Landtag des Saarlandes (Foto: Moritz Reitmann/SR)

Ausschuss sieht nach Tod von Häftling Handlungsbedarf

Caroline Uhl / Niklas Resch   17.09.2020 | 17:55 Uhr

Nach dem Tod eines U-Häftlings in der Saarbrücker JVA durch eine Überdosis Medikamente sieht der Vorsitzende des Justizausschusses im Landtag, Reiner Zimmer (SPD), Handlungsbedarf. Es gebe offene Fragen zum Umgang mit Medikamenten im Gefängnis.

Der Tod des 56-Jährigen Untersuchungshäftlings werfe vor allem Fragen auf, was die Verwahrung und Ausgabe der Arzneimittel sowie was die Kontrolle der Einnahme angehe, sagte Zimmer dem SR. Unter anderem werde bisher offenbar auch nicht kontrolliert, dass ein Häftling die an ihn ausgegebene Wochenration an Medikamenten auch wie vorgegeben einnehme. Die Geschehnisse um den toten U-Häftling hätten gezeigt, dass bisher ein Horten von Medikamenten möglich sei, sagte Zimmer.

Der Mann war Anfang Juli in seiner Zelle an einer Medikamenten-Überdosis gestorben. Bei der Obduktion fanden die Mediziner Spuren verschiedener Arzneimittel, davon allein vier verschiedene Medikamente in ungewöhnlich hoher Dosis. Zwei der Medikamente waren dem 56-Jährigen demnach ärztlich verordnet und in der JVA Saarbrücken verabreicht worden. Bei den anderen beiden – nach SR-Informationen zwei verschreibungspflichtige Schlafmittel – ist unklar, wie der Häftling an sie gelangt war.

Ermittlungsverfahren eingestellt

Das Ermittlungsverfahren zu seinem Tod hat die Staatsanwaltschaft am 16. September offiziell eingestellt. Auch der Frage, wie der Mann in Haft an die Schlafmittel gekommen war, gehen die Behörden nicht mehr weiter nach. Nach SR-Informationen handelte es sich um Medikamente, die im Saarbrücker Gefängnis an eine ganze Reihe von Häftlingen ausgegeben werden.

Der Mann war der Hauptangeklagte in einem spektakulären Ermittlungsverfahren um Betrug in Millionenhöhe mit Internet-Plattformen für Finanzwetten. Er galt als Kopf einer Bande, die hunderttausende Anleger um ihr Geld gebracht haben soll. Insgesamt geht es nach Recherchen von SR und NDR um mehrere hundert Millionen Euro.

Angeklagter in Wien verurteilt

Unterdessen hat das Landesgericht für Strafsachen in Wien einen Angeklagten verurteilt, der dort wegen vergleichbarer Vergehen ins Visier der Justiz geraten war. Der 33-Jährige Israeli war demnach der Kopf einer Bande, die ebenfalls mit Tradingplattformen Anleger um ihr Geld brachten. Der Schaden allein in Österreich beläuft sich nach Angaben des Gerichts auf 2,7 Millionen Euro.

In Deutschland dürfte der Schaden, der durch Betrug mit den Plattformen mit Namen OptionStars/OptionStarsGlobal, xTraderFX, GoldenMarkets und SafeMarkets entstanden ist, noch deutlich höher liegen. Der Angeklagte wurde zu vier Jahren Haft verurteilt.

Dem Gericht zufolge hatten der nun in Wien Verurteilte und der Saarbrücker Verdächtige miteinander in Kontakt gestanden, bevor sie Anfang 2019 verhaftet worden waren. Demnach liegen den Behörden offenbar E-Mails zwischen beiden vor, in denen der 33-Jährige seinem Bekannten, dem jetzt in Saarbrücken Verstorbenen, die Vorgehensweise beim Betrug mit Trading-Plattformen erklärt hatte.

Gezinkte Finanzwetten im Internet
Übersicht: Millionenbetrug im Netz
Saarländische Ermittler haben weltweit agierende mutmaßliche Millionenbetrüger dingfest gemacht. Nach Recherchen von SR und NDR stehen sie im Verdacht, hunderttausende Deutsche mit fingierten Finanzwetten im Internet um hohe Summen betrogen zu haben. Auch Saarländer sind unter den Betroffenen.

Über dieses Thema wurde auch in den SR-Hörfunknachrichten vom 17.09.2020 berichtet.

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