Filmfestival Max Ophüls Preis 2014 (Foto: K. Forst)

Die Mitternachtstalks am Dienstag

Christian Schwarz  

Wie gewohnt bietet sich Festivalbesuchern auch bei der 36. Auflage des Filmfestivals Max Ophüls Preis die Möglichkeit, während der SR Talks in Lolas Bistro mehr über die Filme zu erfahren. Zum Auftakt standen die Macher der Filme „Ein Endspiel“, „Chrieg“, „Nachspielzeit“ und „Ma Folie“ den Fragen der Moderatoren Rede und Antwort.


„Ein Endspiel“ mit Lilli Thalgott und Mignon Remé

Max Ophüls Preis 2015
Rezension: Ein Endspiel
Eine alternativ angehauchte Frau in der Midlife-Crisis stürzt ihren Partner in eine Beziehungskomödie. Nicht nur, wer in den 80er Jahren Jugendlicher war, wird bei "Ein Endspiel" herzlich lachen können.

Gleich zu Beginn des Abends in Lolas Bistro erzählte Regisseurin Lilli Thalgott von den Dreharbeiten der improvisierten Komödie „Ein Endspiel“. Bei dieser sei „sicherlich nicht alles so gekommen“, wie man sich das vorher vorgestellt hatte, aber gerade darin sehe sie den Reiz von improvisierten Filmen. Daher habe es sich die Regisseurin auch im Vorfeld zur Prämisse gemacht, nicht in das Spiel der Darsteller einzugreifen. Von Vorteil sei dabei gewesen, dass das Ensemble bereits eingespielt war. Dennoch seien viele Wendungen eingetreten, die sie nicht erwartet hätte. Kein Wunder, schließlich kannten noch nicht mal alle Spieler die Drehlocation.
Thematisch geht es in „Ein Endspiel“ um alternative Lebenseinstellungen. Man habe Elemente mehrerer gesellschaftlicher Themen gegenüberstellt und geschaut, was in diesem Kraftfeld passiert, in dem die Schauspieler agieren. Nur etwa vier Stunden wurde dabei gedreht – am Stück und ohne Wiederholung einer Szene. Begleitet von einem fiktiven Fußballendspiel, in dem Deutschland Weltmeister wird. Das, so Thalgott und Mit-Produzentin und Darstellerin Mignon Remé, habe man somit schon früh prophezeit, fanden die Dreharbeiten doch lange vor dem Titelgewinn im letztjährigen Sommer statt.


„Chrieg“ mit Simon Jacquemet

Max Ophüls Preis 2015
Rezension: Chrieg
Nachts führen sie "Chrieg". Tagsüber sollen sie auf einer Alm harte Arbeit und Autorität erfahren. Die orientierungslosen Jugendlichen der Gesellschaft. Eine erbarmungslose Geschichte mit mehr realem Hintergrund, als der Zuschauer sich vielleicht wünscht.

Den immer größer werdenden Druck, der auf Jugendlichen lastet, wollte Regisseur Simon Jacquemet mit seinem Film „Chrieg“ darstellen, erklärte dieser im zweiten Talk des Abends. Dabei habe das Thema Gewalt einen zentralen Aspekt eingenommen. Die Gratwanderung, die daraus entstünde, Gewalt nicht zu bewerten, aber auch etwas Reizvolles an ihr zu zeigen, sei „wahrscheinlich das Kernthema des Films“, so der Schweizer Regisseur. Gerade diese Ambivalenz sei für ihn sehr spannend gewesen. Es funktioniere aber nur deshalb, weil alles im Film subjektiv dargestellt sei.
Bei der Suche nach seinem Hauptdarsteller ging Jacquemet ungewöhnliche Wege. Bei mehreren Straßencastings habe er unter anderem am Bahnhof Zürich ganz spontan junge Menschen angesprochen, ob sie sich ein solches Projekt vorstellen können. Demzufolge besteht auch fast das komplette Ensemble aus Laienschauspielern. Dies spiegele sich im Verhalten der Figuren wider, da man bei allen einen Hintergrund sehe, den sie mit sich bringen. Ganz bewusst verzichtet hat Jacquemet übrigens auf Filmmusik, da er diese als „eingriffige Manipulation des Zuschauers“ sieht.


„Nachspielzeit“ mit Andreas Pieper und Mehmet Atesci

Max Ophüls Preis 2015
Rezension: Nachspielzeit
Regisseur Andreas Pieper greift mit „Nachspielzeit“ brandaktuelle Themen wie Ausländerhass und Jugendkriminalität auf. Schwere Kost – sicher nichts für einen lustigen Kinoabend mit Popcorn-knabbernden Freunden, sondern ein Film zum Nachdenken.

Einen „modernen Heimatfilm“ unter den Hauptaspekten Identität und Gentrifizierung habe er erschaffen wollen, beschrieb „Nachspielzeit“-Regisseur Andreas Pieper anschließend seine Motive. Gerade die Gentrifizierung ganzer Wohnviertel sei ein zentrales Thema unserer Zeit, das viele Großstädte in Westeuropa betreffe. Da half es, dass Schauspieler Mehmet Atesci, der die Hauptfigur verkörpert, solche Erfahrungen in Berlin auch bereits gemacht hat. Nicht umsonst habe er lange nach der Besetzung für diese Rolle gesucht, gestand Regisseur Pieper.
Aber auch darüber hinaus sind die Themen des Films brandaktuell. Mehrfach betonte Pieper, es sei zwar Zufall, dass seine Veröffentlichung in eine Phase fällt, in der „Pegida“ in Dresden auf die Straße geht, dennoch sei er glücklich darüber, gerade jetzt ein Zeichen setzen zu können. Schließlich wolle der Film auch zeigen, dass Kontrahenten unter anderen Bedingungen auch gute Freunde hätten sein können.


„Ma Folie“ mit Andrina Mračnikar, Alice Dwyer und Sabin Tambrea

Vom Beziehungsdrama zum Thriller wandelt sich der Charakter des Films „Ma Folie“ von Regisseurin Andrina Mračnikar. In ihrem Genremix setzte sie außerdem auf ungewöhnliche Methoden. Dank „Filmen im Film“, klassischen Filmzitaten und Font-Footage-Einstellungen werde die Geschichte vorangetrieben und die Chance zur Reflexion geboten. „Worauf richte ich den Blick und wie sehr täuscht er mich“, seien zentrale Aspekte der Geschichte.
Insgesamt bestimmten die Themen Wahrnehmung und Vertrauen den Film „Ma Folie“, in dem es in erster Linie aber um die Liebe geht, so die Darsteller Alice Dwyer und Sabin Tambrea. Die Gewinnerin des Nachwuchspreises 2008 beim Filmfestival Max Ophüls Preis erklärte, angesprochen auf ihre Nacktszenen im Film, dies würde sie sicherlich nicht für jeden Film machen. In manchen Fällen sei dies aber wichtig für die Geschichte des Films, auch wenn es selbst dann kein angenehmes Gefühl sei, wenn einen der ganze Kinosaal unbekleidet auf der Leinwand sehe.


Max Ophüls Preis 2015
Die Filme im Wettbewerb
Insgesamt 65 Filme haben an dem Wettbewerb 2015 teilgenommen: 16 davon sind abendfüllende Spielfilme, 12 Dokumentar-, 23 Kurz- und 14 Mittellange Filme. Alle Infos gibt es hier.

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja