Fenster in der Abteikirche Tholey (Foto: Heike Steiner)

Tholeyer Kirchenfenster von Weltrang

  06.09.2021 | 13:39 Uhr

Die frühgotische Tholeyer Abteikirche Sankt Mauritius steigt auf in den Rang der Weltkunst. Im Rahmen ihrer Restaurierung erhielt sie 32 neugestaltete Kirchenfenster. Neben dem mächtigen Bilderzyklus der afghanischen Künstlerin Mahbuba Maqsoodi steuerte der berühmte Maler Gerhard Richter Entwürfe für die drei großen Chorfenster bei.

Sanierung der Tholeyer Abteikirche

Es war ein außergewöhnlicher Auftrag in einer Zeit, in der viele Sanierungen von Sakralbauten kaum finanzierbar scheinen. Das Kloster hatte sich zusätzlich zur Komplettrestaurierung des Baus insgesamt 32 neue, gegenständlich gestaltete Kirchenfenster gewünscht, die in einem Bilderzyklus auf leicht verständliche Weise die christliche Botschaft verkünden sollten. In einem Wettbewerb setzte sich die afghanische Künstlerin Mahbuba Maqsoodi mit Wohnsitz in München durch. Sie überzeugte mit ihren starkfarbigen erzählerischen Entwürfen zu Szenen und Gestalten des Alten und Neuen Testaments sowie zu Bildergeschichten über Ordensgründer und Heilige.

Glasmalerei in Saarbrücken

Um die etwas abseits gelegene Klosterkirche aufzuwerten, wurde auch der weltberühmte Maler Gerhard Richter angefragt. Überraschenderweise sagte Richter zu und entwickelte für die drei Chorfenster aus seinem Musterbuch Patterns kaleidoskopartige, abstrakte Entwürfe, in denen sich nach Lesart der Tholeyer Mönche das „undurchdringliche Licht Gottes“ widerspiegelt.
Sowohl die Vorlagen von Mahbuba Maqsoodi als auch von Gerhard Richter stellten die Glasmalermeister in Saarbrücken Sankt Arnual und in München vor große Herausforderungen. Sie mussten auf höchstem Niveau das traditionsreiche Glasmalerhandwerk neu denken und um neue Techniken bereichern, um den gewünschten Gesamteindruck zu erzielen. Vom ersten Zuschneiden der Gläser bis zum Einbau der fertigen Fenster begaben sich die Glasmalerei Frese und die Bayerische Hofglasmalerei Gustav van Treeck auf eine große Abenteuerreise, die ein beglückendes Ende fand.

Die fast fertig restaurierte Abteikirche erstrahlt nun in einem warmen Licht, in dem die neuen Kirchenfenster ein vielstimmiges Farbenspiel entwickeln und die Besucherinnen und Besucher der Kirche zum Meditieren einladen. Sie sind in kürzester Zeit eine touristische Attraktion der Region geworden. Inzwischen hat Gerhard Richter verkündet, dass seine Entwürfe für Tholey das Werkverzeichnis seiner großformatigen Arbeiten schließen. So setzen seine drei Chorfenster in Tholey den Schlusspunkt eines weltweit gefeierten künstlerischen Werkes und machen sie zu etwas ganz Besonderem.

Die Historie der Abteikirche

Die Abteikirche Sankt Mauritius in Tholey gilt als das bedeutendste gotische Bauwerk im Saarland. Sie wurde ab 1260 im frühgotischen Stil errichtet und hat ihren Charakter im Laufe der Jahrhunderte trotz einiger vor allem barocker Eingriffe bewahren können. Im 19. und 20. Jahrhundert musste sie mehrfach restauriert werden.

Im Jahr 2018 konnte der Benediktinerorden das Kloster, das als eines der ältesten auf deutschem Boden gilt, zurückerwerben; die Kirche war seit der Französischen Revolution im Besitz der katholischen Gemeinde in Tholey gewesen. Mit dem Kirchenkauf ging der Orden auch die Verpflichtung ein, die Restaurierungsmaßnahmen fortzuführen.

Neben der Außensanierung und dem Kircheninneren mit der Barockorgel stand die bis heute noch nicht gelöste Aufgabe der Restaurierung des bedeutenden Tympanons über dem Eingangsportal der Kirche an. Auch die abstrakten Kirchenfenster aus den ausgehenden 1950er Jahren, die der damalige Mitbruder Bonifatius Köck für die Abteikirche entworfen hatte, hatten in den vergangenen Jahren stark gelitten. Durch ihren Ausbau wurde die umfassende Neugestaltung der Kirche erst nötig und möglich.

Am Donnerstag, 9. September, 20.15 Uhr, im SR Fernsehen.

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