Nikolaus Warken und der Rechtsschutzsaal (Foto: SR/Mirko Tomic)

Nikolaus Warken und der Rechtsschutzsaal

Die Geschichte der ersten saarländischen Gewerkschaft

  26.04.2017 | 09:00 Uhr

Der Rechtschutzsaal in Friedrichsthal-Bildstock ist das bundesweit älteste steinerne Zeugnis des Kampfes von Arbeitern um Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Bergarbeiter gaben Geld und Steine, um sich selbst einen Versammlungsraum zu bauen. Das war nötig geworden, nachdem die Bergleute auf Druck von Regierung und Grubenverwaltung keine Versammlungsräume mehr anmieten konnten. Der Film von Mirko Tomic begibt sich auf Spurensuche nach den Anfängen der saarländischen Gewerkschaftsbewegung.

Der Bergmann Nikolaus Warken aus Hasborn spielte dabei die zentrale Rolle. Er hatte sich gegen Zwölf-Stunden-Schichten unter Tage und korrupte Bergbeamte zur Wehr gesetzt. 3.000 Bergleute mit Warken an der Spitze trafen sich im Mai 1889 in Bildstock zur Vorbereitung von Verhandlungen mit der preußischen Bergwerksdirektion. Als diese keine Kompromissbereitschaft zeigte, kam es zum Ausstand. Die Arbeitgeber blieben hart und verweigerten sich allen Gesprächen.

Trotzdem hatte dieser erste Streik Nachwirkungen. Warken und seine Kollegen gründeten den Rechtsschutzverein. Anfangs sogar noch mit Segen und Billigung der katholischen Kirche. Die erste gewerkschaftliche Vertretung zur Wahrung der Arbeiterinteressen im Bergbau des Saarlandes war geboren. Über 20.000 Bergleute wurden Mitglieder – trotz Verfolgung und Anfeindungen durch Bürgermeister und Landräte.

Sogar im Berliner Reichstag befasste sich mit den saarländischen Bergleuten. Insbesondere Freiherr von Stumm griff die Bergleute massiv an und forderte scharfe Gegenmaßnahmen.

Der Erfolg von Nikolaus Warken und seinem Rechtsschutzverein wurde von der Obrigkeit allgemein und der Bergwerksdirektion im Besonderen zunehmend als Bedrohung ihrer Besitzstände empfunden. Zusammen mit der konservativen Presse wurden die Aktivsten immer stärker kriminalisiert. Auch die Kirche entzog am Ende ihre Unterstützung.

Solidarität mit den Kumpeln

Es gelang auch nicht, die Kumpel im Ruhrgebiet zur Solidarität mit den Saarländern zu bewegen. Außerdem war der Absatz an Kohle gerade zurückgegangen, die Geschäfte der Gruben liefen schlecht. Nikolaus Warken geriet zwischen die verhärteten Fronten.

Gegen seinen Willen begannen 20.000 saarländische Bergleute Ende Dezember 1892 erneut einen Streik. Knapp drei Wochen hielten sie durch, dann brach der Protest zusammen. 500 Bergleute wurden für immer entlassen, 2.000 wurden zeitweise freigestellt. Für die meisten von ihnen der wirtschaftliche Ruin. Wer wieder einfahren wollte, musste eine Austrittserklärung aus dem Rechtsschutzverein vorlegen. Die erste Arbeitnehmervertretung war Geschichte.

Auch Nikolaus Warken durfte nie wieder als Bergmann einfahren. Er schlug sich bis zu seinem Tod 1920 mühsam als Kleinbauer und Hausierer durch.

Der Rechtschutzsaal ist heute renoviert und dient im Gedenken an seine Gründungsväter als Veranstaltungs- und Schulungsgebäude.

Der Film von Mirko Tomic begibt sich auf Spurensuche nach den Anfängen der saarländischen Gewerkschaftsbewegung. Mit Hilfe von historischen Dokumenten und Spielszenen und der Einordnung durch Historiker wird zum Tag der Arbeit die Geschichte des Aufstiegs und Scheiterns der ersten Gewerkschaft im Saarland wieder lebendig.

Am Montag, 1. Mai, 18.45 Uhr, im SR Fernsehen.

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