Wie Lothringer und Saarländer auf ihr Verhältnis schauen
Die saarländisch-lothringische Grenzregion ist ein Kerngebiet der deutsch-französischen Freundschaft. Deren Zustand bewerten ähnlich viele Bewohnerinnen und Bewohner auf beiden Seiten als gut. Doch eine Infratest-Umfrage im Auftrag des SR fördert auch Unterschiede zutage.
Das Saarland und Lothringen teilen eine bewegte Historie: Beide Teile der Großregion waren über viele Jahre Spielbälle in der oft kriegerischen Auseinandersetzung der deutsch-französischen Nachbarstaaten. Ihre jeweilige Verwaltung wurde mal dieser, mal jener Seite zugeschlagen.
Deswegen hat der Élysée-Vertrag von 1963, der eine stabile Freundschaft zwischen den Ländern besiegeln sollte, für die Bewohnerinnen und Bewohner der Grenzregion eine besondere Bedeutung. Dass für sie das freundschaftliche Verhältnis auch 60 Jahre nach der Vertragsunterschrift noch weitestgehend intakt ist, zeigt der SaarLor-Trend, eine repräsentative Umfrage von Infratest Dimap im Auftrag des SR.
Drei Viertel der Befragten halten Verhältnis für gut
Demnach bewerten knapp drei Viertel der Menschen in der Grenzregion das deutsch-französische Verhältnis positiv. Jüngere Befragte schätzen die Beziehung sogar noch einmal deutlich besser ein.
Allerdings finden auch rund 30 Prozent auf beiden Seiten der Grenze, dass sich das Verhältnis in den vergangenen drei Jahren eher verschlechtert habe.
Mehr Zusammenarbeit oder mehr Eigenständigkeit?
Politikerinnen und Politiker im Saarland und in Lothringen präsentieren die Region gerne als beispielhaft für die europäische Integration. Doch bei der Frage, wie es damit weitergehen soll, gehen die Einschätzungen in beiden Ländern auseinander.
Während sich 57 Prozent der Befragten im Saarland insgesamt eine verstärkte Zusammenarbeit in Europa wünschen, wollen das in den Départements Moselle und Meurthe-et-Moselle nur 37 Prozent.
Nahezu umgekehrt fällt der Wunsch nach einer eigenständigeren Politik der jeweiligen Staaten aus. Während sich das nur jeder Fünfte im Saarland wünscht, ist es in Lothringen fast die Hälfte.
Verbesserungsbedarf auf regionaler Ebene
Auf regionaler Ebene sehen vor allem viele Lothringerinnen und Lothringer Verbesserungsbedarf: Eine Mehrheit von ihnen hält die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Gesundheit und öffentliche Verwaltung für nicht ausreichend. Die Saarländerinnen und Saarländer bemängeln vor allem Probleme im öffentlichen Nahverkehr der Grenzregion.
Unterschiede zeigen sich auch bei der Frage nach den wichtigsten Problemen: Da steht für die Menschen im Saarland der Krieg in der Ukraine an oberster Stelle, für die Lothringerinnen und Lothringer sind es die Preissteigerungen. Die Zuwanderung belegt allerdings bei beiden den letzten Platz.
Exakt gleich fällt auf beiden Seiten die Bewertung der Zweisprachigkeit aus. Jeweils 55 Prozent halten es für sehr wichtig oder wichtig, die Sprache des jeweils anderen Nachbarlandes sprechen zu können. Bei den Jüngeren nimmt das Interesse daran aber ab.
Toscani für durchgängigen Französisch-Unterricht
Für die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) zeigen die Ergebnisse des SaarLor-Trends, dass das Saarland mit "beiden Beinen in Europa" stehe. Das solle sich auch in der Praxis niederschlagen: "Wir wollen grenzüberschreitend zusammenarbeiten, um sehr konkret Verbesserungen zum Beispiel für Grenzpendler zu erreichen. Und die deutsch-französische Verständigung funktioniert am besten, wenn wir uns mühelos verstehen, dafür ist das Lernen der Nachbarsprache wichtig."
Der Vorsitzende der Saar-CDU, Stephan Toscani, sagte, es sei "grundsätzlich erfreulich, dass ein so hoher Anteil der Bevölkerung diesseits wie jenseits der Grenze das deutsch-französische Verhältnis positiv bewertet." Bedenklich sei allerdings, dass die Bedeutung der jeweiligen Fremdsprachenkenntnisse gerade bei jüngeren Menschen zurückgehe. Toscani plädierte in diesem Zusammenhang für flächendeckend durchgängigen französischen Sprachunterricht.
Alle Ergebnisse des aktuellen SaarLor-Trends finden Sie hier in der Übersicht.