Jubelnder Beifall für Aufführungen "von Weltklasse"

Eröffnung des 5. Tanzfestivals Saar

Karsten Neuschwender / Onlinefassung: Lisa Huth   02.03.2024 | 13:38 Uhr

Das fünfte "Tanzfestival Saar" ist im Saarländischen Staatstheater eröffnet worden. Bis zum 10. März werden Stücke von Choreografen von Weltruhm gezeigt. Musikredakteur Karsten Neuschwender war für den SR dabei. Ein Gespräch mit Moderatorin Sonja Marx.

Wie war die Eröffnung?

Rauschend. Um nicht zu sagen rauschend und glutvoll. Das meine ich auch ganz konkret. Einmal hatten die Tänzer auf sehr dunkler Bühne einen Strauß Räucherholz in der Hand. Durch die Bewegung entstanden faszinierende glutrote Licht- und Bewegungsmuster zur Musik von Bob Dylan.

Das war nur einer der vielen Höhepunkte. Als dann am Ende das Saallicht an war, stand das Publikum immer noch da und jubelte: Standing Ovations für das Saarländische Staatsballett, das großartig war. Und natürlich auch die Choreographen. Es gab Stücke von Ohad Naharin und das Dylanstück, das war von Marco Goecke. 

Marco Goecke? DER Marco Goecke? 

Ja, DER Marco Goecke. Ich weiß worauf Du anspielst. Das ist der, der im letzten Jahr eine Zeitungskritikerin mit Hundekot beschmiert hat. Später hatte er gesagt, er sei im Burnout gewesen. Ich finde: Der Mann ist wegen tätlicher Beleidigung verurteilt worden, und er hat seinen Chefposten in Hannover verloren.

So richtig ich Konsequenzen für sein Verhalten finde, die sind gezogen worden. Und nun gehört der Vorfall für mich in eine Randbemerkung seiner Biografie. Punkt. Bei der Premiere gestern war das auch kein Thema. Man sollte sich wieder seiner außergewöhnlichen Arbeit widmen. Und sich selbstverständlich auch kritisch mit ihr auseinandersetzen. Wobei sein Stück "whiteout" für mich Grund zu einer Jubelarie ist. 

Was lässt Dich denn jubeln? 

Die Frische, die Kreativität, der Witz. Das Stück ist aus dem Jahr 2008, das Staatsballett tanzt es seit 2022. Am Anfang kommen die Tänzer auf die schwarze Bühne. Es sieht aus, als würden sie ein Flossenballett von Fischen mit ihren Händen machen. Später hat es mich an einen Balztanz von Vögeln erinnert. Unglaublich schön.

Das Ganze zu Musik von Bob Dylan, und dann diesen schon angesprochenen Räucherstäbchen, die im ganzen Raum zu riechen waren - als ob man da eine Hippieparty ironisch liebevoll und humorvoll erlebt, so jedenfalls meine Wahrnehmung.

Aber das ist eben große Kunst, weil sie auf ganz vielen Ebenen passiert und wahrnehmbar ist. Und dieses tänzerische Flattern, Zucken und Wackeln bei Marco Goecke - das zu sehen, ist einfach ein Erlebnis. 

Ballett gilt ja auch immer ein wenig als unzugänglich bis unverständlich. Kannst Du uneingeschränkt empfehlen, da hin zu gehen?

Ganz klar: Ja.

Das ist wie im Leben, da versteht man auch nicht alles, aber wenn man sich einlässt, gibt es am Ende oft tolle Erfahrungen. Im ersten Stück des israelischen Choreographen Ohad Naharin wird permanent ein Gedicht von Charles Bukowski gelesen. Darin die Zeilen „ignore all possible concepts", ignoriere alle denkbaren Konzepte und Möglichkeiten, ignoriere Beethoven, die Spinne, Fausts Verdammnis. Mach einfach. Das ist ein wundervolles Motto, auch für das ganze Festival.

In diesem Stück kann man dann auch sowas wie dynamisch menschliche Prozesse des Miteinanders erleben. Eine Besucherin sagte mir, dieses Stück wäre, als ob die Schwerkraft aufgehoben worden ist, in festgelegten und teilweise sehr erotischen Bewegungsmustern, die immer an anderer Stelle im Raum getanzt wurden. So als bedeute es: Egal wo ich im Leben stehe: Ich bin immer ich. Diese schöne Einschätzung kann ich nachvollziehen.

"George & Zalman" ist aus dem Jahr 2006 und ein Klassiker, genau wie Black Milk von Naharin, da entstand die erste Fassung schon 1984. Also: Es gibt hier beim Festival Weltklasse Tanzproduktionen von wichtigen Choreographen, aber auch von wichtigen Ensembles zu sehen. Das ist ganz außergewöhnlich. Und: Es gibt auch einen Festivalclub, in dem man dann die Nächte selbst durchtanzen kann. 

Video Balettabend "Rituale"

Tanzchoreographien von Weltruhm im Saarland
Video [SR Fernsehen, (c) SR, 28.02.2024, Länge: 05:03 Min.]
Tanzchoreographien von Weltruhm im Saarland
Der Ballettabend "Rituale“ ist einer der Höhepunkte des diesjährigen Tanzfestivals. Es werden Choreographien von Ohad Naharin und Marco Goecke gezeigt.

Weitere Informationen

Aufführungen des Tanzfestivals Saar gibt es in Saarbrücken, Saarlouis, Dillingen und Ottweiler

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