Filmfestival Max Ophüls Preis 2014 (Foto: K. Forst)

Die Mitternachtstalks am Freitag

Christian Schwarz  

Zum Abschluss der SR-Talks in Lolas Bistro stellten sich die Verantwortlichen der Wettbewerbsfilme „Unter der Haut“, „Wir Monster“, „Confusion“ und „Cure – Das Leben einer Anderen“ den Fragen des Moderatoren-Duos und der Zuschauer.


„Unter der Haut“ mit Claudia Lorenz und Jutta Tränkle

Max Ophüls Preis 2015
Rezension: Unter der Haut
Als letzter Langfilm geht "Unter der Haut" in den Wettbewerb. Alice bemerkt darin, dass ihr Mann etwas verheimlicht. Als sie im Internetverlauf auf Datingseiten für Schwule stößt, wird ihr klar: Ihr Mann Frank hat Sehnsüchte, die sie nicht befriedigen kann. Eine Zerreißprobe für ihre Ehe. Die SR-online-Rezension des Films am Freitag.

Ein Mann, der sich nach jahrelanger Partnerschaft mit seiner Ehefrau als schwul outet und die Konsequenzen, die eine solche Erkenntnis mit sich bringen – darum geht es in „Unter der Haut“. Regisseurin Claudia Lorenz hat dabei bewusst die Perspektive der Ehefrau eingenommen, die sich ebenso mit einem solchen Outing auseinandersetzen muss wie der Betroffene selbst. In einer Art Kammerspiel agieren die beiden Hauptfiguren größtenteils in ihrer eigenen Wohnung, die somit zu einer Art drittem Protagonist aufgebaut wurde, erklärte Lorenz.
Während die eigenen vier Wände das Zentrum der Ehe darstellen, wurden aber auch mehrere Schlüsselszenen außerhalb gedreht, um deren besondere Bedeutung zu betonen. Insgesamt sei eine hohe Emotionalität bei der Thematik notwendig gewesen, weshalb Kamerafrau Jutta Tränkle mit einer Handkamera gearbeitet habe. So sei es ihr gelungen, sich komplett auf eine Person einzulassen. Dabei wurden die Szenen wenn möglich am Stück gedreht, so Tränkle. Das sei für die Schauspieler zwar anstrengend gewesen, gleichzeitig aber auch toll, da sie so voll in der jeweiligen Gefühlslage gewesen seien.


„Wir Monster“ mit Sebastian Ko, Marcus Seibert und Andreas Köhler

Max Ophüls Preis 2015
Rezension: Wir Monster
Was ist richtig, was ist falsch? Welche Mittel sind erlaubt, um die eigene Familie zu schützen? Wozu Menschen fähig sind, zeigt „Wir Monster“ von Regisseur Sebastian Ko auf eindrückliche Art und Weise. Ein sehenswerter Film.

„Kein normales Sozialdrama“ ist „Wir Monster“ nach Meinung von Regisseur Sebastian Ko, sondern vielmehr ein „Antifamiliendrama“, verpackt in eine Eskalationsgeschichte. Dabei erfolge die Zuspitzung in einer Spirale ganz kleiner Schritte, ohne dass der Zuschauer den Eindruck haben soll, die Figuren seien alle böse, ergänzte Drehbuchautor Marcus Seibert. Deshalb sei es wichtig gewesen, eine Nähe zu diesen Figuren, die eben nicht ausschließlich schlecht handeln, herzustellen.
Die komischen Elemente, die „Wir Monster“ bereit hält, entstünden beim Draufblicken auf die Protagonisten nahezu automatisch, obwohl diese gleichzeitig mit ihrer Situation zu kämpfen haben. Den Kampf um Befreiung habe man unter anderem durch Kameraeinstellungen versucht darzustellen. Das Filmen durch Fenster war beispielsweise eine häufig genutzte Möglichkeit von Kameramann Andreas Köhler, um das Gefühl eines Außenstehenden zu erzeugen, der sich dennoch nahe fühlt.


„Confusion“ mit Laurent Nègre und Benjamin Corbat

Max Ophüls Preis 2015
Rezension: Confusion
Handeln Politiker im allgemeinen Interesse oder nur im eigenen? Was beeinflusst politische Entscheidungen? Das zeigt Confusion. Eine Genfer Politikerin will einen Ex-Guantanamo-Gefangenen aufnehmen – und steht plötzlich vor ungeahnten Schwierigkeiten.

Eine „Mockumentary“ tut so, als sei sie eine Dokumentation, ohne es wirklich zu sein – und genau das habe man bei „Confusion“ machen wollen, sagte Regisseur Laurent Nègre zu Beginn des dritten Talks des Abends. Vorbereitet habe er sich allerdings tatsächlich wie bei einer Dokumentation, unter anderem habe er zwei Jahre zum Thema Guantanamo recherchiert. Auch bei den eigentlichen Arbeiten zu seinem Film habe er regelrecht empirisch, gleichzeitig aber auch praktisch gearbeitet. „Ohne Regeln, aber mit viel Spaß“, so Nègre, sei es bei den Dreharbeiten zugegangen. Eine Vorlage habe zwar existiert, allzu streng sei sich aber nicht daran gehalten worden.
Mit seinem Film wolle er mehrere kleine Geschichten erzählen, die in einer großen Story aufgehen. Gerne dürfe das fertige Werk auch als politisches Statement verstanden werden. Nach der Meinung des Schweizer Regisseurs sind Politik und Wirtschaft in seinem Heimatland zu eng miteinander verwoben. Daran wolle er Kritik üben und hoffe darauf, dass er mit „Confusion“ die Blickrichtung auf diese Thematik ein wenig verändern kann.


„Cure – Das Leben einer Anderen“ mit Andrea Štaka und Sylvie Marinkovic

Max Ophüls Preis 2015
Rezension: Cure - Das Leben einer Anderen
Zwei Mädchen auf der Suche nach sich selbst, spielerisch und überdreht tauschen sie die Rollen. Doch statt einer kurzweiligen Verwechslungskomödie hat Andrea Štaka einen Coming-of-Age-Film geschaffen, dem nach einem flotten Beginn allzu schnell die Luft ausgeht.

„Cure“ bedeutet übersetzt aus dem Englischen „Heilung“. Doch der Begriff existiert auch in der kroatischen Sprache und lässt sich auf Deutsch am besten mit „Gören“ übersetzen. Genau diese Doppeldeutigkeit wollte sie erzeugen, so Regisseurin Andrea Štaka, da auch im Film mit diesem Stilmittel gearbeitet werde. Inspiriert von einem wahren Fall, sei eine persönliche Geschichte entstanden, die im Jahr 1993 im kroatischen Dubrovnik, der Heimat der Regisseurin, spielt.
Auch Drehort und Zeit wurden nicht ohne Grund gewählt. Štaka erklärte, während und nach dem Jugoslawienkrieg sei kaum über den Tod gesprochen worden. Dieses Vakuum in der Phase zwischen Krieg und Frieden erinnere sie an Mädchen in der Pubertät, die an der Schwelle von der Kindheit zum Erwachsenenleben stehen. Die Hauptrolle in dieser Geschichte ums Erwachsenwerden übernahm mit der damals 14-jährigen Sylvie Marinkovic eine Debütantin vor der Kamera. Dementsprechend nervös sei sie auch bei den Dreharbeiten gewesen. Schließlich habe sie gar nicht genau gewusst, was auf sie zukomme. Dennoch mache es auch Spaß, sich selbst auf der großen Leinwand zu sehen.


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