Causa Breitz: War Museumsdirektorin Jahn gegen die Absage?

Wer ist für die Absage der Ausstellung der jüdischen Künstlerin Candice Breitz nach deren Aussagen zum Gaza-Konflikt verantwortlich? Die Entscheidung war im November von Museumsdirektorin Andrea Jahn getroffen worden. Dem SR liegen jetzt aber Informationen vor, die nahelegen: Jahn stand womöglich gar nicht hinter der Absage.

Im November wurde die für 2024 geplante Ausstellung der südafrikanischen Künstlerin Candice Breitz im Saarlandmuseum abgesagt. Breitz habe sich nicht ausreichend von der Hamas distanziert lautete die Begründung.

Die Vorständin der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, Andrea Jahn, und die Vorsitzende des Kontrollgremiums, Kulturministertin Christine Streichert Clivot (SPD), waren sich einig. Zumindest nach außen.

Hat Jahn ein Interviewverbot auferlegt bekommen?

SMS und Mails, die Andrea Jahn und die Künstlerin Candice Breitz in den Tagen nach der offiziellen Absage ausgetauscht haben, legen nun aber nahe, dass Jahn die Ausstellung eigentlich gar nicht absagen wollte. Sie schreibt sogar über ein Interviewverbot, mit dem sie belegt worden sei.

„Die Ministerin geht immer noch davon aus, dass ich mit ihr einer Meinung sei, nachdem sie mir jegliche Interviews verboten hat. Ich habe versucht, sie zu erreichen, um ihr mitzuteilen, dass dies nicht der Fall ist! Sie glaubt immer noch, sie hätte die Kontrolle über mich.“
(Andrea Jahn, WhatsApp 27.11.2023)

Nur wenige Tage nach der öffentlichen Absage der Ausstellung von Candice Breitz schreibt Andrea Jahn diese Zeilen per WhatsApp an die Künstlerin. Sie macht gegenüber Breitz keinen Hehl daraus, dass sie mit der Empfehlung des Kuratoriums zur Ausstellungsabsage unter der Vorsitzenden und Kulturministerin Streichert-Clivot angeblich nicht einverstanden ist.

Ihre Zweifel wollte sie demnach öffentlich äußern. Die Ministerin habe ihr dies allerdings verboten. Und nicht nur das: Jahn kündigt Protest an, bei dem sie notfalls bis zum Äußersten gehen würde.

"Kann sein, dass ich mit Konsequenzen rechnen muss"

„Ich möchte klarstellen, dass es für mich keinen Grund gibt, an dieser falschen Entscheidung festzuhalten […]. Es kann sein, dass ich mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen muss, wie einer Suspendierung oder dem Verlust meines Jobs.“
(Andrea Jahn, Mail 26.11.2023)

…schreibt Andrea Jahn am 26.11. per E-Mail. Es sind erstaunliche Aussagen, die Andrea Jahn gegenüber Candice Breitz trifft. Sie legen eine tiefe Kluft zwischen Jahn und der Ministerin in der Frage der Ausstellungsabsage nahe. Dabei gewährt sie Breitz am 27. November auch Einblicke in interne Entscheidungsprozesse und schildert ihre Gefühle:

"Ich möchte klarstellen, dass ich nicht einverstanden bin"

„Ich hatte gerade ein schreckliches Treffen mit Vertretern des Ministeriums und der jüdischen Gemeinde. Sie werden eine Stellungnahme veröffentlichen und dann müssen wir reagieren! Ich möchte klarstellen, dass ich mit der Entscheidung, Deine Ausstellung abzusagen, nicht einverstanden bin! Jetzt mehr denn je!“
(Andrea Jahn, WhatsApp 27.11.2023)

Mehrmals bemühten sich Andrea Jahn und Ministerin Streichert-Clivot In der Öffentlichkeit um Einigkeit. Den Ausdruck möglicher Zweifel in einem öffentlichen Interview zu verbieten, wie es Jahn gegenüber der Künstlerin behauptet, könnte eben genau das gewesen sein: Die Bemühung um Einigkeit nach Außen. Tatsächlich ist das Kuratorium, dem Streichert-Clivot vorsitzt, Andrea Jahn als Vorständin weisungsbefugt.

Streichert-Clivot weist Vorwürfe zurück

Den Vorwurf, Jahn ein Interviewverbot erteilt zu haben, weist die Ministerin jedoch vehement zurück: „Eine Einschränkung der Pressearbeit der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz kann ich an der Stelle nicht vornehmen, weil es eine eigenständige Einrichtung ist. Was Andrea Jahn in privaten Chats mit der Künstlerin artikuliert, ist ihre persönliche Entscheidung", sagte die SPD-Politikerin dem SR.

Andrea Jahn hat sich zu den Nachrichten nicht persönlich geäußert. In einer Pressemitteilung erklärt die Stiftung lediglich, dass Jahn weiterhin hinter der Entscheidung der Ausstellungsabsage stehe. Dementsprechend sei es nie ihre Absicht gewesen, eine gegenteilige Auffassung in der Öffentlichkeit zu vertreten. „Denklogisch“, wie es darin heißt, habe die Ministerin ihr dies also auch nicht untersagen können.

CDU: "Der absolute Negativ-Höhepunkt"

Der Nachrichtenaustausch von Jahn und Künstlerin Breitz wirft die Frage auf, wie tragfähig das Verhältnis zwischen Jahn und Ministerin Streichert-Clivot jemals war und ob vertrauensvolle Arbeit auf dieser Basis möglich ist. Die Opposition im Landtag jedenfalls äußert sich entsetzt.

Die Kulturpolitische Sprecherin der CDU, Jutta Schmitt-Lang, sieht in den geäußerten Vorwürfen eine neue Dimension in der Affäre Breitz. „Wenn sich das bewahrheitet, dann ist das der absolute Negativ-Höhepunkt bis jetzt in einer sowieso schon grauenvollen Affäre für unser Land. Man muss ganz ehrlich sagen, das wäre ja auf der einen Seite Druckausüben auf Untergebene, das wäre Machtmissbrauch, das wäre ein Eingriff in die künstlerische Freiheit, das wäre wirklich ein Skandal erster Güte.“

Die CDU hat nach SR-Informationen bereits angekündigt, eine Sondersitzung des Kulturausschusses für die kommende Woche zu beantragen.

Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 07.03.2024 berichtet.

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