Gebäude der forensischen Psychiatrie in Merzig (Foto: SR)

Patienten der Merziger Forensik beschweren sich über "unhaltbare Zustände"

Manuela Weichsel   03.07.2023 | 16:56 Uhr

In der Klinik für forensische Psychiatrie in Merzig sind schuldunfähige Straftäter untergebracht, etwa wegen psychischer Erkrankungen oder Suchterkrankungen. Im Gegensatz zur JVA steht die Therapie der Erkrankung im Maßregelvollzug im Mittelpunkt. Schon lange ist bekannt, dass die Klinik überbelegt ist. Jetzt mehren sich auch Vorwürfe von den Patienten selbst.

In der Klinik für forensische Psychiatrie in Merzig gehe es härter zu als im Knast, die Zustände seien unhaltbar – das berichten verschiedene Patienten dem SR. Sie sind Freigänger, ein bis zwei Stunden am Tag dürfen sie sich in einem engen Radius frei bewegen. Und sie sind sogenannte 64er Patienten, das heißt, sie haben Straftaten in Verbindung mit ihrer Suchterkrankung begangen.

Mit einem zehnseitigen Schreiben haben sie sich an den SR gewandt, um ihre Kritik an der Einrichtung öffentlich zu machen. Es geht um die Unterbringung, die Therapiebehandlung und den Umgang des Personals mit den Patienten. Unterschrieben haben rund 20 Bewohner – sie sind im Altbau der Klinik untergebracht.

Video [aktueller bericht, 04.07.2023, Länge: 2:48 Min.]
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Vermeintlicher Schimmel in Bädern und im Speiseraum

Die Rede ist unter anderem von Insekten und Schimmel in Bädern und im Speiseraum. "Und das halt viel überspielt wird und vieles wird auf den Patienten zurückgeführt, man kann es sich ja selbst aussuchen, ob man hier bleibt oder in die JVA zurückgeht", erzählt der ehemalige Patientensprecher Oliver Latus.

Dem Justizministerium liegt das Beschwerdeschreiben vor. "Die Sanitäranlagen der Station B3 wurden vor rund zehn Jahren erneuert. Im Jahre 2020 erfolgte eine Renovierung im Sinne von Schönheitsreparaturen. Aufgrund der Intensität der Nutzung kann sich gelegentlich Schimmel bilden. Sofern dies der Fall ist, wird unverzüglich eine Fachfirma beauftragt, diesen zu entfernen", antwortet ein Pressesprecher auf die Kritik.

Dass es einmal verschimmeltes Brot gegeben habe, das habe wiederum daran gelegen, dass es warm angeliefert worden sei.

"Es geht um die Unterbringung und den Umgang des Personals mit Patienten"
Audio [SR 3, Moderation: Gerd Heger, 03.07.2023, Länge: 05:00 Min.]
"Es geht um die Unterbringung und den Umgang des Personals mit Patienten"

Kritik an Umgang des Personals mit den Patienten

Einige Patienten sollten nach eigenen Angaben eigentlich schon mehr Freiheiten haben und bereits auf der Reha-Station sein, in einem anderen Gebäude – ein wichtiger Teil der Resozialisierung. Auf dieser Station kaufen sie selbst ein, kochen, suchen sich einen Job und bereiten sich auf ihr Leben draußen vor. Doch wegen der Überbelegung sei dafür die Kapazität nicht da. Die Betroffenen fühlen sich hingehalten:

"Ich weiß nicht, wann es wie weitergeht", erzählt ein Patient dem SR. Ein Handy dürfe er hier nicht nutzen, das sei erst auf der Reha-Station erlaubt. "Das heißt, ich kann mir keine Arbeit suchen für in ein paar Monaten, wenn ich arbeiten gehen soll, ich kann den Wohnungsmarkt nicht im Auge halten, auch soziale Kontakte sind dann nochmal schwierig."

Es gebe hier zwar auch engagiertes Personal, vor allem die Therapeutinnen werden lobend erwähnt. Doch häufig verhielten sich Mitarbeiter herablassend und schikanierten die Bewohner mit unverhältnismäßigen Strafen. Dabei würden etwa Freigänge gestrichen.

Justizministerium relativiert Vorwürfe

Das Justizministerium relativiert: "Bei den Patienten der Station B3 handelt es sich in der Regel um suchtkranke Straftäter, die bereits hafterfahren sind und gezeigt haben, dass sie sich nicht immer an Regeln halten."

Reaktionen auf Regelverstöße seien erforderlich, um ein geordnetes Zusammenleben und die Therapie der Patienten sicherzustellen. Man würde Hinweisen von Patienten aber in jedem Einzelfall nachgehen. Die Prüfung, ob die Klinik-Kapazitäten erweitert werden können, dauere aber noch an.

"Es wäre einfach schön, wenn sich jemand mit uns zusammensetzt und zusammen versucht, etwas zu erarbeiten. Bei mir geht es darum: Ich möchte legal und drogenfrei leben und das schaff ich nur mit dieser Therapie", so Latus. Die Patienten hoffen, dass sie bald Klarheit über ihren Therapieverlauf bekommen. Und dass ihre Kritik ernstgenommen wird.

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