Filmaufnahme "Ethik oder Etikettenschwindel" (Foto: SR/Sigrid Born)

Etikettenschwindel bei Bio-Fleisch - "Die Story im Ersten"

  15.05.2019 | 13:00 Uhr

Bio-Tiere leben und sterben oft unter erheblich schlechteren Bedingungen, als von den Kunden erwartet. Das berichtet der Saarländische Rundfunk in der Reihe „Die Story im Ersten“. Am Montag, 20. Mai, 23.45 Uhr, vom SR im Ersten.

„Ethik oder Etikettenschwindel?“

In dem Film „Ethik oder Etikettenschwindel? Biofleisch zwischen Tierwohl und Trittbrettfahrern“ zeigt Autorin Sigrid Born, wie gering die Anforderungen des EU-Siegels für Bio-Fleisch über den Mindeststandards für konventionelle Erzeuger liegen. Selbst diese geringen Standards würden oft nicht eingehalten.

In dem SR-Film werden versteckt gedrehte Aufnahmen der Tierschutzorganisation Animal Rights Watch (ARIWA) von zertifizierten Bio-Betrieben gezeigt. Darin sind Puten zu sehen, die sich gegenseitig blutig picken; außerdem verletzte Bio-Schweine mit entzündeten Wunden und teilweise schweren Erkrankungen. Die Sprecherin von ARIWA, Sandra Franz, sagte dem SR, viele Menschen griffen zu Bioprodukten, weil sie wollten, dass es den Tieren besser gehe und dass sie ein gutes Leben geführt hätten. Dies sei aber sehr oft nicht der Fall. Wörtlich erklärte sie: „Dieses Versprechen, unser Fleisch kannst du mit einem guten Gewissen essen, ist eine Verarsche, eine Lüge. Diesen Tieren geht es nicht viel besser als in der konventionellen Tierhaltung.“

Bio nicht gleich artgerecht

Der Öko-Beauftragte des Deutschen Bauernverbands, Dr. Heinrich Graf von Bassewitz, kritisierte die unklaren Vorstellungen von Tierwohl im Bio-Bereich: „Wenn wir 28.000 Bio-Betriebe in Deutschland haben, dann haben wir 28.000 Versuchsstationen. Weil jeder versucht, sich etwas zurecht zu fummeln, wie er meint, dass es ginge.“

Ein Grund sind unzulängliche EU-Verordnungen, die den Bio-Fleisch-Produzenten so viele Spielräume lassen, sodass die Haltungsbedingungen der angeblich glücklicheren Tiere sich nur wenig von der konventionellen Tierhaltung unterscheiden. Nach den Worten des Landesbeauftragten für Tierschutz des Saarlandes, Dr. Hans-Friedrich Willimzik, heißt Bio nicht zugleich 100 Prozent artgerechte Tierhaltung. Das ganze System sei auch in den Bio-Betrieben auf Leistung und Gewinnoptimierung ausgerichtet. Deshalb reiche es nicht aus, pro Tier einen halben Quadratmeter Stallfläche mehr zu genehmigen. „Die tierquälerischen Situationen schreien auch in vielen Bio-Höfen zum Himmel!“

Bei der Schlachtung sieht es nach Recherchen von Filmautorin Sigrid Born oft nicht besser aus. Demnach erleiden die meisten Bio-Tiere am Ende ihres Lebens – oft nach einem langen Transport – denselben Tod wie ihre Leidensgenossen aus konventioneller Haltung. Weil man für das Label "Bio" höhere Preise verlangen kann, sind immer mehr Trittbrettfahrer unterwegs, denen das Tierwohl viel weniger am Herzen liegt als eine hohe Rendite. Sie verdrängen die „echten“ bäuerlichen Bio-Betriebe vom Markt. Gleichzeitig werden Erzeuger, die sich zum Beispiel für eine „humane“ Schlachtung gleich am eigenen Hof ohne Transportwege einsetzen, bekommen, wie der SR-Film belegt, bürokratische Steine in den Weg gelegt.

„Die Story im Ersten – Ethik oder Etikettenschwindel? Biofleisch zwischen Tierwohl und Trittbrettfahrern“. Ein Film von Sigrid Born. Redaktion: Wolfgang Wirtz-Nentwig (SR).

Am Montag, 20. Mai, 23.45 Uhr, vom SR im Ersten.

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