Die NS-Zeitzeugen Petra und Fritz Michalski an der Gemeinschaftsschule Nohfelden-Türkismühle (Foto: SR/Sebastian Müller)

NS-Zeitzeugen besuchen Schule in Nohfelden-Türkismühle

Reporter: Sebastian Müller / Onlinefassung: Corinna Kern   14.06.2023 | 16:50 Uhr

Eine besondere Geschichtsstunde fand am 14. Juni an der Gemeinschaftsschule Nohfelden -Türkismühle statt. Das Ehepaar Michalski, beide NS-Zeitzeugen, erzählte den Schülern über die Grauen der NS-Zeit. Erlebnisse, die immer seltener erzählt werden können.

Über 78 Jahre ist das Ende des Zweiten Weltkrieges und der Nazi-Zeit mittlerweile her. Immer weniger Menschen leben noch, die sich an die Zeit damals erinnern können. Das Ehepaar Michalski aus Berlin kann noch darüber berichten. Sie sind deshalb im Saarland und haben ihre Geschichte den Schülern der Gemeinschaftsschule Nohfelden-Türkismühle erzählt.

Video

Video [aktueller bericht am Montag, 20.06.2023, Länge: 3:38 Min.]
Zeitzeugen berichteten von NS-Verbrechen an Nohfelder Gemeinschaftsschule

Petra und Fritz Michalski sind Überlebende der NS-Zeit. Beide reisen trotz ihres hohen Alters von 86 und 89 Jahren durch Deutschland und erzählen ihre Lebensgeschichte. 400 Schüler lauschten in Türkismühle der einstündigen Erzählung des Ehepaares und waren berührt von dem, was sie hörten.

Seit Fritz Michalski vor einigen Jahren einen Schlaganfall hatte und Probleme mit dem Sprechen hat, überlässt er seiner Frau das Reden. Doch er verfolgte jeden Satz aufmerksam und betonte immer wieder die aus seiner Sicht besonders wichtigen Momente.

Die "stillen Helden" auf der Flucht

Besonders wichtig ist den beiden Überlebenden, von den Menschen zu erzählen, ohne die sie die Monate nach ihrer Flucht aus der eigenen Wohnung bis zum Kriegsende nicht überlebt hätten. Das ehemalige Kindermädchen, der Arbeitskollege oder sogar ein bekannter Adliger auf seinem Landsitz. Sie alle haben der Familie Michalski für eine gewisse Zeit Unterschlupf gewährt und sich damit selbst in Lebensgefahr begeben.

Für diesen Mut wurden diese "stillen Helden" mittlerweile auch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem geehrt. Und genau für diese "stillen Helden" nehmen die Michalskis die Strapazen der Reisen auf sich. Sie möchten dadurch ihren Helfern und deren Nachkommen nachträglich danken.

Flucht vor der Gestapo

Zur NS-Zeit ist Fritz Michalski 10 Jahre alt und lebt mit seinem katholischen Vater, seiner jüdischen Mutter und seinem kleinen Bruder in Görlitz. Es ist genau an seinem Geburtstag, als die Gestapo die Familie aufsucht, um sie zu deportieren. Durch einen Trick der Mutter konnte die Familie flüchten, erzählt Petra Michalski: "Dann hat seine Mutter ihren ganzen Grips zusammengenommen und hat einen Kindergeburtstagstisch gedeckt. Und in dem Moment, wo die Gestapo an der Haustür klingelte, ist die Mutter mit den beiden Kindern über den Hinterhof zum Bahnhof gerannt."

Petra Michalski vermutet heute, dass die Männer der Gestapo selbst nichts zu essen hatten. Sie hätten sich daher auf den Kuchen und den Kaffee konzentriert und erst danach gemerkt: "Hier ist ja keiner mehr. Und da war es dann schon zu spät."

Audio

Als die Gestapo an die Türe klingelte
Audio [SR 3, Sebastian Müller, 14.06.2023, Länge: 03:00 Min.]
Als die Gestapo an die Türe klingelte

Schüler hören gebannt zu

Die 400 Schüler hörten während dieser besonderen Geschichtsstunde aufmerksam zu und waren berührt. "Ich finde es einfach emotional, das zu hören von Zeitzeugen, wie sie das erlebt haben. Und das live zu hören, ist was anderes, als es zu lesen." Die Schülerinnen und Schüler sind sich bewusst, dass es solche Möglichkeiten nicht mehr lange geben wird.

Damit erfüllen die Michalskis auch ihr zweites großes Ziel. Den jungen Menschen einen echten und greifbaren Eindruck über die Schrecken der damaligen Zeit zu geben. Deswegen möchten sie mit ihren Reisen und Auftritten als Zeitzeugen so lange es geht weitermachen, damit die junge Generation ihre Geschichte weitererzählen kann. Und besonders freut es die Michalskis, wenn ihr Beispiel die jungen Menschen von heute dazu inspiriert, sich selbst für andere einzusetzen.

Ein Thema in der Sendung "Region am Nachmittag" am 14.06. 2023 auf SR 3 Saarlandwelle.

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