Eine Familie aus Saargemünd mit Gepäck (1939) (Foto: Kollektion Willy Jotz)

SAARTHEMA: Heute noch müssen wir fort

  20.10.2016 | 12:20 Uhr

Ein schöner Spätsommertag, warm und vorwiegend sonnig - es ist Freitag, das Wochenende steht vor der Tür und auf beiden Seiten der Grenze springen die Kinder ins erfrischende Wasser der Blies. Ein Idyll, könnte man meinen. Doch dieser sonnige Freitag ist der 1. September 1939, der Tag, an dem die deutsche Wehrmacht Polen überfällt und Nazideutschland Europa mit einem unbeschreiblichen Grauen überzieht, das fünfeinhalb Jahre dauern wird.

Ein schöner Spätsommertag, warm und vorwiegend sonnig – es ist Freitag, das Wochenende steht vor der Tür und auf beiden Seiten der Grenze springen die Kinder ins erfrischende Wasser der Blies. Ein Idyll, könnte man meinen. Doch dieser sonnige Freitag ist der 1. September 1939, der Tag, an dem die deutsche Wehrmacht Polen überfällt und Nazideutschland Europa mit einem unbeschreiblichen Grauen überzieht, das fünfeinhalb Jahre dauern wird.

Für die Bevölkerung hier in unserer Region, auf beiden Seiten der Grenze, heißt es zunächst einmal: Evakuierung. Weg. Sofort. Und jeder darf nur wenige Kilo Gepäck mitnehmen. Menschen, die größtenteils kaum einmal über die Grenzen ihrer Gemeinde hinausgekommen sind, brechen nun zwangsweise auf, in großer Sorge darüber, wie sie in der Fremde aufgenommen werden und was sie erwartet, wenn sie zurückkehren.

Und diese Sorgen sind alles andere als unbegründet; insbesondere bei der Rückkehr erwarten sie viele böse Überraschungen: die Häuser geplündert, beschädigt oder völlig zerstört, manche sogar abgerissen, weil die Verwaltung die Abwesenheit der eigenen Bevölkerung nutzt, um Dörfer nach ihrer Ideologie umzugestalten.

Zahlreiche Zeitzeugen

Traumaforscher wissen heute, dass Erfahrungen wie Evakuierungen Auswirkungen bis in die zweite und dritte Generation hinein haben können.

Im zweiteiligen Feature von Annette Bak – Teil 1 am Donnerstag, 27. Oktober, 20.15 Uhr und Teil 2 am Dienstag, 1. November, 18.15 Uhr, jeweils im SR Fernsehen – kommen zahlreiche Zeitzeugen zu Wort. Sie gehören der letzten Generation an, die darüber noch berichten kann und schildern, was sie als Kinder erlebt haben. Bemerkenswert ist auch, dass obwohl die politischen Verhältnisse auf beiden Seiten der Grenze höchst unterschiedlich und die Rollen klar verteilt waren –, Deutschland als Besatzungsmacht, Frankreich als besetztes Land – sich im Kleinen, im Alltag der evakuierten Grenzanrainer die Erlebnisse hüben wie drüben verblüffend ähneln.

Zur zweiteiligen SR-Dokumentation ist im Saarbrücker Geistkirch-Verlag ein Buch erschienen, das ab sofort im Buchhandel erhältlich ist.

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