Causa Breitz - Raus aus den Hinterzimmern!

Viele Fragen stehen im Raum rund um die Causa Candice Breitz: Ist die Ausstellungsabsage gegen den Willen der Vorsitzenden der Stiftung, Andrea Jahn geschehen? Und wurde ihr von Ministerin Streichert-Clivot ein Interviewverbot auferlegt? Kulturredakteurin Barbara Renno sieht das Problem in der Kommunikation hinter verschlossenen Türen.

Derzeit kommt kaum eine Veranstaltung ohne ein Bekenntnis zur Transparenz und zur Einhaltung demokratischer Grundregeln aus. Kaum eine. Im Saarland scheint das Hinterzimmer immer noch das Mittel der Wahl zu sein. Das zeigen die aktuellen Reaktionen in der Causa Breitz überdeutlich.

Gespräche hinter verschlossenen Türen

Die, die nicht in Regierungsverantwortung sind, fordern vehement Aufklärung. Die, die in ministerieller Verantwortung sind, bevorzugen Gespräche und Sitzungen hinter verschlossenen Türen und - so legt es der nun veröffentlichte Social-Media-Austausch zwischen Stiftungsvorständin und Künstlerin nahe - geben gleich noch Verhaltensmaßregeln mit auf den Weg. Die auch offensichtlich prompt befolgt werden - nach außen. Nach innen gilt das Gegenteil.

Wie wenig Vertrauen in die jeweils gegenseitige Kompetenz und wie wenig gemeinsame Ziele muss es da bereits von Anfang an gegeben haben, dass eine zugegeben komplexe, weltpolitische Gemengelage zu einer solch desaströsen Situation im beschaulichen Saarland geführt hat, wie wir sie aktuell vorfinden.

Causa Breitz: War Museumsdirektorin Jahn gegen die Absage?

Keine Debatte um Candice Breitz Werk in Osnabrück

Im Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück gab es ein ähnliches Szenario. Da wurde im September eine Gruppenausstellung eröffnet, in der auch ein Werk von Candice Breitz zu sehen war - Titel: "White Face", eine Arbeit gegen Rassismus. Das Felix-Nussbaum-Haus erinnert an den von den Nazis ermordeten und lange vergessenen jüdischen Maler Felix Nussbaum, das Gebäude wurde vom jüdischen Architekten Daniel Libeskind vor 25 Jahren entworfen und realisiert. Auf Anfrage hat das Haus bestätigt, dass es zu keinem Zeitpunkt zur Debatte stand, das Werk der Künstlerin nach dem 7. Oktober zu entfernen. Debatte ist das Zauberwörtchen der Stunde.

Ein Klima des Misstrauens

Warum ist weder im Ministerium für Bildung und Kultur noch im Saarlandmuseum offenbar jemals jemand auf den Gedanken gekommen, Kontext herzustellen, sich mit Kolleg*innen in den Länderministerien bzw. in Museen und Ausstellungshäusern zu vernetzen, auszutauschen und sich zu beraten? Oder einfach mal in Osnabrück anzurufen?

Oder die ortsansässige, universitäre Kompetenz der Politik- und Geschichtswissenschaften zu konsultieren. Stattdessen wurde offensichtlich wild gegoogelt, wurden vorschnell Fakten geschaffen, über die dann nicht mehr gesprochen werden sollte.

Was für ein Klima des gegenseitigen Misstrauens herrscht da, obwohl es laut Stiftungszweck eigentlich um die Förderung von Kunst und Kultur, Bildung, Wissenschaft und Forschung gehen soll? Und vor allem welches Selbstverständnis herrscht.

Gesellschaftliches Selbstverständnis in Sachen Kultur

Politik ist dazu da Rahmenrichtlinien zu schaffen, Museen sind Orte der Bildung, der Aufklärung, der Information und der Unterhaltung  - durchaus im doppelten Wortsinn. Und all das ungeachtet der jeweiligen Personen an der Spitze. Die Forderung aus unterschiedlichen Richtungen, nach personellen Konsequenzen, wirkt befremdlich, weil reflexhaft und opportun. Ich fürchte, sie wird die strukturellen, kulturpolitischen Probleme des Landes nicht lösen.

Es geht nicht mehr und nicht weniger als um unser gesellschaftliches Selbstverständnis in Sachen Kultur und damit der Kulturpolitik. Ist uns Kultur wichtig als Mittel der Abgrenzung weniger und des Ausschlusses oder möchten wir, dass möglichst viele teilhaben? 

In Zeiten, in denen kaum eine Veranstaltung ohne ein Bekenntnis zur Transparenz und zur Einhaltung demokratischer Grundregeln auskommt, kann es auch im Saarland nur eine Antwort geben – raus aus den Hinterzimmern.

      

Ein Thema in der Sendung "Der Morgen" am 08.03.2024 auf SR 2 KulturRadio.

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