Kohlenstampfmaschine der Völklinger Hütte wird zur Orakelmaschine
Als die Kohlenstampfmaschine im ehemaligen Eisenwerk Völklinger Hütte noch in Betrieb war, war sie kein beschaulicher Ort, in dem man gerne verweilt hätte. Durch den Musik- und Theaterkünstler Heiner Goebbels verwandelte sich dieses rostige Ungetüm auf dem Kokereigelände aber in etwas Magisches.
Heiner Goebbels arbeitet an den Schnittstellen zwischen Theater, Performance, Komposition und Klangkunst . Seine genreübergreifenden Kunst-Installationen waren auf der "documenta" vertreten sowie in Museen oder Festivals in Madrid, Perth oder Glasgow.
Ort für Imagination
Die Kohlenstampfmaschine im Weltkulturerbe Völklinger Hütte ist längst zu einem Denkmal geworden. Mit der Welturaufführung der Installation "862 – Eine Orakelmaschine" von Heiner Goebbels wird ihr nun wieder Leben eingehaucht.
Ein ehemals erbarmungslos harter Arbeitsplatz wurde ein Platz für Imagination: Einst wurde hier Kohle zu Paketen gestampft und später zu Koks weiterverarbeitet. Nun aber wuchsen imaginäre Wälder auf dem Gebäude der rostigen Kohlenstampfmaschine, flossen Texte über den Boden wie ein langer, ruhiger Fluss und verschwanden unter dem industriellen Ungetüm.
Die Rezension von Barbara Grech
Ratlos bis beeindruckt war das Publikum bei der Uraufführung dieser Performance, die mit Sound, Licht, Videotext und Stimmen den Ort rund um die ehemalige Dampfmaschine transformiert. Eine Besucherin empfand es als eine musikalische Reise: "Für mich war das Klang und visuell. Manchmal denkt man sogar an Gerüche. Aber die habe ich wahrscheinlich noch dazu gedichtet. Das war eine wunderschöne Reise, hat mich völlig entrückt." Ein anderer Besucher meinte, er sei komplett überfordert gewesen.
Für Goebbels selbst ist "862 - eine Orakelmaschine" eine Komposition aus Klängen, die durchaus auch was mit dem industriellen Charakter des Ortes zu tun haben. Gleichzeitig aber auch mit der Natur, etwa mit seltenen Vögeln, die manchmal auftauchen, wenn man, so Goebbels, an diesem Ort in Ruhe arbeitet.
Erwartungen nicht ganz erfüllt
Dabei tun sich Fragen auf, so Barbara Grech: "In was für einer Welt haben wir gelebt, leben wir, wollen wir leben? Inwieweit kann und soll der Mensch diese Welt gestalten? Und natürlich: Was haben wir alles schon kaputtgemacht?"
Akustisch gelinge es Goebbels, diese Räume zu schaffen mit einer fast schon skurril anmutenden Mischung aus industriell klingenden Tönen, Vogelgezwitscher und gesprochenen Texten. Seine Lichträume blieben allerdings oftmals hinter den Erwartungen zurück.
Vereinzelt magische Momente
"Etwas Old School werden da Funzeln zum Leuchten gebracht, vermeintliche Kohle zum Glühen unter der Stampfmaschine, nebst vollem Einsatz der Trockennebelmaschinen. Vereinzelt tauchen dann aber doch magische Momente auf wie ein Text, der über den Boden fließt, wie ein Fluss oder ein Wald, der auf den Gemäuern des Industriebaus entsteht. Davon hätte man sich mehr gewünscht. Doch alles in allem, so das Publikum, bleiben die magischen, eher stillen Momente dieses Kunstabends sehr beeindruckend."
Goebbels will Bilder auslösen
Goebbels seinerseits empfindet es so: "Mir geht es eigentlich immer darum, Räume zu bauen, in denen Imagination stattfinden kann. Für die Menschen dieses hören, die das sehen, und das Schönste dabei für mich ist, auch wenn mir hinterher Leute, die das gesehen haben, erzählen, was es alles bei Ihnen ausgelöst hat."
In der Nähe der "Orakelmaschine" steht eine überdachte Tribüne mit 130 Sitzen. Tickets für die Veranstaltungen kosten 30 Euro. Bis zum 17. September finden dort, jeweils am Wochenende, noch 8 Vorstellungen statt. Mehr Infos zu "862 – Eine Orakelmaschine" gibt es hier.
Auftakt einer neuen Kunstreihe
Die Klang-Bild-Kunstperformance sei der Auftakt des In-Situ-Programms "1200° – MUSIK THEATER KUNST", so Direktor Ralf Beil. Immer wenn Geld und Ideen da sind, soll das Kunstformat in Zukunft dort stattfinden.
Weitere Informationen
Ein Thema in der Sendung "Der Lange Samstag" auf SR 2 KulturRadio und in der Region am Mittag auf SR 3 Saarlandwelle am 02.09.2023.
