Gut zu wissen: Anti-Radarfallen-Spray: Helfen Netzprodukte wirklich?

Anti-Radarfallen-Spray: Helfen Netzprodukte wirklich?

Sven Berzellis   23.04.2025 | 09:20 Uhr

Auf TikTok, Instagram und Co. werben Kurzvideos für schnelle Tricks gegen Radarfallen. Dabei verweisen die Clips auf ausländische Webseiten, die zu horrenden Preisen ihre Waren verschicken. Alles nur Fake? Wir haben den Test gemacht.

Zu fetzigen Tanzbeats sprayen und kleben Creator Anti-Blitzer-Produkte auf Kennzeichen. Ein Bild mit Blitz, geschossen vom Smartphone, soll bewiesen: Das Kennzeichen – oder (je nach Produkt) zumindest eine überklebte Zahl – ist durch den Kamerablitz nicht mehr zu erkennen. Für das menschliche Auge scheint die Manipulation aber nicht sichtbar zu sein. Kann es so einfach sein? Zumindest verlinkt ein Blick in die Videobeschreibung direkt zur Verkaufsseite. Denn viele der Kurzvideos sind in Wahrheit kleine Werbeclips – stilecht in Form von TikTok- und Instagram-Clips.

Produkte im dreistelligen Bereich

Die Videolinks leiten uns oft auf US-Amerikanische und britische Webseiten weiter. Wobei es ähnliche Produkte auch auf Amazon, Alibaba und Co. zu finden gibt. Außergewöhnlich bei den Produkten ist vor allem der Preis. Auf einer US-Webseite bestellen wir ein Spray, welches das eigene Kennzeichen überbelichten soll. Der Blitz der Radarfalle soll durch den dünnen Sprayfilm zurückgeworfen und das Kennzeichen somit nur als weißes Schild zu erkennen sein.

Eine sogenannte Radar-Falle, auch „Blitzer“, zur Geschwindigkeitsmessung von Straßenfahrzeugen (Foto: picture alliance/dpa | Daniel Karmann)

Außerdem kaufen wir eine Art „Zerrspiegel-Folie“. Gewölbt auf das Nummernschild angebracht soll das eigene Kennzeichen nicht mehr schräg von der Seite – dort, wo idealerweise die Radarfallen stehen – zu erkennen sein. Direkt von vorn oder von hinten bleibt das Kennzeichen aber sichtbar, so die Verkäufer.

Das dritte Produkt kaufen wir auf einer britischen Webseite. Dort versprechen Sticker einzelne Ziffern des Nummernschilds zu überblenden, wenn man diese Ziffern einfach überklebt.

Insgesamt haben wir für drei Produkte umgerechnet fast 250€ ausgeben.

Billige Produkte trotz hohem Kaufpreis

Blitzercheck - kann man Radarfallen austricksen?
Video [SR Fernsehen, (c) SR, 01.04.2025, Länge: 04:52 Min.]
Blitzercheck - kann man Radarfallen austricksen?

Die Produkte bringen wir auf eigens dafür angeschafften Kennzeichen an. Dafür mussten wir Tage vorher das Spray auftragen. Der Hersteller verspricht dann eine lebenslange Garantie. Ähnliche Versprechen bekommen wir bei den Stickern und bei der Folie.

Doch schon beim Benutzen der Produkte wird klar: Das Spray scheint billiger Lack zu sein und die Sticker passen nicht auf europäische Nummernschilder (obwohl so angegeben). Die Zerrspiegel-Folie scheint augenscheinlich zu halten, was sie verspricht, ist aber alles andere als subtil und muss sogar mit Panzertape aufwändig an der Kennzeichenhalterung in der gewölbten Form gehalten werden.

Wir machen den Praxistest.

Praxistest auf dem ADAC-Verkehrsübungsplatz in Dudweiler

Gemeinsam mit dem ADAC und der Polizei lassen wir uns auf einer abgesperrten Teststrecke ganz legal blitzen. Dafür gehen wir auf den ADAC-Verkehrsübungsplatz in Saarbrücken-Dudweiler.

Trotz schlechtem Wetter mit viel Regen sind alle drei Produkte kein Gegner für eine moderne Radarfalle. Das Nummernschild ist jeweils deutlich zu erkennen.

„Die Technik, die ist mittlerweile so gut. Der Blitz ist auch sehr stark. Die Anlage hat sogar noch einen Pol Filter, der die Reflektion aus dem Bild herausfiltert", so Ralf Stader, Hauptkommissar Verkehrspolizei.

Mobile Blitzer können in verschiedenen Straßen aufgestellt werden. (Foto: Büttner/dpa)

Die Polizei gibt zu: Hätten wir vorab nicht gesagt, dass wir die Kennzeichen absichtlich manipulieren würden, hätte die Polizei die Manipulation gar nicht erst erkannt. Die einzige Ausnahme bildet die Zerrspiegel-Folie. Bei einer Kontrolle wäre sie der Polizei gleich aufgefallen und hätte für satte Knöllchen gesorgt.

Kennzeichenmanipulation ist illegal

Das eigene Kennzeichen zu manipulieren und damit herumzufahren ist illegal. Der Bußgeldkatalog sieht bei Folien, Lacken oder Ähnlichem zum Beispiel 65 Euro Strafe vor. In schweren Fällen droht sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr.

„Das Ergebnis ist natürlich sehr schlecht. Auf der einen Seite wird man sofort ermittelt, weil die Kennzeichen trotzdem lesbar sind. Man gibt unnötiges Geld für die Anschaffung des Produktes aus und läuft noch Gefahr, bestraft zu werden vom Staat“, so Bernd Brutscher vom ADAC-Vorstand für Verkehr und Technik.

Die naheliegende Lösung ist, einfach so schnell zu fahren, wie durch die Verkehrsschilder vorgegeben. Die Polizei sensibilisiert: Geschwindigkeitsbegrenzungen haben ja vor allem den Sinn, das alle am Ende sicher an ihr Ziel kommen.

"Gut zu wissen" - immer mittwochs in "SR 3 am Vormittag" auf SR 3 Saarlandwelle.

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