kopfsteinpflaster und Kiesfelder im Innenhof machen es für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen nicht gerade leicht", erklärt Fuhrmann. Außerdem befände sich die rollstuhlgeeignete Toilette außerhalb des Kinos - der Weg dorthin sei nicht überdacht. Das Thema Toiletten gestaltet sich auch im Gloria schwierig. Mobile Toiletten, wie sie dort aufgestellt werden, seien von ihrer Bewegungsfläche nicht für alle Menschen mit Rollstühlen benutzbar. "Zweitens kann es nicht dauerhafte Lösung sein, dass Menschen mit Hilfsmitteln gezwungen sind, sich die Jacke anzuziehen, ein Gebäude zu verlassen, um im Freien – nur geschützt durch Plastikwände - ihre Notdurft zu verrichten. Diese Toiletten sind darüber hinaus für kalte Jahreszeiten völlig ungeeignet, zumal Menschen im Rollstuhl ein erhöhtes Risiko für Blasenentzündungen haben", erklärt die Rollstuhlfahrerin.

Filme in Inklusionsfassung

Das Wetter in geschlossenen Räumen (Mo 19.30 Uhr CS 6 Do 17.30 Uhr CS 5); Agnes (Di 21.00 Uhr CS 1 Mi 10.30 Uhr CS 5); Einer von uns Fr 10.30 Uhr CS 1 Fr 20.15 Uhr CS 5); Rockabilly Requiem (Mi 12.00 Uhr CS 1 Mi 18.00 Uhr CS 5); Gestrandet (Fr 22.15 Uhr CS 5) Tatort - Totenstille (Fr 22.15 Uhr CS 1); Outside the box (So 17.45 Uhr CS1); Rico, Oskar und das Herzgebreche (Mi 15.00 Uhr); Winnetous Sohn (Sa 17.30 Uhr 8 1/2)

Auch die Anzahl der Filme in Inklusionsfassung sei ausbaufähig, obwohl sich die Festivalleitung Fuhrmanns Einschätzung nach bemühe, das barrierefreie Angebot auszubauen. Neun Filme sind in diesem Jahr mit Audiodeskription für Sehbehinderte, mit Hörunterstützung sowie mit spezieller Untertitelung für Hörgeschädigte ausgestattet. "Das Ziel muss sein, dass alle Filme über barrierefreie Filmfassungen verfügen. Denn mit welchem Recht darf man Menschen gegenüber sagen, 'du kannst dir eben nur jene Filme anschauen'?", fragt Fuhrmann. Es müsse bereits an den Filmhochschulen gelehrt werden, dass barrierefreie Filmfassungen zum Standard gehörten. Fördergelder gebe es dafür bereits seit 2014.

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