Luzie Loose, Regisseurin (Foto: Paul Sonntag)

Regisseurin Luzie Loose im Interview zur Serie "Everyone is f*cking crazy"

  23.06.2023 | 14:30 Uhr

Die neue Mediatheks-Serie „Everyone is f*cking crazy“ des Saarländischen Rundfunks feiert auf dem Internationalen Filmfest München ihre Premiere – und zwar am Montag, 26. Juni, 18.00 Uhr, sowie Mittwoch, 28. Juni, 15.00 Uhr, im Audimax der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) München. Die Folgen haben jeweils eine Länge von rund 25 Minuten.

Die SR-Serie geht auch ins Rennen um den Bernd Burgemeister Fernsehpreis in der Kategorie “Beste Serie” aus der Reihe „Neues Deutsches Fernsehen“. Das Filmfest München feiert dieses Jahr 40-jähriges Bestehen und geht von Freitag, 23. Juni, bis Samstag, 1. Juli.

„Everyone is f*cking crazy“ ist eine Produktion der REAL FILM Berlin GmbH unter redaktioneller Federführung des Saarländischen Rundfunks; die Redaktion hat Christian Bauer. Produzent ist Henning Kamm. Luzie Loose führt nicht nur Regie, sondern hat auch die Drehbücher der achtteiligen Serie mitgeschrieben und ist zudem auch Mitkreatorin der Serie. Sie hat für den SR bereits im „Tatort“ „Das Herz der Schlange“ Regie geführt.


Inhalt

Derya, Malik, Chloë und Schröder sind alle bei der Psychotherapeutin Dr. Thomalla in Behandlung. An dem Tag, an dem Thomalla tot vor ihrem Haus aufgefunden wird, treffen die vier zum ersten Mal aufeinander. Zwischen Polizei, Krankenwagen und Kriseninterventionsteams beschließt Derya, die Therapie der Gruppe unter ihrer Anleitung fortzuführen – mit unerwarteten und teils fatalen Folgen.


Interview mit Luzie Loose:

Für welche Zielgruppe ist die Mediatheks-Serie gemacht?

Luzie Loose: „Everyone is f*cking crazy“ ist eine young adult-Serie über mentale Gesundheit und darüber, dass Freundschaft ein Anker sein kann – ohne dass sie die Lösung für alle Probleme ist. Wir erzählen jung, schnell, auf Augenhöhe mit unseren Figuren und hoffen, ein jüngeres Publikum für die ARD Mediathek interessieren zu können. Das Thema mentale Gesundheit geht allerdings alle an – Teenager bis best ager.

Was war Ihnen/was war dem gesamten Team bei der Konzeption der Serie wichtig?

Luzie Loose: Drehbuchautor John-Hendrik Karsten und ich haben die Serie gemeinsam mit Real Film und dem SR ins Leben gerufen. Wir möchten psychische Erkrankungen auch jenseits von Depressionen erzählen und sie erfahrbar machen, ohne didaktisch zu sein. Die Serie soll unterhalten, sich aber nicht über die Figuren lustig machen. Derya, unsere Hauptfigur, sagt einmal „Nicht jede Krise ist eine Chance, manchmal ist sie auch einfach scheiße.“ Man darf aber auch in der Krise lachen.

Die Serie greift das Thema psychische Erkrankungen bei jungen Menschen auf, das in der Corona-Pandemie noch drängender wurde. An welchen Vorbildern haben Sie sich bei den Drehbüchern orientiert?

Luzie Loose: Vorbilder für die Serie waren unsere Recherchepartner*innen. Betroffene, Ärzt*innen, Therapeut*innen, Freund*innen, die ehrliche und offene Gespräche mit uns geführt haben und Drehbücher gegengelesen haben. Ihnen gerecht zu werden, war das Wichtigste.

Wie lange war damit insgesamt die Recherche- und Vorbereitungszeit für ein solch ein groß angelegtes Projekt?

Luzie Loose: In nur einem Jahr haben wir entwickelt, geschrieben und gedreht. Recherche, Schreibprozess, Casting und Vorbereitungen liefen am Ende parallel. Ich finde das gut, weil sich all diese Prozesse auch gegenseitig bereichern. Tempo und Mut bringen eine gewisse Energie in ein Projekt.

Welchen (neuen) Ansatz verfolgt „Everyone is f*cking crazy!“? Was ist der Anspruch der Serie in der Ansprache von jungen Menschen?

Luzie Loose: Filme und Serien prägen unser Bild von psychisch kranken Menschen und stellen sie oft übertrieben oder gar bedrohlich dar. Es war uns wichtig, ehrlich und schonungslos zu sein, vor allem aber Identifikationsfläche für junge Menschen zu bieten. Oft hilft es Betroffenen schon, zu spüren, dass sie mit ihrer Erkrankung nicht allein sind. Die Serie kann Hoffnung machen und dazu ermutigen, sich Hilfe zu holen.

Regisseurin, Mit-Autorin, Mitkreatorin – was hat Sie persönlich gereizt, bei dem Projekt so vielfältig einzusteigen?

Luzie Loose: Ein Projekt vom ersten bis zum letzten Schritt zu begleiten, ist großartig. Für mich ist es tatsächlich leichter, Regie zu führen, wenn ich selbst (mit)geschrieben habe. Ich habe die Welt, die Figuren, Sets, Kostüme usw. dann von Anfang an vor Augen und viele Entscheidungen sind klar und leicht zu fällen.

Fokus und Erzählperspektive in der Serie wechseln. Jede Figur steht im Mittelpunkt ihrer jeweiligen Folge. Was war Ihnen bei der Regiearbeit dabei wichtig?

Luzie Loose: Jeder Mensch, ob krank oder gesund, lebt in seiner eigenen Welt - mit eigener Wahrnehmung, eigenem Tempo, eigenen Bildern. Der Wechsel der Perspektive erlaubt es uns, in die Innenwelten mehrerer Figuren einzutauchen. Wie fühlt sich das Leben mit einer psychischen Störung wirklich an? Filmische Mittel wie Bildgestaltung, Musik, Effekte variieren leicht je nach Folge und Fokus.

„Everyone is f*cking crazy!“, sagt einmal Derya zu Malik. Der Spruch ist für die gesamte Serie zum Titel – und damit zum Leitthema – geworden. Was ist aus Ihrer Sicht mit „Everyone is f*cking crazy“ gemeint?

Luzie Loose: Du bist nicht allein. Dass alle irgendwie verrückt sind, ist natürlich überspitzt. Aber wenn man genau hinsieht, haben wirklich viele Menschen ein Thema mit ihrer mentalen Gesundheit, und wir sprechen immer noch nicht genug darüber. „Everyone is f*cking crazy“ soll dazu beitragen, psychische Erkrankungen zu normalisieren und zu entstigmatisieren und darauf aufmerksam zu machen, dass es viel zu wenig Therapieplätze gibt für alle, die einen brauchen.

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