"Schon merkwürdig, dass Asservate so rasch vernichtet wurden"

Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat umfangreiche Beweismittel im Missbrauchsfall rund um den Priester Edmund Dillinger voreilig vernichtet. Einer der Sonderermittler, der den Fall für das Bistum Trier aufklären sollte, zeigte sich fassungslos. Man habe schon vor Wochen Antrag gestellt, das Material sichten zu dürfen.

Im Fall des inzwischen verstorbenen Priesters, der jahrzehntelang vor allem Jungen sexuell missbraucht haben soll, hatte die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauch im Bistum Trier zwei unabhängige Sonderermittler mit der kircheninternen Aufklärung des Falls beauftragt.

Der ehemalige Koblenzer Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer und der frühere Vizechef der Staatsanwaltschaft Trier, Ingo Hromada, sollten den Fall unabhängig von den staatlichen Ermittlungen aufklären. Doch diese Arbeit hat nun einen herben Rückschlag erlitten: Die Saarbrücker Staatsanwaltschaft hat umfangreiche Beweismittel vernichtet.

Einer der beiden Ermittler, Ingo Hromada, sagte dem SR: "Das hat uns schwer geschadet." Der zweite Ermittler, Jürgen Brauer, hatte der Nachrichtenagentur, KNA, bereits am Donnerstag gesagt, dass dies "für die Aufarbeitung des Falls eine Katastrophe" sei.

Sonderermittler Hromada: "Das hat uns sehr geschadet"

Ermittler wollten Unterlagen haben

"Wir haben am 20.6. bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken Antrag gestellt, uns die Asservate zur Verfügung zu stellen und uns Akteneinsicht zu geben", berichtet Ingo Hromada dem SR. Für diese Anfrage habe er auch eine Eingangsbestätigung erhalten, dass das Anliegen bearbeitet würde.

"Dann ist es schon merkwürdig, dass diese Asservate so rasch vernichtet wurden." Und weiter: "Es erweckt so ein bisschen den Eindruck als haben man erst nachträglich die Brisanz der ganzen Geschichte erkannt."

Großer Schaden für Aufklärung des Falls Dillinger

Die beiden Sonderermittler hatten große Hoffnungen in das Material gesetzt. "Wir hatten uns erhofft in diesen Unterlagen Reisepässe zu finden", so Hromada. Anhand der Pässe hätte man Rückschlüsse darauf ziehen können wie oft Dillinger auf Reisen gewesen war und welche Orte er besucht habe.

Die Trierer Aufarbeitungskommission hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe von "vagen Hinweisen" auf einen bistumsübergreifenden "Pädosexuellenring" gesprochen, der Stipendiaten aus Afrika ausgebeutet haben könnte. Das Bistum hatte demnach auch Informationen über ein mögliches Doppelleben des Priesters unter falschem Namen in Afrika erhalten.

Fall Dillinger: "Kalender, Briefe, Tagebücher wurden einfach vernichtet"

Tausende Fotos von Reisen vernichtet

Vernichtet wurden von der Staatsanwaltschaft nach deren Angaben Tausende Fotos, vor allem von Reisen, außerdem persönliche Dokumente, wie Briefe und Terminkalender. Dieses Material sei am 5. Juli verbrannt worden, teilte die Staatsanwaltschaft dem SR mit. Ein Fehler, wie der Generalstaatsanwalt nun einräumte. Man bedauere dieses Vorgehen und entschuldigte sich.

Opferverein Missbit schockiert

Auch der Opferverein MissBit zeigte sich schockiert angesichts der vernichteten Beweismittel. Die Organisation sprach von "einem unüberschaubaren Schaden in der Aufklärung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche". Die Vernichtung der Beweismittel sei übereilig, dabei müsse eigentlich Sorgfalt vor Schnelligkeit gelten - besonders weil es auch Hinweise auf einen möglichen Kinderschänderring gegeben habe.

Auch das Bistum Trier ist nach eigenen Angaben "erschrocken" über die Vernichtung der Beweismittel. Das Vorgehen sei "kaum nachvollziehbar" teilte das Bistum auf SR-Anfrage mit.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 14.07.2023 berichtet.

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