Zwischen GEMA und KI: Musik auf saarländischen Weihnachtsmärkten
Keine Bühnen, keine Chöre – stattdessen Musik aus der Konserve. Viele Weihnachtsmärkte verzichten auf Live-Musik, seit die GEMA 2023 ihre Gebühren erhöht hat. Doch was bedeutet das zum Beispiel für Veranstalter im Saarland?
Freitagabend im Homburger Waldstadion: Mehr als 700 Sängerinnen und Sänger, dazu fünf Chöre aus der Umgebung. Wer das auf dem Saarbrücker Weihnachtsmarkt erwartet, wird enttäuscht. Dort klingt die Weihnachtsstimmung nämlich anders. Keine Bühnen, keine Chöre, keine modernen Weihnachtsklassiker wie Last Christmas, stattdessen Musik aus der Konserve.
Der Grund: Seit dem Vorjahr berechnet die GEMA ihre Sätze nach der Veranstaltungsfläche. Das bedeutet für den Saarbrücker Weihnachtsmarkt, dass die Kosten von weniger als 10.000 Euro auf mehr als 100.000 Euro gestiegen wären.
GEMA-Kosten überfordern Veranstalter
Ein Betrag, den sich der Veranstalter, der Verkehrsverein Saarbrücken, nicht leisten kann. Steffen Klos ist dort der Projektmanager:
„Das Interessante oder das Kuriose hier ist: Wir beschallen ja nur unsere Veranstaltungsfläche. Also den St. Johanner Markt oder den Bereich vor dem Karstadt, wo der fliegende Weihnachtsmarkt startet. Oben an der Europagalerie haben wir keine Musik, müssen dafür aber trotzdem zahlen. Das ist unsere Veranstaltungsfläche, und wir müssen für die komplette Fläche zahlen. Die geht hoch Richtung Obertorstraße und darüber hinaus noch bis zum Tbilisser Platz.“
Einnahmeverluste für Musiker
Zwar sind viele alte Weihnachtslieder gemeinfrei, da sie älter als 70 Jahre sind. Singt ein Chor jedoch beispielsweise eine Version, bei der nur eine Stimme vom Original abweicht, gilt das Stück als Bearbeitung. Dann fällt wieder eine Gebühr an. Steffen Klos, der von der GEMA keine rechtssichere Antwort erhalten hat, was genau erlaubt sei, war das zu riskant.
Deshalb spielt der Saarbrücker Christkindlmarkt in diesem Jahr nur GEMA-freie Musik. Ob das den Musikerinnen und Musikern zugutekommt, denen damit wichtige Einnahmen aus Verwertungsrechten wegfallen? Fraglich.
KI statt Livemusik: Ein neuer Trend
Zumal ein weiterer Trend zu beobachten ist: Künstliche Intelligenz ersetzt vor allem bei Hintergrundmusik immer häufiger handgemachte Musik. Auch das Unternehmen, das den Saarbrücker Christkindlmarkt beliefert, gibt auf SR-Anfrage an, zwar keine von KI generierte Musik direkt zu verwenden, sich von KI-Kompositionen jedoch zumindest inspirieren zu lassen.
Kostenunterschiede bei Weihnachtsmärkten
Schwere Zeiten also für Livemusik auf Weihnachtsmärkten? Nicht überall. Weihnachtsmärkte in Homburg, Blieskastel und St. Wendel lassen auch in diesem Jahr Chöre auftreten und spielen Musik, die Gebühren kostet.
Allerdings sind diese Märkte meist nur auf einen Marktplatz begrenzt. In Merzig etwa fallen im gesamten Zeitraum GEMA-Gebühren in Höhe von 5000 Euro an. Und beim Homburger Weihnachtssingen im Stadion mussten die Veranstalter weniger als 1000 Euro zahlen.
Dennoch macht man sich beim Chorverband Sorgen, sagt die Vorsitzende Jutta Schmitt-Lang:
„Bisher ist bei unseren eigenen Veranstaltungen noch nicht erkennbar, dass es höhere Kosten gibt. Das ist aber mit den Rahmenverträgen verbunden, die unser Verband mit der GEMA hat. Allerdings ist es für uns natürlich schon beängstigend oder traurig, wenn wir sehen, dass Weihnachtsmärkte unsere Chöre von den Bühnen verbannen. Das ist eine wichtige Auftrittsmöglichkeit, das ist Kulturgut – da braucht es ganz dringend eine Lösung.“
Ein Thema in der Sendung "Der Morgen" am 16.12.2024 auf SR kultur.