Zwei Personen tragen Umzugskisten in eine Wohnung. (Foto: IMAGO / Shotshop)

Warum fällt uns das Neinsagen oft so schwer?

Reporter: Max Zettler | Onlinefassung: Dagmar Scherer   06.06.2023 | 06:20 Uhr

Es gibt viele Situationen, in denen es uns schwer fällt, "nein" zu sagen. Man wird auf eine Feier eingeladen, würde aber lieber zuhause bleiben. Ein Kollege fragt, ob man den Dienst tauschen kann und man sagt zu, obwohl man eigentlich gar nicht will. Aber woran liegt es, dass wir so oft "ja" sagen, obwohl uns eigentlich nach "nein" ist?

"Nein" ist trotz der wenigen Buchstaben ein Wort, was uns seltener als gedacht über die Lippen geht. Die Saarbrücker Psychologin Ulrike Jung weiß, woran das liegt.

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Warum uns das Neinsagen oft schwer fällt
Audio [SR 3, Max Zettler, 06.06.2023, Länge: 04:10 Min.]
Warum uns das Neinsagen oft schwer fällt

Zum Einen gebe es den Wunsch, teilzuhaben, mitzumachen, Teil von einem Geschehen zu sein und das wäre ja nicht der Fall, wenn man nein sage, so die Psychologin Ulrike Jung. Und dahinter könne auch die Befürchtung stehen, dann den Kontakt zu verlieren.

Für diese Befürchtung gibt es sogar einen englischen Fachausdruck: "Fear of missing out" - kurz FOMO. Also die Angst, etwas zu verpassen. Und diese Angst erzeugt einen gewissen Erlebnisdruck. Es könnte ja etwas Wichtiges oder Spannendes passieren, was man dann nicht miterlebe, wenn man "nein" sage.

Soziale Medien wie Facebook oder Instagram tragen zu dieser "Fear of missing out" einen großen Teil bei, denn sie ermöglichen es ja, quasi von der Couch aus ständig am Leben der Freunde teilzunehmen.

Neinsagen im Beruf

Auch im beruflichen Kontext sieht Ulrike Jung Aspekte, die uns das Neinsagen erschweren. "Man möchte auf der beruflichen Erfolgsleiter weiter nach oben steigen" und das wolle man auch zeigen, indem man sich engagiere.

Es könne aber auch die Angst dahinter stecken, durch ein Neinsagen sich beruflich zu schaden oder sogar den Job zu verlieren.

"Vielleicht ist man aber auch einsam und mit der Arbeit am Wochenende fällt einem das dann nicht so auf", so die Psychologin. Dann arbeite man aber nicht an dem Problem selber, sondern vergrößere es eigentlich im Grunde.

Ein weiteres Problem bei allen drei möglichen Ursachen: Es besteht die Gefahr, dass man sich überlaste und dass irgendwann dann alles zu viel werde. Man gerate dann in einen großen, inneren Stress, entfremde sich von sich selbst und laufe dann Gefahr, den Kontakt zu sich selbst zu verlieren.

Das Neinsagen kann man üben

Das Gute ist: Wie bei allem im Leben kann man auch das Neinsagen üben. Ulrike Jung vertraut da auf die gute alte Bedenkpause. Nicht sofort reagieren, sondern die kleine Zeitspanne nutzen, um sich selbst klar zu werden, ob man wirklich mal wieder "ja" sagen will. "Wie sieht's mit meinen Terminen aus? Dann: Wonach ist mir zumute? Was ist jetzt wirklich wichtig?" Sich also ein kleines bisschen Zeit nehmen, in sich reinhorchen und in Ruhe dann seine Entscheidung treffen. "Das wäre so ein Tipp von mir", sagt die Psychologin.

Ein Thema in "Guten Morgen" am 06.06.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

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