Oskar Lafontaine steht in seinem Garten in der Nähe von Merzig. A (Foto: picture alliance/dpa | Oliver Dietze)

Oskar Lafontaine wird 80: Die Stationen seines Lebens

Janek Böffel   16.09.2023 | 20:16 Uhr

Oskar Lafontaine, der vermutlich berühmteste Politiker des Landes, ist am Samstag 80 Jahre alt geworden. Sonnenkönig, gefährlichster Mann Europas oder einfach nur Oskar - Lafontaine hat viele Namen. Doch ganz ruhig ist es auch ein Jahr nach seinem Ruhestand nicht geworden.

Für ein Land von der Größe des Saarlandes kann sich der Export an Politkern sehen lassen: Heiko Maas war Bundesjustiz- und Außenminister. Peter Altmaier, der in der Bundesregierung schon so ziemlich alles war, die ehemalige Grünenvorsitzende Simone Peter, CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und ja, auch SED-Chef Erich Honecker.

Und doch gibt es diesen einen, der sie alle überstrahlt: Oskar Lafontaine, von dem sein einstiger politischer Ziehsohn Heiko Maas noch heute sagt: "Er war das größte politische Talent seiner Generation."

Doch Lafontaines Leben war auch immer wieder von Brüchen geprägt. Obwohl der Weg lange nur eine Richtung kannte: nach oben.

Video [aktueller bericht, 15.09.2023, Länge: 3:22 Min]
Oskar Lafontaine wird 80 Jahre alt

Ministerpräsident mit 41 Jahren

1970 war Lafontaine zum ersten Mal in den saarländischen Landtag eingezogen. Damals war noch Willy Brandt, den er selbst seinen politischen Ziehvater nennt, Bundeskanzler. Lafontaine wird mit gerade einmal 32 Jahren Oberbürgermeister in Saarbrücken und nur ein paar Jahre später Ministerpräsident mit gerade einmal 41 Jahren. Und das im zuvor tiefschwarzen Saarland.

Es wird seinen Ruf zwischen Visionär und Lebemann begründen. Irgendwo zwischen Volkstribun und Sonnenkönig. Trotz oder gerade wegen seines schillernden Privatlebens, Gerüchten um Rotlichtkontakte, seiner Liebe für die Sterneküche und teure Weine. Einer aus dem Volk, so gefiel sich Lebemann Lafontaine immer schon.

Die Stahlkrise prägt seine Amtszeit, aber auch richtungsweisende Entscheidungen für das Land, die bis heute nachwirken.


Bildergalerie: Die Karriere Oskar Lafontaines


Das Attentat prägte Lafontaine

1990, Lafontaine ist mittlerweile Kanzlerkandidat der SPD, folgt eines der vielleicht prägendsten Erlebnisse: Er wird Opfer eines Attentats, als eine Frau bei einer Wahlkampfveranstaltung auf ihn einsticht. "Natürlich war das ein einschneidendes Erlebnis. Ich habe zum ersten Mal gemerkt, dass das Leben endlich ist", erinnerte sich Lafontaine, der nur selten darüber spricht.

Er überlebt knapp, erholt sich, aber die SPD verliert die Wahl.

Lafontaine und Schröder - keine Liebesheirat

Lafontaine kehrt zurück ins Saarland. Doch nicht für lange. 1995 putscht er sich gegen den blassen Rudolf Scharping zum Parteivorsitzenden. Er sortiert die Partei neu und lässt bei der Kanzlerkandidatur Gerhard Schröder den Vortritt – mit Erfolg.

Schröder wird Kanzler, Lafontaine erst sein Einpeitscher, dann sein Finanzminister. Die britische Yellow Press titelt: „Der gefährlichste Mann Europas“. Doch die Beziehung der Alphatiere, die nie eine Liebesheirat war, zerbricht nach nur wenigen Monaten. Lafontaine tritt zurück. Selbst der engste Kreis ist nicht eingeweiht.

Lafontaine äußerst sich tagelang nicht, kokettiert mit seinem eigenen Schweigen, tritt dann vor die Presse, spricht von "schlechtem Mannschaftsspiel". Er verlagert sein politisches Wirken in die noch neuen Talkshows der Republik. Schreibt Bücher und zitiert sich gerne selbst mit seinem vielleicht berühmtesten Satz: "Das Herz wird noch nicht an der Börse gehandelt, es schlägt links."

Gründungsmitglied der Linken

Dann 2005 der endgültige Bruch mit den Genossen. Lafontaine wird Mitbegründer der Linken und deren Fraktionschef im Bundestag. Doch das Verhältnis ist auch im Erfolg immer ein gespaltenes. Wie so oft zieht sich Lafontaine dann wieder an die Saar zurück. Führt die Linke dort zu 21 Prozent.

Doch sein bis zuletzt gehegter Traum, die Linke mit seiner alten Liebe SPD zu einen, er erfüllt sich nicht. Stattdessen zerfällt seine saarländische Linke zusehends im innerparteilichen Kleinkrieg. Am Ende ruft Lafontaine gar dazu auf, die Partei im Saarland nicht zu wählen. Ehe er dann – wieder mit einem lauten Knall - vergangenes Jahr, kurz vor der Landtagswahl austritt. Der vorläufige Todesstoß für die Linke hierzulande. Ohne ihre Gallionsfigur verpasst sie den Einzug in den Landtag klar.

Ton wird populistischer

Seitdem ist es ruhiger um Lafontaine geworden. Aber ruhig wurde er nicht. Sein Wirken hat er längst in die sozialen Medien verlegt, hunderttausende folgen ihm dort. Der Ton wird zusehends populistischer. Wobei Lafontaine immer gerne damit spielte, auch Populist zu sein - für ihn selbst ohnehin ein „Kampfbegriff“, wie er immer wieder sagt.

Erst arbeitet er sich an Corona ab. Dann am russischen Angriff auf die Ukraine. Für Lafontaine sind die USA verantwortlich, wohlwissend woher der Applaus, den er digital einheimst, kommt. Vielleicht auch darüber folgt vor wenigen Tagen die medienwirksame Versöhnung mit Gerhard Schröder.

Und dann ist da ja noch Sahra Wagenknecht, Lafontaines vierte Ehefrau. Beide prägen sich auch politisch. Dass er ihren Plan, eine Partei zu gründen, unterstützt, daraus macht er kein Geheimnis. Dass er nochmal auf die große Bühne zurückkehrt, ist aber unwahrscheinlich. Loszulassen, dafür hat er Zeit gebraucht, aber gelernt. "Wenn man eben 80 wird, dann fällt das noch leichter."

Über dieses Thema berichten auch die SR-Hörfunknachrichten am 15.09.2023.


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